Altersvorsorge: Magere Renten, geschrumpfte Depots
Jeder Dritte fürchtet Altersarmut. Dabei ist der Verlust der privaten Altersvorsorge durch die Finanzkrise minimal. Neue Garantieprodukte sollen sicherer sein.
von Claudia Marwede-Dengg
Die Finanzkrise hat die Angst der Deutschen vor der Altersarmut scheinbar in den Hintergrund gedrängt. 37 Prozent fürchten sich besonders davor – das ist nur Platz 10 auf der Rangliste der 16 wichtigsten Ängste, die die R + V Versicherung in einer Langzeitstudie jährlich ermitteln lässt, und der niedrigste Wert seit 2002.
Das ist jedoch nur ein Ausschnitt der Wirklichkeit. Spricht man die Menschen gezielt auf die hohen Staatsschulden an, befürchten 63 Prozent der Deuschen laut R+ V Versicherung den Abbau von Sozialleistungen. Dazu gehört auch die gesetzliche Rente. Die Rentengarantie, wie von der Großen Koalition versprochen, dürfte sich angesichts der Schuldenlast schon bald als Luftnummer erweisen.
Wie aktuell das Thema Altersarmut nach wie vor ist, zeigt der Vorsorgeatlas für Deutschland, den Bernd Raffelhüschen vom Forschungszentrum Generationenverträge der Universität Freiburg im Auftrag der Fondsgesellschaft Union Investment erstellt hat. Danach kommt lediglich ein Viertel der 37 Millionen Bundesbürger mit Ansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV), einer Beamtenpension oder einer berufsständischen Versorgung auf mindestens 60 Prozent des letzten Bruttogehalts. Die Mehrheit muss sich mit weit weniger begnügen:
Gesetzlich Versicherte erreichen mit durchschnittlich 984 Euro nur rund 43 Prozent vom letzten Bruttoverdienst (siehe Grafik Seite 30). Am schlimmsten trifft es die Generation der 20- bis 34-Jährigen: Sie erreichen mit der gesetzlichen Rente nur rund 39 Prozent ihres letzten Bruttoeinkommens. Fein raus sind die Staatsdiener: Mit einer Pension von durchschnittlich 2670 Euro erhalten Beamte knapp 63 Prozent ihrer letzten Bruttobezüge. Wobei sich die Höhe des Ruhegehalts am Verdienst der letzten fünf Dienstjahre orientiert.
Für die 35 Millionen Bundesbürger, die Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben, gilt mehr denn je: Wer im Ruhestand nicht jeden Euro zweimal umdrehen möchte oder nicht bis zum gesetzlich festgelegten Renteneintritt warten will, kommt um zusätzliche private Notgroschen fürs Alter nicht herum. Zwar hat die Finanzmarktkrise auch in der privaten Altersvorsorge ihre Spuren hinterlassen. Das belegt eine Untersuchung, die Raffelhüschen und sein Team für das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA), eine Tochter der Deutschen Bank, durchgeführt haben. Doch die „gefühlten“ Verluste der Bundesbürger liegen weiter höher als die tatsächlichen. „Es zeigt sich, dass die überwiegende Mehrheit der Haushalte nominal weniger als drei Prozent ihrer gesamten Altersvorsorge verloren hat“, sagt der Freiburger Ökonomie-Professor. Sicherlich gebe es auch Haushalte in Deutschland, deren Aktiendepots sehr umfangreich seien und damit deutlich höhere Einbußen erlitten hätten. Sie seien jedoch entweder sehr jung, sehr reich oder beides.
Die Verluste reichten, um die Nachfrage nach „sicheren“ Altersvorsorgeprodukten zu beflügeln. „Bis zum Beginn der Finanzkrise galt noch, dass der Trend in Richtung Flexibilisierung, individuelle Lösungen und Garantiemodelle geht. Jetzt sind Transparenz und Sicherheit gefragt“, erläutert Frank Weiske, Abteilungsleiter Produktmanagement bei der Commerzbank. In welche Richtung es künftig geht, macht Wolfram Erling, Leiter Zukunftsvorsorge bei Union Investment deutlich: „Der Kunde braucht schon aus psychologischen Gründen eine Beitragsgarantie. Hier ist der Weg, der durch Riester eingeschlagen wurde, richtungweisend.“
Allerdings kostet Sicherheit Geld. „Je weiter die Garantie an 100 Prozent heranreicht, desto teurer wird es, die letzten Prozente abzusichern. Das geht zulasten der Rendite“, verdeutlicht Thomas Bahr, Vertriebschef bei Clerical Medical. Die Frage sei, welche Garantie der Kunde brauche und wie kostengünstig die Garantie sei, meint Valentin Bertram, Geschäftsführer von Standard Life Deutschland. „Wenn wir zum Beispiel unsere With-Profit-Lösung mit unserem Produkt ohne Garantie vergleichen, so macht der Unterschied ein Prozent aus: 0,5 Prozent kostet die Garantie und 0,5 Prozent sind Asset-Allocation-Kosten. Variable-Annuities – fondsgebundene Rentenpolicen mit weitreichenden Garantien – sind deutlich teurer, hier liegt die Differenz bei 200 Basispunkten.“
Die bis vor Kurzem viel gelobten Variable-Annuity-Produkte spielen derzeit ohnehin kaum eine Rolle – in Zeiten niedriger Zinsen sind Garantien teurer als sonst. Jetzt sind wieder mehr Lösungen angesagt, die auf sogenannten dynamischen Hybridmodellen beruhen und Elemente der klassischen Lebensversicherungen mit solchen fondsgebundener Produkte kombinieren (siehe Investor-Info).
In diese Kategorie gehört zum Beispiel die neue Klassik-Variante der HDI-Gerling Lebensversicherung aus der Two-Trust-Reihe. Die Leistungsgarantien beziehen sich nicht nur auf den Ablauftermin, sondern es sollen auch Rückkaufwerte zu bestimmten Zeitpunkten während der Laufzeit garantiert und bei Vertragsbeginn offengelegt werden. Die Beiträge fließen – nach Abzug der Kosten – in den klassischen Deckungsstock einer Lebensversicherung und in ein Premiumportfolio. Two Trust Klassik gibt es als Einmalbeitrag ab 5000 Euro oder gegen laufende Zahlung mit einer Mindestprämiensumme von 6000 Euro. Der Rentenbeginn kann je nach Bedarf variiert werden.
Ein ähnliches Produkt bietet die Fortis Deutschland Lebensversicherung mit dem Vorsorge Duo Garant an. Das Mischungsverhältnis zwischen klassischem Deckungsstock und Fonds wird zu Beginn des Vertrags gemeinsam vom Kunden und vom Vermittler festgelegt, lässt sich aber monatlich ohne weitere Kosten verändern. Zuzahlungen und Entnahmen sind in der Ansparphase jederzeit möglich. Die Garantie bezieht sich nicht nur auf den Deckungsstock, auch die Fondsanteile sind mit einer Höchststandsgarantie ausgestattet. Einmal erreichte Höchststände werden also abgesichert. Die Fondsanlage besteht aus einem Garantiefonds der Serie Fortis Plan Target Click Funds, die in Aktien aus Euroland, den USA, Asien sowie in Zinstitel und Staatsanleihen investieren. Seit Juli gibt es das Produkt nicht nur gegen Einmalbeitrag, sondern auch gegen laufende Beiträge.
Das neue Angebot der Stuttgarter Lebensversicherung für sicherheitsorientierte Anleger heißt BalanceStars. Ziel der fünf ausgewählten BalanceStars-Fonds ist, eine stetig moderat steigende Rendite zu erwirtschaften. Ein Risikomanagement der Fondsgesellschaften soll für mehr Sicherheit im Mischfondskonzept sorgen: In guten Börsenzeiten wird der Aktienanteil aufgestockt, bei sinkenden Märkten wird in gegenläufige Anlagemärkte wie Renten-, Geld- und Immobilienwerte umgeschichtet. Als Beimischung für Wagemutigere gibt’s die Strategie Rising Stars. Hier investieren Anleger über sechs Aktienfonds in aufstrebende Märkte wie Brasilien, Indien, China und Südafrika.
Daneben haben die Stuttgarter mit der teilkonstanten Rente ein neues Rentenmodell eingeführt. Im Unterschied zu den bereits etablierten volldynamischen beziehungsweise teildynamischen Varianten beginnt die teilkonstante Rente mit einem höheren Auszahlungsniveau, das jedoch erst im sechsten Jahr um 1,3 Prozent pro Jahr angepasst wird. Die volldynamische Rente beginnt derzeit sofort mit einer jährlichen Steigerung von 2,65 Prozent, die teildynamische Rente startet mit höheren Rentenzahlungen, die jährlich nur um 1,3 Prozent zulegen.
Für stärker sicherheitsorientierte Anleger bietet auch der britische Versicherer Standard Life im Rahmen seiner fondsgebundenen Rentenversicherung Maxxellence einen neuen Fonds an. Der Global Absolute Return Strategies (GARS) von Standard Life hat das Ziel, in jeder Marktlage mittelfristig positive Renditen zu erzielen. Die angestrebte Rendite liegt in einem beliebig wählbaren Dreijahreszeitraum um fünf Prozent über dem Euribor – das ist der Satz, zu dem sich europäische Banken untereinander Geld leihen. Derzeit liegt er bei 1,11 Prozent. Der Fonds setzt auf über 30 Anlagestrategien, die unter anderem in Aktien, Devisen und Anleihen investieren.
Die Helvetia Versicherungen haben ihre fondsgebundene Rentenpolice CleVesto Allcase mit einem zusätzlichen Garantiebaustein ausgestattet. Mit dem sogenannten Sicherungsguthaben können Kunden ihr Vermögen in risikoarme Anlagen umschichten und erhalten dafür eine für jeweils ein Jahr festgelegte Verzinsung. Gleichzeitig wurde der monatliche Mindestbeitrag von 100 auf 30 Euro reduziert. Mehr Sicherheit durch einen speziellen Fonds, der wie ein Airbag wirken soll, verspricht die Skandia Lebensversicherung: Das Neue an dem Skandia Euro Guaranteed 20XX Fonds ist der Volatilitätsfaktor. Der soll dafür sorgen, dass in Zeiten wie der Finanzkrise das Umschichten zwischen Garantiefonds und Aktienportfolio nicht zu stark ausfällt und nicht zu viel in Staatsanleihen investiert wird.
Die Deutsche Ring Lebensversicherung hat ihre fondsgebundenen Rentenpolicen der Moneymaxx-Reihe um eine sogenannte Re-Balance-Option erweitert. Hinter diesem Fachjargon verbirgt sich Folgendes: Wird bei der Discover-Rentenpolice zu Beginn ein festes Anlageverhältnis für die Beiträge in Aktien-, Themen-, Dach- und Rentenfonds festgelegt, so verändert sich das infolge der unterschiedlichen Wertentwicklung der verschiedenen Fonds. Um das Ausgangsverhältnis wieder zu erreichen, wird das Vermögen regelmäßig umgeschichtet. Alternativ stehen aber auch drei gemanagte Fondsvarianten zur Verfügung. Zu den weiteren Optionen gehören ein unveränderbarer garantierter Rentenfaktor bei Vertragsabschluss, eine garantierte Mindestleistung oder eine Höchststandgarantie zum Vertragsablauf.
Darauf setzt auch die Württembergische Lebensversicherung mit VierGewinnt Genius. Das Konzept setzt auf eine permanent hohe Aktienquote mit umfangreichen Garantiemöglichkeiten. So ist zum Beispiel eine Beitragsgarantie von null bis 100 Prozent möglich. Andererseits erlaubt ein Garantieplan zusammen mit dem Ablaufmanagement eine Guthabengarantie von bis zu 100 Prozent. Hinzu kommt die Möglichkeit, das erreichte Guthaben festzuzurren. Um die Renditen durch die Garantiezusage nicht zu sehr zu schmälern, wird das Depot nicht prozyklisch umgeschichtet, sondern durch den Kauf von Verkaufsoptionen – also durch Hedging – vor Kursverlusten abgesichert.
Weniger auf besondere Garantien als auf ein Vergütungsmodell, das sich an der Investmentbranche orientiert, setzt die luxemburgische Aspecta-Tochter mit ihrer LUX.fondsrente+. Der Vorteil für Kunden: Er kann den Vertragsabschluss sowohl bei einem Versicherungsvermittler als auch bei einem Vermögensverwalter tätigen und die Provision individuell aushandeln. Die LUX.fondsrente+ richtet sich an Anleger bis zum 69. Lebensjahr, die mindestens 20 000 Euro in eine Versicherung investieren wollen und auf eine professionelle Anlageberatung Wert legen. Zuzahlungen und Entnahmen sind jederzeit möglich. Durch die Anlage des Vermögens in Luxemburg stehe eine nahezu unbegrenzte Fondspalette zur Auswahl, betont der Versicherer. Die Verwaltung des Depots läuft über die Onlineplattform Metzler Fund Xchange (MFX) des Bankhauses Metzler.
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Fondspolicen: Variantenreiche Garantie
Garantie steht für Sicherheit. Kein Wunder, dass sich fondsgebundene Altersvorsorgeprodukte besser verkaufen, wenn sie eine Garantie bieten. In den vergangenen Jahren machten zwei Produktneuheiten Schlagzeilen: dynamische Hybridmodelle und Variable Annuities (VA). Der Unterschied: Bei den VA-Lösungen stellt der Versicherer die Garantie, bei den Hybriden sorgen Fondshäuser für das Sicherheitsnetz.
Dynamisches Hybridmodell: Bei Produkten dieses Typs werden die Beiträge aktiv in Garantiefonds, Wertsicherungsfonds und klassische Fonds aufgeteilt. Am Anfang wird der Worst Case definiert, der schlimmstmögliche Verlust innerhalb des festgelegten Zeitraums. Danach wird für jeden Kunden individuell monatlich berechnet, welcher Anteil seines Beitrags in Aktien oder Fonds investiert wird, ohne die Garantie zu gefährden. Daneben gibt es weitere Hybridvarianten: Bei statischen Hybridlösungen wird die Garantie über einen Deckungsstock gesichert, der Rest fließt in Fonds. Bei teildynamischen Modellen geht das Geld in einen Garantiefonds.
Variable Annuities: Die Garantie wird über Hedging am Kapitalmarkt erzeugt. Der Versicherer investiert einen Teil der Kundengelder in ein separates Garantieportfolio. Über Derivate wird sichergestellt, dass am Ende des Vertrags die Beiträge zurückgezahlt werden können. Der andere Teil wird in Fonds angelegt. Hierbei gibt‘s mehrere Varianten: Produkte mit garantierter Ablaufleistung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Ist das Guthaben höher, wird dieses ausgezahlt. Produkte mit garantierter Rentenleistung ab einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums sorgen für ein lebenslanges Einkommen in garantierter Mindesthöhe.