Ferienimmobilien: Hasta la vista Erbschaftsteuer!
Erben von Häusern und Wohnungen in Spanien zahlten lange zu viel Steuern. Rückwirkend bis zum Jahr 2011 gibt es Geld zurück.
von Stefan Rullkötter, Euro am Sonntag
Mittlerweile wird in jedem zehnten Erb- und Schenkungsfall Vermögen grenzüberschreitend übertragen. Davon profitieren jedes Jahr auch Tausende Bundesbürger, die eine Ferienimmobilie in Spanien erben oder geschenkt bekommen. Die Freude über ein neu erworbenes Urlaubsdomizil auf der Iberischen Halbinsel war aber in den Vergangenheit nicht ungetrübt.
Der Grund ist ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Spanien. Es regelt, dass die Erbschaftsteuer für Immobilien vom Fiskus vor Ort kassiert werden darf. Die spanischen Erbschaftsteuersätze liegen - nach Abzug von Steuerfreibeträgen - zwischen 7,75 und 81,6 Prozent.
Als "Nichtansässige" mussten deutsche Hausnachfolger bis Ende 2014 aber weitaus mehr spanische Erbschaftsteuer für die Objekte entrichten als Erben, die vor Ort leben. Unter dem Strich mussten sie bis zu 34 Prozent mehr zahlen, wenn ihr Lebensmittelpunkt und Hauptwohnsitz in Deutschland waren. Gegen diese Praxis klagte ein Zusammenschluss mehrerer Anwaltsbüros im Auftrag betroffener Ferienimmobilienerben - mit Erfolg: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stufte diese Ungleichbehandlung im vergangenen Jahr als diskriminierend ein. Die um 34 Prozent höhere Steuerbelastung von nicht in Spanien ansässigen Immobilieneigentümern verstoße gegen geltendes EU-Recht (Az. C-127/12).
Der spanische Gesetzgeber musste daraufhin die Regelung korrigieren: Erben mit Wohnsitz im EU-Ausland zahlen seit 2015 den gleichen Steuersatz wie in Spanien lebende Erben. Der Richterspruch wirkt aber auch für die Vergangenheit: Wer seit dem Jahr 2011 eine Ferienimmobilie in Spanien geerbt oder geschenkt bekommen hat, kann zu viel gezahlte Erbschaftsteuern nun vollständig zurückfordern. Maßgeblich für die Verjährungsfrist ist der Todestag des Erblassers oder das Datum, zu dem die Schenkung angenommen wurde.
Ebenfalls zu beachten: Aufgrund von Klagefristen kann das Recht, Beschwerde einzulegen, in Spanien bei Steuerrückerstattungsverfahren nach vier Jahren erlöschen. Wer zu viel gezahlt hat, sollte daher seine Ansprüche schnellstmöglich geltend machen.
Hindernislauf von Amts wegen
Dazu müssen betroffene Bundesbürger allerdings den Rechtsweg in Spanien beschreiten. "Die Verfahren sind komplex und haben ihre Tücken", warnt Rainer Klassen, Geschäftsführer der Spanish Legal Reclaims in Barcelona. Seine Anwaltskanzlei war ebenfalls am EuGH-Musterverfahren beteiligt. Sie hat bereits mehr als 400 betroffene Steuerzahler in Erstattungsverfahren unterstützt - und konnte erste Rückzahlungen an Auslandserben durchsetzen.Die erste Hürde: Reklamationen sind nicht beim deutschen Fiskus, sondern ausschließlich bei spanischen Finanzbehörden möglich - und werden lediglich in Landessprache akzeptiert.
Zuständig für den Erstattungsantrag ist die Steuerzentralverwaltungsstelle in Madrid. Für ein entsprechendes Verfahren müssen Erben und Beschenkte zwar grundsätzlich keinen Rechtsanwalt einschalten, "die Reklamation ist aber komplizierter, als es auf den ersten Blick den Anschein hat - und auch nicht Bestandteil des täglichen Arbeitspensums deutscher Rechtsanwälte", warnt Klassen. Die spanische Rechtsprechung ist komplex. Daher lohnt es sich, einen auf diesem Gebiet spezialisierten Fachanwalt zu beauftragen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der spanische Fiskus die Steuererstattung wegen formaler oder inhaltlicher Fehler verweigert.
Dazu kommt: Wer als Betroffener im behördlichen Erstattungsverfahren auf professionelle Hilfe verzichtet, kann keine weiteren rechtlichen Schritte einleiten. War aber einen Rechtsanwalt eingeschaltet, können die betroffenen Erben beim Landgericht Madrid gegen abschlägig beschiedene Erbschaftsteuerbescheide noch zusätzlich klagen.
Höhere Erstattung dank Verzinsung
Wer zu viel gezahlte Steuern zurückbekommt, hat zusätzlich noch Anspruch darauf, die unberechtigt erhobene Abgabe inklusive Zinsen erstattet zu bekommen. Diese berechnet sich ab dem Tag, an dem die Steuer gezahlt wurde, bis zum Rückzahlungsdatum.Die Berechnung dieses Zinswerts schreibt das spanische Parlament jedes Jahr in den allgemeinen Staatshaushaltsplänen fest. Der durchschnittliche Wert der vergangenen vier Jahre lag bei 4,5 Prozent pro Jahr.
Welche Summen der spanische Fiskus unter dem Strich zurückzahlt, ist auch abhängig vom Ort, an dem die geerbte Ferienimmobilie liegt: In Spanien gelten auf nationaler und regionaler Ebene gesonderte Schenkung- und Erbschaftsteuersätze.
Ferienimmobilien wieder gefragt
Wer sich als Immobilien-Neueigentümer erfolgreich durch den spanischen Steuerdschungel gekämpft hat, stößt mit seinem Objekt auf steigende Nachfrage (siehe Investor-Info unten).Auf Mallorca und den anderen Balearen-Inseln wechselten in den vergangenen Monaten so viele Immobilien den Besitzer wie seit den Zeiten vor der Finanzkrise 2008 nicht mehr. Allein im Juli 2015 wurden auf der Lieblingsinsel der Deutschen 981 Verkäufe von Fincas und Eigentumswohnungen registriert - das sind 37 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahresmonat.
Auch die Wohnungspreise zogen auf den Balearen im zweiten Quartal 2015 wieder kräftig an und stiegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 7,3 Prozent. Angesichts dieser Zahlen haben deutsche Erben spanischer Ferienimmobilien nicht nur aus steuerlicher Sicht jetzt gute Karten.
Investor-Info
Spanische Ferienimmobilien
Lokalmärkte differieren stark
Spanien gehört weiterhin zu den beliebtesten Urlaubszielen der Deutschen und bleibt auch bei auswanderungswilligen Bundesbürgern gefragt. Wer auf der iberischen Halbinsel eine (Ferien-)Immobilie kaufen möchte, sollte sich zuvor gründlich über den jeweiligen Regionalmarkt informieren. Seit der Finanzkrise 2008 sind die Immobilienpreise in spanischen Urlaubsregionen zum Teil um mehr als 50 Prozent gefallen - an den Küsten des spanischen Festlands stärker als auf den Inselgruppen.
Kaufpreise für Häuser
Fincas auf Ibiza am teuersten
Die Preisstabilität von spanischen Ferienimmobilien ist auf den Balearen am höchsten. Mallorca bleibt als Finca-Standort bei den Bundesbürgern am gefragtesten - vor allem wegen täglicher Direktflüge aus Deutschland. Die Kaufpreise auf den Kanaren sind im Vergleich dazu seit dem Jahr 2008 stärker gefallen.Haus-/Finca-Standort Kaufpreis 1) in Euro pro m2
Ibiza 4.143
Mallorca 3.993
Menorca 3.973
Gran Canaria 2.959
Málaga/Marbella 2.752
Teneriffa 2.367
Costa Blanca 2.342
1) Angebotspreise; Quelle: Immowelt.de
Immobilien-Wunschstandorte
Spanien am beliebtesten
Deutsche, die von einem Auslandsobjekt träumen oder den Kauf bereits konkret planen, bevorzugen nach der neuen Studie
"Ferienimmobilie als Kapitalanlage 2015" überwiegend spanische Urlaubsregionen.
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