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Teures Eigenheim: So finanzieren Sie Ihre Immobilie richtig!

06.08.16 03:00 Uhr

Teures Eigenheim: So finanzieren Sie Ihre Immobilie richtig! | finanzen.net

Niedrigzinsen, steigende Preise, strengere Gesetze, da stellt sich die Frage: Wie viel Immobilie kann ich mir leisten? €uro am Sonntag hat nachgerechnet.

von Markus Hinterberger, Euro am Sonntag

Wenn ich Finanzierungsvorschläge sehe, bekomme ich regelmäßig Bauchschmerzen", sagt Hartmut Schwarz. Schuld an den Bauchschmerzen ist nicht etwa sein nervöser Magen, sondern die Naivität mancher Verbraucher, gepaart mit der Sorglosigkeit mancher Banken. "Wer ohne einen Cent Eigenkapital bauen will, handelt in der Regel grob fahrlässig", sagt der Kreditberater der Verbraucherzentrale Bremen.



Eigentlich könnten die Bedingungen nicht besser sein. Die Zinsen sinken, viele wissen nicht wohin mit ihrem Geld. Baugeld ist derzeit so günstig wie nie. Also alles Geld ins Eigenheim? Ein Gedanke, der vielen Deutschen, vor ­allem den Mietern unter ihnen, verlockend erscheint. Doch viele handeln überstürzt. Denn der erste Schritt in die eigenen vier Wände sollte nicht im Büro eines Finanzierungsberaters gemacht werden, sondern zu Hause.

Es bringt nichts, eine Immobilie zu suchen, um dann anschließend an einer Finanzierung zu basteln. Wer ein Eigenheim kaufen oder bauen will, sollte zunächst wissen, welches Budget er zur Verfügung hat. €uro am Sonntag zeigt die wichtigsten Rechenschritte auf dem Weg zum Eigenheim. Wer die folgenden Punkte beachtet, hat die Chance auf eine solide finanzierte Immobilie. Denn eines ist vor allem wichtig, dass der Traum vom Eigenheim nicht zum finanziellen Alptraum wird.


Wie viel Eigenheim ist drin? (pdf)

Das monatliche Budget Die monatliche Rate eines Immobilienkredits sollte höchstens ein Viertel des monatlichen Nettos, also von dem, was dem gesamten Haushalt nach Steuern bleibt, ausmachen. Obendrein brauchen Eigentümer, ganz gleich ob sie ihre Immobilie selbst bewohnen oder vermieten, Geld für Steuern, Instandhaltung und bei Eigentümergemeinschaften für die Verwaltung. Wer hierfür je nach Größe und Zustand des Eigenheims drei bis fünf Euro im Monat pro Quadratmeter Wohnfläche kalkuliert, ist auf der sicheren Seite. Gemeinsam mit der Kreditrate sollten diese Kosten ein Drittel des monatlich verfügbaren Netto-Haushaltseinkommens nicht übersteigen. Käufer oder Bauherren, bei denen die Kosten fürs Wohnen höher sind, laufen Gefahr, sich zu überschulden.

Das Eigenkapital

Kaum ein Bauherr oder Käufer kann eine Immobilie bezahlen, ohne einen Kredit aufzunehmen. Wer einen Kredit aufnimmt, sollte mindestens 20 besser sogar 25 Prozent der Gesamtkosten als Eigenkapital mitbringen. Je höher der Anteil eigenen Kapitals, desto eher ist die Bank bereit, einen Kredit zu geben.

Die Gesamtkosten

Die meisten Objekte werden über ­Makler gehandelt. Deren Courtage liegt in der Regel bei drei Prozent plus ­Mehrwertsteuer. Kostet die Immobilie 400.000 Euro gehen also 14.280 Euro an den Makler. Der Notar verlangt für seine Arbeit noch einmal 4.000 bis 6.000 Euro und die Grunderwerbsteuer für ein 400.000-Euro-Anwesen liegt je nach Bundesland zwischen 14.000 und 26.000 Euro. Das macht unterm Strich zwischen 18.000 und 46.280 Euro an sogenannten Kaufnebenkosten, die immer mit einkalkuliert werden sollten.

Die Rechnung

Ein Haushalt mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 4.000 Euro sollte nach unseren Vorgaben nicht mehr als rund 1.300 Euro zum Wohnen ausgeben. Geht man nun davon aus, dass von dieser Summe monatlich 300 Euro an Nebenkosten, Instandhaltung und Steuern draufgehen, bleiben für einen Kredit und dessen Tilgung 1.000 Euro pro Monat übrig. Nun kommt das Alter der Bauherren oder Käufer ins Spiel.

Hintergrund: Banken vergeben ungern Kredite, wenn absehbar ist, dass der Schuldner sie bis zur Rente nicht vollständig getilgt hat. Angenommen, der Immobilienkäufer ist 35 Jahre alt, dann bleiben ihm also noch 30 Jahre, den Kredit zu tilgen. Bei 1.000 Euro monatlichem Budget hat der Käufer unserer Beispielrechnung also 360.000 Euro zur Verfügung. Das ist aber keineswegs die Summe, die das Eigenheim maximal kosten darf, sondern der Gesamtaufwand inklusive der für den Kredit fälligen Zinsen. Angenommen, der Käufer bekommt ein Volltilgerdarlehen mit 30 Jahren Laufzeit und einem günstigen Zins von 2,5 Prozent. Dann könnte er sich von seinem monatlichen Budget, das er 30 Jahre lang nutzt, um einen Kredit zu tilgen, eine Immobilie im Wert von knapp 230.000 Euro finanzieren (siehe Tabelle). Die übrigen 130.000 Euro gehen für die Kreditzinsen sowie die Kaufnebenkosten, also die Grund­erwerbsteuer und die Gebühren des ­Notars und des Maklers, drauf.


Diese Rechnung hat jedoch einen Makel: Sie kommt ohne einen Cent Eigenkapital des Käufers aus und sogenannte Vollfinanzierungen bieten Banken bestenfalls Kunden an, deren Monatseinkommen hoch genug ist, den Kredit binnen kurzer Zeit komplett zu tilgen. Mit 50.000 Euro Eigenkapital würde sich wahrscheinlich die eine oder andere Bank auf einen Kreditvertrag einlassen. Der maximale Kaufpreis der Immobilie würde auf fast 275.000 Euro steigen. Mit 100.000 Euro Eigenkapital würde der Kaufpreis bereits bei 320 000 Euro liegen. Diese Rechnung wurde nun mit verschiedenen Altersgruppen und Budgets durchgeführt. Neben den konkreten Zahlen zeigt die Tabelle auch, dass es sich für Menschen mit wenig Eigenkapital kaum lohnt, eine Immobilie zu erwerben, vor allem dann nicht, wenn sie bereits etwas älter sind. Doch auch für Haushalte, die ein Budget von einer halben Million Euro haben, kann der Traum vom Eigenheim platzen, wenn sie partout in einer Region wohnen wollen, die extrem teuer ist.

Der Ort

Die Preise für Wohneigentum, aber auch Baugrund driften in Deutschland immer weiter auseinander. Denn viele Menschen ziehen vom Land in Ballungsräume, wo es die meisten Jobs gibt. Die am stärksten wachsenden Ballungsräume sind Berlin, Hamburg, München, Köln, Düsseldorf, Stuttgart und das Rhein-Main-Gebiet. Aber auch Städte wie Hannover, Bremen, Münster, Dresden, Leipzig, Jena, Karlsruhe, Freiburg, Nürnberg und die Bodenseeregion ziehen Menschen an. In diesen Regionen steigen die Kaufpreise und auch die Mieten seit Jahren, und Bevölkerungsprognosen zeigen, dass dieser Trend noch gut zwei Jahrzehnte anhalten wird.

Im Rest der Republik werden die Preise, wenn überhaupt, viel langsamer steigen. Bauherren oder Käufer sollten sich genau überlegen, wo sie kaufen. Im ungünstigsten Fall haben sie 30 Jahre lang ein Haus finanziert, das anschließend kaum mehr etwas wert ist, weil sich die Stadt, in der das Anwesen steht, fast entvölkert hat. Angehende Eigenheimer, die ein Anwesen kaufen wollen, dessen Wert nicht sinken, sondern vielleicht sogar steigen soll, müssen oft einen Kompromiss zwischen der Größe der Immobilie und der Lage eingehen.

Für 500.000 Euro gibt es etwa in München derzeit eine Wohnung mit maximal 90 Quadratmetern Wohnfläche, in Köln wären für diesen Betrag mit Glück 120 Quadratmeter drin und in Leipzig ein Reihenhaus mit kleinem Garten. Erst wenn es zum Budget die passende Immobilie gibt, lohnt es sich, über die Finanzierung nachzudenken.

Die Finanzierung

Der Klassiker für jeden Bauherren oder Käufer ist das Darlehen mit zehnjähriger Zinsbindung. Einmal abgeschlossen, ist der Zinssatz zehn Jahre fix. Weitere gängige Zinsbindungen sind fünf, 15, 20, bisweilen auch 30 Jahre. Je länger ein Kunde den Zinssatz ­fixieren will, desto höher ist der Zins. Eine weitere Variante sind Volltilger (siehe Rechenbeispiel). Mit ihnen tilgt der Kreditnehmer innerhalb der Laufzeit seine Schulden komplett.

Die Monatsrate, die der Kreditnehmer zahlt, besteht aus zwei Teilen: den Zinsen, die er für den Kredit bezahlen muss, und der Tilgung. Je höher der Tilgungsanteil zu Beginn der Kreditlaufzeit, desto geringer die Restschuld zum Ende der Laufzeit. Meist rechnen Banken mit ein bis zwei Prozent Anfangstilgung. Wer kann, sollte mehr tilgen. Schon wenige Euro mehr können die Restschuld stark mindern. Zudem sollten Schuldner darauf achten, möglichst oft Sondertilgungen leisten zu dürfen. Bei vielen Banken kann man kostenlos bis zu fünf Prozent der Kreditsumme im Jahr zusätzlich tilgen.

Steigt ein Darlehensnehmer vorzeitig aus dem Kredit aus, etwa weil er Geld günstiger aufnehmen oder weil er den Kredit nicht mehr bedienen kann, stellt die Bank ihm die entgangenen Zinsen mit Aufschlag in Rechnung. Diese Vorfälligkeitsentschädigung kostet in der Regel mehrere Tausend Euro. Wer ein Darlehen mindestens zehn Jahre lang bedient hat, kann ohne Vorfälligkeitsentschädigung umschulden.

In vielen Fällen ist es mit einem Darlehen nicht getan. Je nachdem, wie hoch die Kreditsumme ist, welche Laufzeit und welche Tilgung gewählt wurden, bleibt eine Restschuld. Diese wiederum kann durch Ersparnisse oder durch eine Anschlussfinanzierung getilgt werden. Kreditnehmer haben hier zwei Möglichkeiten: Entweder sie warten ab, bis der Kredit ausläuft, oder sie kümmern sich bereits einige Zeit vor dem Ende der Zinsbindung um eine Anschlussfinanzierung. Mithilfe von Forwarddarlehen können sich Immobilienbesitzer niedrige Zinsen bis zu fünf Jahre im Voraus sichern. Forwarddarlehen helfen Bauherren, die bereits Kredite bedienen und bei der Anschlussfinanzierung steigende Zinsen ausschließen wollen. Kostenlos ist das nicht. Banken verlangen einen Obolus für die Zeit, die der Kredit in die Zukunft geschoben wird. Die Spanne liegt im Schnitt zwischen 0,1 Prozentpunkten für ein Jahr und 0,9 Prozentpunkten für fünf Jahre. Das kann sich rechnen, ist aber eine Wette auf die Zukunft. Viele Banken verlangen für Anschlussdarlehen bis zu einem Jahr im Voraus keine Aufschläge.

Achtung: Mit der Wohn­immobilien­kreditrichtlinie, die seit Ende März in Kraft ist, setzt die Bundesregierung ein EU-Regelwerk um, das Verbraucher davor schützen soll, sich zu überschulden. Die Richtlinie zwingt Banken genauer hinzuschauen und die Kreditwürdigkeit stärker zu prüfen. Schon machen Meldungen von zigfachen Ablehnungen die Runde. Stephan Gawarecki, Vorstand von Dr. Klein, einem der großen deutschen Baugeldvermittler, beruhigt: "Banken sind zurückhaltender geworden und verlangen mehr Auskünfte von den Kreditnehmern, massenhafte Ablehnungen gibt es nicht." Verbraucherschützer Schwarz rät ohnehin, sich nicht nur die Zinssätze der Hausbank anzuschauen. Mehrere Banken oder Vermittler sollten es schon sein.

Die Fördertöpfe

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau, besser bekannt unter ihrem Kürzel KfW, vergibt verschiedene Darlehen. Im Förderprogramm Nr. 124 können Bauherren oder Käufer, die ihr Eigentum selbst nutzen, vergünstigte Darlehen bis zu 50.000 Euro bekommen. Daneben gibt es auch Programme zum energie­effizienten Modernisieren.

Diese Kredite können meist mit an­deren Darlehen kombiniert werden. KfW-Kredite werden nicht direkt vergeben, Interessenten bekommen sie über ihre Hausbank. Auch Länder und Kommunen fördern Käufer und Bauherren. Auf www.foerderdatenbank.de im Internet gibt es eine gute Übersicht über die verschiedenen Förderprogramme von Bund und Ländern.

Mit dem Wohn-Riester hilft der Staat entweder über einen zertifizierten Bausparvertrag oder über Zuschüsse beim Tilgen eines Kredits. Wer vier Prozent seines Vorjahresbruttos, maximal (inklusive Förderung) 2.100 Euro im Jahr, anspart oder tilgt, erhält 154 Euro Bonus. Verheiratete und Eltern bekommen noch mehr. Verbraucherschützer raten zur Tilgervariante.

Übrigens: Wer ein Baudenkmal bewohnt, kann zehn Jahre lang jeweils neun Prozent der Renovierungskosten vom zu versteuernden Einkommen abziehen. Denkmäler sind kein Steuersparschwein, bei Sanierungen gibt es strenge Auflagen. Andererseits gibt es je nach Kommune Förderungen.

Grunderwerbsteuer (pdf)

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