Pleiten beim Crowdinvesting: Warum viele Projekte scheitern
Das Geschäft mit Schwarmfinanzierung boomt. Anleger gehen dabei aber oft erhöhte Risiken ein und erleben immer öfter Pleiten. Also, was tun? Experte Loipfinger erklärt.
von Bernhard Bomke, Euro am Sonntag
Crowdinvestments sind in. 2018 steckten Privatanleger laut crowdfunding.de 297 Millionen Euro in Immobilienprojekte, Start-ups und Energieanlagen - oftmals mit Beteiligungen von 50, 100 oder 500 Euro. Das war hierzulande ein neuer Rekord. Doch mittlerweile häufen sich auch in der bislang soliden Sparte Immobilien die Pleiten. Anfang der Woche wurde die vierte Insolvenz in diesem Bereich bekannt. Sie betrifft ein Bauprojekt, für das die Plattform Bergfürst, an der eine Commerzbank-Tochter beteiligt ist, fast 440.000 Euro eingesammelt hatte. Das Geld ist wohl verloren, fürchtet Stefan Loipfinger vom Anlegerschutzportal investmentcheck.de. Er erwartet weitere Pleiten.
€uro am Sonntag: Herr Loipfinger, überrascht es Sie, dass immer mehr crowdfinanzierte Immobilienprojekte scheitern?
Stefan Loipfinger:
Warum?
In den vergangenen Jahren kannte der Immobilienmarkt nur eine Richtung, und zwar nach oben. Das heißt, für die allermeisten Immobilien gab es viele Interessenten. Mittlerweile mehren sich die Beispiele dafür, dass die Vermarktung von Immobilien kein Selbstläufer mehr ist. Beim aktuellen Fall des Crowdinvesting-Anbieters Bergfürst scheint es ja ebenfalls so zu sein, dass das Projekt keiner kaufen will.
Was sind typische Gründe für das Scheitern von Schwarmfinanzierungen bei Immobilienprojekten?
Grundsätzlich tragen die Anleger dabei jedes Risiko, das bei Projektentwicklungen oder beim Vermarkten von Immobilien auftreten kann. Die Baukosten können höher ausfallen, oder der Verkaufserlös ist geringer als geplant. Die Crowdinvestoren mit ihrer Rolle als nachrangige Gläubiger haben eine ganz schwache Stellung und schnell das Nachsehen. Sobald irgendwas schiefläuft, wird zuerst die Gläubigerbank bedient. Für die Crowd bleibt dann womöglich nichts mehr übrig.
Prüfen die Betreiber der Crowdinvest- Plattformen die Projekte zu schlampig?
Ja. Das lässt sich auch erklären. Die Nachfrage von Anlegern ist groß, aber der Flaschenhals sind geeignete Projekte. Von denen gibt es zu wenige. Also besteht die Gefahr, dass Anbieter bei den Qualitätsmaßstäben Abstriche machen. Im jüngsten Fall steht hinter dem Emittenten, für den Geld eingetrieben wurde, eine Firma in London mit 100 britischen Pfund Grundkapital. Wie kann ein Vermittler so einen Mist nur in Erwägung ziehen?
Worauf sollten Anleger achten, die via Crowd investieren wollen?
Sie sollten darauf schauen, dass in dem Projekt möglichst viel Eigenkapital steckt. Das ist bei unerwarteten Problemen das Erste, was verloren geht. Je mehr davon eingesetzt ist, umso später ist das Geld der Crowd gefährdet. Grundsätzlich sollten Anleger nicht mehr als fünf Prozent ihres Vermögens in Crowdinvestments stecken.
Der Bund hat vor, die Regeln für Crowdinvesting zu lockern. Eine gute Idee?
Nein. Das ist der völlig falsche Weg. Der Gesetzgeber sollte anlegerfreundliche Produkte schaffen und nicht Investments wie Nachrangdarlehen fördern, bei denen Anleger keinerlei Mitsprache- und Kontrollrechte haben.
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