Euro am Sonntag

Gründer-Tipps: Mit dem Fiskus ist nicht zu spaßen!

31.01.16 18:52 Uhr

Gründer-Tipps: Mit dem Fiskus ist nicht zu spaßen! | finanzen.net

Wer sein eigener Chef werden will, sollte das Finanzamt stets im Blick haben. €uro am Sonntag zeigt, was für angehende Selbstständige beim Thema Steuern wichtig ist.

von Sophie Brandt, Euro am Sonntag

Für Jens Schmidt (Name von der Redaktion geändert) lief es richtig gut mit seinem Haus- und Gartenservice. Sommer wie Winter war er zugange, mähte, jätete, gestaltete um und räumte die Gehwege von Schnee frei. Für Behördenkram war er abends zu kaputt. Schreiben des Finanzamts verstand er nicht auf Anhieb und ignorierte sie darum. Dann stand plötzlich der Vollziehungsbeamte vor der Tür. Das Finanzamt hatte die Steuer für drei Jahre geschätzt, Schmidt hatte die Einspruchsfristen versäumt. Nun soll er schlappe 15.000 Euro zahlen. Geld, das er nicht hat. Die Privatinsolvenz droht.



Gerade bei kleinen Gewerbetreibenden passiert das ganz häufig, sagen Experten. Sie ignorieren das Finanzamt, solange es geht. Ein Eintrag im Schuldnerverzeichnis im Zuge der Privatinsolvenz bedeutet dann oft den Verlust der Arbeitsmöglichkeiten.

Woran ist also zu denken, wenn der Schritt in die Selbstständigkeit ansteht? Was muss das Finanzamt erfahren, was braucht es nicht zu wissen?

Anmeldung und
Fragebögen

Generell gilt: Ob Sie für Ihren neuen Traumberuf einen Gewerbeschein brauchen, erfahren Sie telefonisch beim Finanzamt oder dem Gewerbeamt. Haben Sie einen Gewerbeschein beantragt, wird das Finanzamt automatisch informiert, und Sie erhalten von dort einen Fragebogen. Wenn Ihre neue Tätigkeit als freier Beruf gilt, sollten Sie sich von sich aus beim Finanzamt melden. Angehörige freier Berufe sind beispielsweise Ärzte, Psychologen, Anwälte, Steuerberater und Journalisten.


Beim Finanzamt beantragen Sie eine Steuernummer, die für Ihre künftigen Rechnungen wichtig ist, und erhalten ebenfalls besagten Fragebogen. Für diesen müssen Sie künftige Umsätze und etwaige Gewinne schätzen. Und hier sollte man wirklich realistisch sein. Schätzen Sie Umsatz und Gewinn für das kommende Jahr beispielsweise nur mit 1.000 Euro, müssen Sie keine Vorauszahlungen leisten. Schlägt Ihre neue Geschäftsidee aber richtig ein, können zum Jahresende gewaltige Steuerzahlungen auf Sie zukommen, die einem Neueinsteiger unter Umständen schnell das Genick brechen.

Umsatzsteuer oder
Kleinunternehmer?

Die Entscheidung, ob Sie als Kleinunternehmer durchgehen oder ein sogenannter Regelbesteuerer sind, also Rechnungen mit Umsatzsteuer ausweisen müssen, hängt von Ihren Angaben im Fragebogen ab. Liegen Ihre voraussichtlichen Umsätze unter 17.500 Euro im Jahr, können Sie als Kleinunternehmer von der Umsatzsteuer befreit werden. Dies hat einige Vorteile: Sie müssen in Ihren Rechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen, sind daher eventuell günstiger als die Konkurrenz und fassen leichter Fuß am Markt. Außerdem ersparen Sie sich die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen - und damit Zeit und Geld.

Sie können aber im Gegenzug auch keine sogenannte Vorsteuer vom Finanzamt zurückerhalten. Das ist jene Umsatzsteuer, die andere Unternehmer Ihnen gegenüber in ihren Rechnungen ausweisen und die Sie beim Finanzamt gegenrechnen können. "Kleinunternehmer zu sein lohnt daher oft nur für Jungunternehmer, die sich nur mit ihrer Arbeitsleistung selbstständig machen und keine Investitionen tätigen müssen", sagt der Hamburger Unternehmensberater Peter Müller.


Ein Hin- und Herwechseln zwischen Kleinunternehmerschaft und Regelbesteuerung erlaubt der Fiskus nicht. Haben Sie im ersten Jahr hohe Investitionen für Ladeneinrichtung, PC, Kopierer oder ein Fahrzeug und wollen die hier enthaltene Vorsteuer vom Finanzamt zurück, so können Sie dies per Umsatzsteuererklärung beim Finanzamt beantragen. Dies kann Ihnen Erstattungen von einigen Tausend Euro bescheren, die Sie vielleicht sogar zur Finanzierung eingeplant haben. Aber selbst wenn Ihre Umsätze in den nächsten Jahren bei nur wenigen Euro dümpeln, sind Sie durch die Wahl der Regelbesteuerung fünf Jahre an diese Entscheidung gebunden und müssen daher Umsatzsteuer ausweisen und an das Finanzamt abführen.

Anmeldefristen und
Vorauszahlungen

Sind Sie Regelbesteuerer, dann fordert das Finanzamt in den ersten zwei Tätigkeitsjahren monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen von Ihnen an. Hierin errechnen Sie Ihre Steuer selbst und müssen diese umgehend an das Finanzamt überweisen. Überwogen die Ausgaben, erhalten Sie entsprechend eine Erstattung vom Finanzamt.

Hat sich Ihre neue Firma etabliert, sind die Voranmeldungen von der Höhe Ihrer Steuerzahllast abhängig. Beträgt die Umsatzsteuer mehr als 7.500 Euro im Jahr, müssen Sie monatlich einreichen. Liegen die Beträge zwischen 1.001 und 7.500 Euro, ist nur eine Voranmeldung pro Quartal fällig. Liegt die Jahressteuer unter 1001 Euro, müssen Sie nur einmal pro Jahr eine Umsatzsteuererklärung abgeben. Ob zusätzlich noch Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer anfallen, hängt von der Höhe Ihres Gewinns, also der Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben, ab.

Anforderungen an
Rechnungen

Sofern Sie nicht nur Kleinstumsätze unter 150 Euro erzielen, haben Ihre Kunden Anspruch auf eine Rechnung. Diese muss Ihren Namen und Ihre Anschrift sowie die Ihres Kunden enthalten. Außerdem müssen Sie Ihre Steuernummer, ein Rechnungsdatum und eine fortlaufende Rechnungsnummer angeben. Sie müssen die Lieferung oder Leistung benennen und auch das Datum Ihrer Arbeit anführen. Zuletzt müssen der Nettobetrag, der Steuersatz und die Höhe der Umsatzsteuer aufgelistet sein. Lediglich bei sogenannten Kleinrechnungen unter 150 Euro können Angaben zur Kundenanschrift oder zur exakten Höhe der Steuer fehlen.

Sind Sie als Kleinunternehmer aktiv, muss auch dies erwähnt werden, beispielsweise mit der Formulierung "kein Umsatzsteuerausweis, da Kleinunternehmer nach Paragraf 19 Umsatzsteuergesetz". Vorsicht: Haben Sie eine Rechnung ausgestellt und hierin Umsatzsteuer ausgewiesen, so müssen Sie diese Steuer an das Finanzamt zahlen, auch wenn Sie eigentlich Kleinunternehmer wären. Als Umsatzsteuerausweis gilt schon, wenn Sie den Steuersatz in Prozent angeben, auch wenn der Umsatzsteuerbetrag nicht explizit benannt ist.

Tipp
Lassen Sie sich bei Aufnahme einer Selbstständigkeit von einem Steuerberater unterstützen! Auch die erste Steuererklärung gehört in professionelle Hände, damit keine wichtigen Ausgaben vergessen oder Fristen versäumt werden.

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