Bestattungen: Teurer Abschied
Plötzlich und unerwartet - und dann muss alles schnell gehen. Welche Herausforderungen Hinterbliebene meistern müssen.
von Maren Lohrer, Euro am Sonntag
In Märchen, Sagen und Geschichten wird er oft in die Irre geführt: Gevatter Tod klopft dann an die falsche Tür, verliert eine Wette, muss unverrichteter Dinge von dannen ziehen. In "Harry Potter", der mit 500 Millionen Exemplaren meistverkauften Fantasy-Saga weltweit, gibt es einen Stein der Weisen, dessen Elixier unsterblich macht, ferner sogenannte Heiligtümer des Todes, die die Macht des Sensenmannes brechen. Offenbar eine Sehnsucht von uns Normalsterblichen.
Dem Tod zu entfliehen - unmöglich. Gevatter Tod klopft hierzulande etwa 910.000-mal jährlich an die Tür. Aber über ihn wird selten gesprochen, Sterben gilt als gesellschaftliches Tabu. Jeder einzelne Fall bringt Verwandte und Freunde in eine emotionale Ausnahmesituation. Gleichzeitig muss viel organisiert werden - Formalitäten, Trauerfeier, Beerdigung.
Oftmals kommen weitere Aufgaben hinzu. Das alles ist unter enormem Zeitdruck zu leisten, denn Beerdigungen finden zeitnah statt. Die sogenannten Bestattungsfristen - also der Zeitraum zwischen Tod und Beerdigung - sind Ländersache und daher unterschiedlich. Sie reichen von vier bis zehn Tagen.
Was geschieht im Bestattungsfall, welche Kosten fallen an, und was sollten Hinterbliebene alles bedenken?
Wer muss überhaupt für die Bestattung sorgen? Die sogenannte Bestattungspflicht trifft die nächsten Angehörigen. Die Kosten hierfür trägt laut Gesetz der Erbe, so hält es das Bürgerliche Gesetzbuch in § 1968 fest. Denn die Kosten einer Bestattung sind aus dem Vermögen des Verstorbenen zu bezahlen. "Erbe und Bestattungspflichtiger müssen also nicht identisch sein", sagt Philipp Rumler, Fachanwalt für Erbrecht in München. In solchen Fällen organisiert der Angehörige die Bestattung und kommt zunächst für die Kosten auf. Das Geld dafür kann er vom Erben verlangen. "Der Anspruch ist aber nicht unbegrenzt. Die Beerdigungskosten müssen auf den Aufwand beschränkt sein, der zum sozialen Status und den persönlichen Verhältnissen des Verstorbenen passt", sagt Rumler.
Falls der Angehörige nicht im Krankenhaus gestorben ist, ist zunächst ein Arzt zu benachrichtigen. Dieser stellt den Totenschein aus. "Anschließend sollten nahe Angehörige den engen Familienkreis benachrichtigen und auch um Unterstützung bitten. Danach sollte man sich Gedanken über einen Bestatter machen", sagt Oliver Wirthmann, Geschäftsführer des Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur e. V.
Trotz der Trauer müssen die nächsten Angehörigen sich also um die Organisation der Bestattung kümmern. Dazu zählen Behördengänge, die sich jedoch auch von einem Vertrauten oder dem beauftragten Bestatter erledigen lassen. Wichtig ist hierbei die Sterbeurkunde. Diese muss mit dem Totenschein spätestens am dritten Werktag bei dem Standes- oder Bürgeramt beantragt werden, in dessen Zuständigkeitsbereich der Todesfall eingetreten ist.
Bestatter können den Hinterbliebenen organisatorische Arbeiten abnehmen, falls diese das möchten und dafür zahlen. Denn Bestatter wissen, welches Amt mit welchen Öffnungszeiten zuständig ist, welche Fristen einzuhalten oder welche Urkunden notwendig sind. Beispiel: Lebens- oder Unfallversicherung. "Der private Versicherer muss innerhalb von 48 Stunden nach dem Unfalltod informiert werden, wenn beispielsweise in dem Unfallversicherungsvertrag eine Todesfallleistung vereinbart wurde", darauf weist Elke Weidenbach, Referentin bei der Verbraucherzentrale NRW, in dem Ratgeber "Was tun, wenn jemand stirbt?" hin. Grund: Versicherer behalten sich in einem solchen Fall vor, eine Obduktion von einem ihrer Ärzte durchführen zu lassen.
Mangelndes Preisgefühl
Anders als Bestattern fehlen Hinterbliebenen die Erfahrung und das Wissen bei solchen Einzelfragen. Dennoch lassen sie sich nicht aufschieben. Dies gilt auch für finanzielle Aspekte. Hierbei schließen sich nüchternes Abwägen und Trauer nicht aus, selbst wenn dieser Eindruck verbreitet ist.
Auch hier mangelt es in der Regel an Routine, "es fehlt das Preisgefühl", sagt Wirthmann. Seriöse Bestatter machen detaillierte Kostenvoranschläge. "Es ist nicht pietätlos, danach zu fragen. Es ist mittlerweile sogar üblich", weiß Wirthmann (siehe Kostenübersicht unten), "für 700 Euro gibt es keine Beerdigung, das sind Lockvogelangebote." Allerdings sollte man sich vom Bestatter auch nicht übervorteilen lassen. "Jetzt haben Sie die Gelegenheit, Ihrem Vater noch mal so richtig Danke zu sagen - solche Sprüche sind unseriös", sagt Wirthmann.
Wie findet man den passenden Bestatter? Rund 4.000 Bestattungsunternehmen gibt es hierzulande laut BdB Bundesverband Deutscher Bestatter. Zwar existieren seit einigen Jahren staatlich anerkannte Ausbildungen in diesem Bereich. Doch diese sind nicht Voraussetzung, um als Bestatter selbstständig aufzutreten. Ein Gewerbeschein reicht.
Ein Anhaltspunkt bei der Suche nach einem seriösen Bestatter könne ein Gütesiegel sein, merkt die Stiftung Warentest in ihrem Ratgeber "Schnelle Hilfe im Trauerfall" an. So vergibt der BDB das Markenzeichen "Bestatter - vom Handwerk geprüft" an rund 1.000 Betriebe, die bestimmte Anforderungen erfüllen. Ähnlich geht die Verbraucherinitiative Aeternitas vor, die ihr Siegel "Qualifizierter Bestatter" an rund 140 Dienstleister verleiht.
Viele Hinterbliebene fragen zunächst Familie oder Nachbarn nach einer Empfehlung. Für einen Bestatter in der Nähe spräche, dass er Geistliche, Gastronomen, Blumenläden gut kenne, gibt die Stiftung Warentest an. Zudem könnten beim Vorbereiten der Beisetzung mehrere Besuche beim Bestatter notwendig sein. Günstig ist es, eine Vorauswahl von zwei bis drei Betrieben zu treffen. "Wichtig ist auch, ob man sich dort emotional gut aufgehoben weiß, schließlich werden wichtige, sehr persönliche Dinge besprochen", so Wirthmann.
Doch die Digitalisierung macht auch vor der Bestattungsbranche nicht halt. So lassen sich über die meisten Bestatter schon Abmeldungen und Vertragskündigungen online erledigen, was durchaus sinnvoll ist.
Wenn es jedoch um das konkrete Beauftragen eines Beerdigungsinstituts geht, dann sind die Antworten konservativ. "Können Sie sich vorstellen, eine Bestattung für einen verstorbenen Angehörigen über das Internet zu beauftragen und zu bezahlen, ohne den Bestatter und sein Unternehmen vorher persönlich gesehen zu haben?" 87 Prozent der von dimap Befragten verneinten dies. Nur jeweils fünf Prozent bejahten beziehungsweise wollten nach dem Internet-Erstkontakt das persönliche Gespräch mit dem Bestatter führen.
Der BDB ist auch gegen Online-Preisvergleichsportale vorgegangen. Diese Portale, die fürs Vermitteln von Bestattern Provisionen kassieren, müssen nun offenlegen, dass sie nicht den gesamten Markt abbilden.
Der Digitalisierung positiv gegenüber steht Mymoria. "Wir haben sie zu unserem Geschäftsmodell gemacht, haben das erste digitale Bestattungshaus gegründet", sagt Geschäftsführer Björn Wolff. Hinterbliebene und Vorsorgende können online ganze Bestattungen planen und auch per Telefon ihre Anliegen klären, Sarg, Blumenschmuck und Weiteres bestellen. Mymoria arbeitet dann vor Ort mit Partnern zusammen.
Ist der Bestatter gewählt, haben die Angehörigen in den Tagen nach dem Tod noch viel zu erledigen: Sie müssen das Testament beim Nachlassgericht
am letzten Wohnort des Verstorbenen abgeben, mögliche Bankvollmachten beim Kreditinstitut einreichen und Versicherungen informieren. Ferner müssen sie prüfen, ob und in welchem Umfang der Verstorbene für seine Beerdigung selbst vorgesorgt hat. "Hat er seine Wünsche etwa zu Friedhof und Grab nicht festgehalten, entscheiden die Angehörigen", sagt Wirthmann.
Erde, Feuer, See
In Deutschland müssen Verstorbene auf dem Friedhof beigesetzt werden. Ausnahmen sind lediglich die offene See oder ein Platz in einem besonders dafür ausgewiesenen Waldstück. Vor allem Letzteres findet eher selten statt. Friedwald und Ruheforst - beide Namen sind markenrechtlich geschützt - werben mit Naturnähe, eigenem alten Baum, Vogelgezwitscher. Wie auch bei der Seebestattung wird der Verstorbene zuvor verbrannt.
Die Ahorn Gruppe, Deutschlands größter Bestattungsdienstleister mit rund 230 Filialen, hat einen generellen Trend hin zur Feuerbestattung ausgemacht. "Erdbestattungen finden nur noch bei 25 Prozent der Sterbefälle statt", sagt Paul Mack-Börner von der Ahorn Gruppe. Am Ende ist es oft dann doch auch eine Frage der Kosten.
Kosten im Trauerfall (pdf)
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