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Philipp Schröder: Stromrebell mit Mission

31.10.16 03:00 Uhr

Philipp Schröder: Stromrebell mit Mission | finanzen.net

Der Geschäftsführer des Speichertechnologie-Unternehmens Sonnen will die Energiepreise drastisch drücken und so die Dinosaurier der Branche in die Enge treiben.

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von Peter Balsiger, Euro am Sonntag

Der Energiemarkt in Deutschland ist mitten im Umbruch: Die Energieriesen müssen sich neu erfinden, und neue Anbieter mit innovativen Modellen drängen auf den Markt. Einer davon ist die Sonnen GmbH, ein junger Mittelständler aus dem Allgäu. Sonnen-Geschäftsführer Philipp Schröder, Teslas Ex-Deutschland-Statthalter, hat große Pläne. Der smarte, junge "Strom-Rebell" tritt an gegen das Silicon Valley, gegen die Atomkonzerne, gegen die deutsche Automobilindustrie. David gegen Goliath.



Schröder hat eine Mission. Er will die Sonnen GmbH, die 2016 vom renommierten US-Forschungsinstitut MIT zu einem der 50 innovativsten Unternehmen weltweit gekürt wurde, zum Weltmarktführer in Batteriespeichertechnologie machen. "Eigentlich kann uns ­keiner mehr aufhalten", prophezeit er. Seine Waffe: intelligente Speichertechnologien für Solarstrom aus der Sonnen GmbH, wo er für Vertrieb und Marketing zuständig ist.

Aufgewachsen ist Philipp Schröder auf einem Bio-Bauernhof in der Lüneburger Heide. Sein Vater, Commodity Broker bei einer großen Bank, war mit 40 ausgestiegen, hatte den Kastanienhof gekauft und renoviert. Auf den Wiesen grasten zottelige Galloway-Rinder. Fünf Jahre lang arbeitete der junge Philipp auf dem Hof mit. "Jedes der drei Kinder hatte die Verantwortung für ein bestimmtes Tier. In meinem Fall war es ein Hängebauchschwein."


Philipp ist politisch aktiv, ist erklärter AKW-Gegner, fertigt Protestplakate, nimmt an Demos teil. Er tritt den Grünen bei, obwohl ihn die endlosen ideologischen Debatten nerven: Jeder Castor-Transport, der damals durchs Wendland nach Gorleben rollt, wird von bis zu 15.000 Polizisten gesichert. In der Luft kreisen Hubschrauber. "Man muss da was machen", sagt sich Philipp. Mit seinen Freunden versucht er, die Transporte zu blockieren.

Als Austauschstudent verbringt er ein Jahr in einer New Yorker Highschool, erlebt die Terroranschläge des 11. Septembers. Statt zur Bundeswehr geht er als Zivildienstleistender ein Jahr nach Israel. Ihm gefällt die Idee des Kibbuz, dieser genossenschaftlichen Siedlung gleichberechtigter Mitglieder, in der es kein Privateigentum gibt.


Zurück in Deutschland studiert er erst BWL in Jena, später Jura in Hamburg. Der radikale Querdenker Peter Thiel, der dank seiner frühen Beteiligung an Facebook Milliardär wurde, vertritt die Meinung, dass eine Hochschulausbildung reine Zeit- und Geldverschwendung sei. "Recht hat er", denkt Philipp Schröder heute.

Er schmeißt das Jurastudium und gründet zusammen mit einem Freund das Start-up Nycon Energy. Schröder ist jetzt gerade 24. Der Ölpreis liegt 2007 auf Rekordniveau, Nycon will Gebäude mit effizienten Technologien nachrüsten und die Einsparungen mit den Kunden teilen. Schröder sammelt bei Investoren Startkapital ein. Später steigen die C & A-Eigentümer, die Familie Brenninkmeijer, ein.

Tesla in Deutschland etabliert

Am 15. September 2008 bricht die US-Investmentbank Lehman Brothers zusammen. Auch der Ölpreis fällt dramatisch, das Geschäftsmodell von Nycon steht vor dem Aus. Philipp Schröder wechselt als Vertriebsleiter zum Wind- und Solaranlagenbauer Juwi, einem der Ökostrom-Pioniere in Deutschland. Das Geschäft boomt - dank der Einspeisevergütung des Erneuerbare-Energien- Gesetzes. Juwi macht 1,5 Milliarden Euro Umsatz und ist Vorreiter für den Einsatz alternativer Energiequellen aus Wind, Sonne und Biomasse.

In dieser Zeit lernt Schröder den Unternehmer Christoph Ostermann kennen, dessen Firma im Allgäu Sonnenbatterien herstellt, die es den Besitzern von Solaranlagen erlauben, die erzeugte Energie zu speichern. Ostermann hat eine Vision: "Jeder kann sich mit anderen Menschen vernetzen und seine Energie teilen. Das macht die Welt unabhängig von fossilen Brennstoffen und von anonymen Großversorgern."

Schröder verlässt Juwi und heuert bei Ostermanns Sonnen GmbH als Vertriebsleiter an. Er findet hier das unternehmerische Umfeld, um mit Speicherbatterien made in Germany die nationalen und internationalen Märkte zu erobern. Anlässlich einer Investorenrunde in Kalifornien, wo er für die Sonnen GmbH frisches Kapital einsammeln will, wird ein Headhunter von Elon Musk auf ihn aufmerksam.

Elon Musk, der Visionär, der die Auto­industrie mit seinem Elektroauto Tesla schockt, der mit Paypal den Geldtransfer im Internet revolutioniert und mit seinen SpaceX-Raketen zum Mars fliegen will, lädt ihn Ende 2013 zu einem Gespräch ins Silicon Valley ein. Philipp Schröder trifft dort Musk und sein Team. Es geht um den Job als Deutschland-Statthalter für Tesla, um die Einführung des Model S und den Aufbau der gesamten Organisation.

Schröder setzt sich gegen rund 80 Mitbewerber durch. Er ist jetzt 29 und hat keine Ahnung von Autos, besitzt nicht mal ein eigenes. Aber er sieht all die Teslas auf den Straßen, sieht die vielen Supercharger, die Ladestationen, an denen man die Teslas kostenlos aufladen kann. Er macht eine Probefahrt im Model S, ist begeistert und weiß jetzt: "Wenn ich das nicht mache, werde ich meines Lebens nicht mehr froh."

Zurück in Deutschland beginnt er zu ackern wie ein Tier. Oft sind es 90 Stunden pro Woche. Er verzichtet auf klassische Werbung für sein Model S, hat kein Händlernetz: "Unsere Fahrer sind die Verkäufer. Das sind innovative Menschen und Trendsetter. Sie empfehlen Tesla an ihre Freunde weiter. Das potenziert sich und ist nicht aufzuhalten." Das Marketing bei Tesla besteht aus: "Auto hinstellen und fahren lassen. Das Auto steht im Mittelpunkt." Seine Mitarbeiter sprechen an Orten wie dem Kurfürstendamm in Berlin Leute an, die nach Geld aussehen, und laden sie zu einer Probefahrt ein.

Seine beeindruckende Bilanz nach fast zwei Jahren: Er ist mit dem Model S an seinen direkten Oberklasse-Konkurrenten Porsche Panamera und dem 7er BMW vorbeigezogen. Ihm ist damit ­etwas gelungen, was Lexus, die Premiummarke von Toyota, trotz viel Geld nicht geschafft hat. Schröder hat ­außerdem 150 Leute eingestellt, 50 Schnelllade­stationen gebaut und eine Leasing-Bank gegründet. Und Tesla hat sich in Deutschland als Life­style-Produkt etabliert.

Ein Sonnen-Börsengang ist denkbar

Mit Christoph Ostermann ist Schröder noch immer befreundet. Am 24. Juni 2015 treffen sie sich zufällig in der gleichen Maschine nach San Francisco. Ostermann sitzt in der Business Class, Schröder fliegt Economy. Ostermann spendiert ihm ein Upgrade, sie sitzen elf Stunden lang nebeneinander, über­legen, wie sie das Vertriebsmodell von Sonnen verbessern könnten. Ostermann macht ein Angebot, Schröder ist klar, dass er bei Tesla nur eine "Gun for Hire" ist, eine Art Söldner, während bei Sonnen seine DNA drin ist.

Er kündigt bei Tesla. Elon Musk versucht ihn zu halten und will wissen, warum einer wie er ohne Not kündigt. Er wünscht ihm schließlich viel Erfolg. "Ich habe ihm viel zu verdanken", sagt Philipp Schröder in der Rückschau, "und ich habe bei Tesla unglaublich viel gelernt." Zum Beispiel, dass nur die Resultate zählen. Es gebe noch zu viel Stra­tegiegelaber in Deutschland.

All diese Erfahrungen setzt er jetzt als Geschäftsführer Vertrieb und Marketing bei Sonnen um. Seine Leute sprechen die Kunden in den Baumärkten an, versprechen ihnen, dass sie ihre Stromkosten gegenüber den "Energie-Dinosauriern wie Eon oder RWE", um bis zu 80 Prozent reduzieren können. Die Batterien von Sonnen speichern den überschüssigen Strom der Photovoltaik-Anlagen, wenn er gerade nicht benötigt wird. Am Abend und in der Nacht steht dann die gespeicherte Energie zur Verfügung. Von den in Deutschland aktuell rund 1,65 Millionen Eigenheimbesitzern mit Photovoltaik-Anlage auf dem Dach haben aktuell gerade einmal 25.000 bis 30.000 eine Batterie im Keller.

Schröder will die Verbraucher zu stromautarken Energiemanagern machen, die unabhängig von den konventionellen Anbietern sind. Die Idee: Hausbesitzer und Kleinunternehmer mit Solar- und Biogasanlagen sowie Speicherbatterien im Keller sollen sich zu einer Art Community zusammenschließen. Wer gerade überschüssigen Strom produziert, gibt anderen angeschlossenen Verbrauchern davon ab. Wer zu wenig Strom hat, dem helfen die anderen aus.

Schröders Kampfzone sind seine Büros in Berlin, in einem Hinterhof an der Blücherstraße gelegen. Schmucklose, aber funktionale Räume. An einem langen Tisch sitzen rund ein Dutzend Vertriebler an ihren PCs, sprechen in ihre Headsets. An der Wand hängt ein Display mit der Erfolgsstatistik jedes Mitarbeiters. Jeder weiß, wo er in dem Ranking gerade steht. Daneben ein Gong aus Messing. Er wird immer geschlagen, wenn ein Kunde anruft und 400 Euro für eine Batterie anzahlt.

An Sonnen sind mittlerweile mehrere Investoren beteiligt. Neben den Unternehmensgründern um Christoph Ostermann gehören außerdem der tschechische Stromversorger CEZ sowie einige Fonds dazu. Der US-Industriekonzern General Electric ist über seine Venture-Capital-Gesellschaft GE Ventures mit ­einem zweistelligen Millionenbetrag bei Sonnen eingestiegen. Schröder: "Wir denken jetzt auch über einen Börsengang nach."

Schröder ist klar, dass er nicht ewig so weiterpowern kann. Aber er findet noch die Zeit, an der Universität St. Gallen Nachhaltigkeitsmanagement zu studieren und abzuschließen. "Wenn Sonnen mal richtig groß wird, ist das nichts mehr für mich. Ich bin kein Konzerni. Bevor ich irgendwo im Mittelmanagement lande, mach ich lieber ’ne Dönerbude auf."

Vita:

Grüner Profi
Philipp Schröder
, 32 Jahre alt, in Cuxhaven geboren, gründete 2008 zusammen mit einem Freund das Start-up Nycon Energy. Danach wechselte er als Vertriebsleiter zum Wind- und Solar­anlagenbauer Juwi, später zum Stromspeichertechnologieunternehmen Sonnen. Nach einer Zwischenstation beim US-Elektroautomobilbauer Tesla kehrte Schröder 2015 als Geschäftsführer Vertrieb und Marketing zu Sonnen zurück.

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Bildquellen: Andreas Mueller/sonnen GmbH , IM_photo / Shutterstock.com

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