Experiment Grundeinkommen

Schweizer wollen Bedingungsloses Grundeinkommen testen

04.07.17 09:26 Uhr

Schweizer wollen Bedingungsloses Grundeinkommen testen | finanzen.net

Etwa ein Jahr ist es her, dass die Abstimmung über ein Bedingungsloses Grundeinkommen in der Schweiz gescheitert ist. Nun wagen die Initianten einen neuen Versuch.

Ein Bedingungsloses Grundeinkommen für alle soll die Angst vor der Zukunft und einer drohenden Massenarbeitslosigkeit dämpfen. Die Idee boomt: Auch in Deutschland wächst das Interesse, vor allem seit der Verabschiedung der Hartz-IV-Gesetze im Jahr 2004.

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In der Schweiz wurde das Konzept ebenfalls stark diskutiert - der Vorstoß der Initiative "Dein Grundeinkommen" wurde im vergangenen Jahr im Rahmen einer Volksabstimmung allerdings mit 76,9 Prozent mehrheitlich abgelehnt. Die Befürworter betrachteten dies dennoch als Erfolg und möchten das Projekt fortsetzen. Sie planen einen groß angelegten Versuch mit mehreren hundert Personen.

Neues Experiment in der Schweiz

Das Experiment ähnelt dem des Vorjahres. Damals wurden bereits während des Abstimmungsprozesses 60.000 Franken via Crowdfunding gesammelt. Zwei Personen erhielten ein Jahr lang das Bedingungslose Grundeinkommen - zusätzlich zu ihren eigenen Einnahmequellen. Im aktuellen Feldversuch werden die Bedingungen realistischer: Erst wenn andere Finanzierungsquellen versiegen sollten, erhalten mehrere hundert Testpersonen für zwei Jahre einen festen Betrag als Bedingungsloses Grundeinkommen. Dieses soll die Existenz und die gesellschaftliche Teilhabe absichern, ohne weitere Bedingungen zu stellen. Die Summe wird weder versteuert, noch mit einem weiter erwirtschafteten Betrag verrechnet. Das Ziel sei eine Art Solidaritätsversicherung, so Mitinitiant Silvan Groher gegenüber der Handelszeitung.

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Rauer Gegenwind

Angefangen damit, ob die dauerhafte Finanzierbarkeit eines Bedingungslosen Grundeinkommens überhaupt möglich sei, bringen Gegner der Initiative weitere Gegenargumente auf den Tisch. Eine reale Chancengleichheit sei durch die Art der Unterstützung nicht gegeben. Manche würden zur Erfüllung ihrer Arbeitswünsche mehr und andere weniger Unterstützung benötigen, zudem könnten Geringverdiener dazu animiert werden ihre Arbeitsstelle komplett aufzugeben. Auf lange Sicht könnte eine solche Einstellung zu erheblichen Finanzierungsengpässen führen, befürchten sie. Auch die Umverteilung innerhalb des Sozialsystems bereitet den Anhängern der Gegenseite Sorge. Trotz der Einwände gewinnt die Idee eines Bedingungslosen Grundeinkommens auch in anderen Ländern immer mehr Sympathisanten.

Das Pilotprojekt Finnland

Finnland testet als erstes Land das Konzept aktuell mit 2.000 Probanden unter realen Bedingungen. Diese erhalten seit Januar zusätzlich etwa 560 Euro im Monat. Der Hintergrund des Projekts ist die Überprüfung einer solidarischen Gesellschaft und einer Vereinfachung des sozialen Systems. Viele Arbeitslose nehmen keine kleinen Jobs an, da sich der Aufwand gegenüber des Verdienstes nicht bezahlt macht. Dank der Unterstützung müssen sich die Testpersonen keine Sorgen um finanzielle Einkünfte machen und seien eher bereit wenigstens eine Halbtagsstelle anzunehmen. Aber auch in anderen Bereichen punktet die Idee.

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Drohende Digitalisierung

Das Grundeinkommen könnte die Antwort auf die zunehmende Verdrängung des Menschen durch Maschinen sein. Ein Grundeinkommen würde zum Beispiel schlechter bezahlte Arbeitsstellen attraktiver gestalten und so mehr Menschen zu Jobs verhelfen - ohne dass eine Sorge um die finanzielle Sicherheit bestünde. Die Experimente in Finnland und der Schweiz könnten wertvolle Erfahrungswerte in die Diskussion um das Bedingungslose Grundeinkommen einbringen.

Redaktion finanzen.net

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