Euro am Sonntag-Meinung

Immoboom, zweite Halbzeit

aktualisiert 24.07.17 11:33 Uhr

Immoboom, zweite Halbzeit | finanzen.net

Immer öfter bekommen Anleger zu hören, dass sich auf dem deutschen Immobilienmarkt eine Blase aufbaut. Doch die Fakten sprechen nach wie vor dagegen.

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von Marcus Lemli, Gastautor von Euro am Sonntag

Er läuft und läuft und läuft ... Der deutsche Immobilienmarkt bietet Stabilität und Verlässlichkeit und treibt heute Immobilien­investoren aus aller Welt hierher. Und mit jeder Krise und jedem Unruheherd anderswo in der Welt - egal ob Eurokrise, Nahostkonflikt oder Brexit -glänzt der deutsche Stabilitätsanker nur umso heller.



Das Resultat ist ein noch nie da gewesener Aufschwung am Immobilieninvestmentmarkt. Knapp 20 Milliarden Euro wurden bis einschließlich Mai dieses Jahres in Gewerbeimmobilien investiert, und für das Gesamtjahr erwarten wir ein Volumen von mehr als 60 Milliarden Euro: Das wäre nicht nur ein neuer Rekord, sondern auch das erste Mal, dass das Transaktionsvolumen drei Jahre in Folge die Marke von 50 Milliarden Euro übersteigt. Zahlen, an die wir uns erst noch gewöhnen müssen.

Bei den Anfangsrenditen haben wir gewohntes Terrain ohnehin schon längst verlassen und erleben von Quartal zu Quartal einen neuen Tiefstand. Die außergewöhnlich lange Dauer des Aufschwungs und sein besonderes Ausmaß mögen erklären, warum er bei vielen von uns durch Störgefühle begleitet wird und wir nach jedem Rekord aufs Neue denken: "Jetzt kann’s ja nicht mehr besser werden."


Sicher, auch der aktuelle Zyklus wird eines Tages enden. Aber es spricht nach wie vor wenig dafür, dass dieser Zeitpunkt schon erreicht ist. Die Zeit der ultra­expansiven Geldpolitik neigt sich zwar ihrem Ende zu, doch selbst in den USA wird es wohl noch bis zu Beginn des nächsten Jahrzehnts dauern, bis wieder ein "normales" Zinsniveau erreicht ist. In der Eurozone werden noch einige Jahre mehr vergehen.

Und selbst steigende Zinsen müssen der Attraktivität von Immobilien nicht schaden. So stiegen die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen in den letzten zwölf Monaten um mehr als 30 Basispunkte. Die Anfangsrenditen deutscher Gewerbeimmobilien veränderten sich im selben Zeitraum in ähnlicher Größenordnung - aber in die umgekehrte Richtung.


Die Phase der zinsinduzierten Immobilieninvestitionen ist abgelöst worden von einer Phase der mietwachstums­induzierten Investitionen. Immobilienboom, zweite Halbzeit, sozusagen. Die Störgefühle werden dennoch bleiben - womöglich länger, als wir es bislang für möglich hielten.

Kurzvita

Marcus Lemli,
Deutschland-CEO von Savills

Lemli leitet seit 2012 bei Savills das Investmentgeschäft in ­Europa und ist zudem Deutschland-CEO. Der studierte Diplom-Kaufmann und Immobilien­ökonom startete seine Karriere in der Immobilien­branche als Industrial-­Vermietungsmakler.
Savills wurde 1855 ­gegründet und ist eines der führenden, international agierenden Immobilien-Dienstleistungsunternehmen mit Hauptsitz und Börsennotierung in London.

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Bildquellen: Savills, tristan tan / Shutterstock.com

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