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Bausparkassen im großen Test: Uncool oder doch cool?

20.11.21 22:43 Uhr

Bausparkassen im großen Test: Uncool oder doch cool? | finanzen.net

Wegen aktuell niedriger Zinsen erscheint Bausparen vielen unattraktiv. Unser Test zeigt jedoch, wo weiterhin Vorteile liegen und worauf es in der Beratung ankommt.

von Sabine Hildebrandt-Woeckel, Euro am Sonntag

Erinnern Sie sich noch an Thomas? Von Freunden umringt und bewundert, amüsiert er sich über den Klassenkameraden, der zum Schulabschluss nicht wie er ein Mofa, sondern einen Bausparvertrag geschenkt bekommt. "Wie uncool."

Dann allerdings blendet die alte LBS-Werbung weiter. Der einst düpierte Junge, inzwischen ein gestandener Mann, trifft Thomas wieder. Und der wohnt noch immer in der alten Straße - bei Mutti. "Wie uncool." Er selbst dagegen betritt in der letzten Szene ein schickes Haus. Sein eigenes, versteht sich. Dem Bausparen sei Dank.

Fast 20 Jahre ist der Spot jetzt alt. Er macht klar: Besonders hip war der Bausparvertrag noch nie. Trotzdem galt das Prinzip, traditionelles Sparen mit einem Immobiliendarlehen zu kombinieren, jahrzehntelang als sehr solide - und ebnete vielen Häuslebauern den Weg in die eigenen vier Wände.

Prinzip Verlässlichkeit

Der Vorteil dabei: Sowohl die Spar- zinsen als auch die auf das spätere Darlehen stehen von vornherein fest. Wobei viele Jahrzehnte galt, dass sie in der Ansparphase zwar niedriger sind als bei anderen Sparformen, in der Kreditphase aber auch. Für den Kunden rechnete sich das vor allem immer dann, wenn die Kreditzinsen während der Laufzeit des Vertrags stiegen.

Mit Beginn der Niedrigzinsphase aber verlor das Prinzip seinen Reiz. So konnte man es zumindest in den vergangenen Jahren immer wieder lesen. Von vielen Medien wurde das Bausparen regelrecht totgeschrieben. Wer davon ausgeht, dass die Zinsen niedrig bleiben, zahlt nicht unbedingt erst jahrelang in einen Bausparvertrag, sondern wendet sich gleich an die Bank, so die Argumentation. Und auf den ersten Blick scheinen die Zahlen den Unkenden recht zu geben. Seit 2013 sinkt die Zahl der jährlichen Neuabschlüsse kontinuierlich.

Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Denn gleichzeitig hat sich die durchschnittliche Bausparsumme pro neu abgeschlossenem Vertrag in den vergangenen zehn Jahren von rund 27.500 auf 52.000 Euro erhöht, also fast verdoppelt, wie Christian König, Hauptgeschäftsführer des Verbands der privaten Bausparkassen, erläutert.

Branche weiterhin zuversichtlich

Insgesamt zeigt sich die Branche denn auch durchaus zufrieden und rechnet für die kommenden Jahre mit weiterhin gutem Geschäft, das vor allem von zwei Entwicklungen gepusht wird: Zum einen dürfen die Bausparkassen seit Mitte des Jahres Blankodarlehen ohne Grundbucheintrag bis zu 50.000 Euro vergeben, die vor allem für Modernisierungen, energetisches Sanieren und seniorengerechte Umbauten genutzt werden.

Zum anderen zahlt der Staat bereits seit Anfang des Jahres eine höhere Wohnungsbauprämie. Ehepaare mit einem zu versteuernden Einkommen von bis zu 70.000 Euro können 140 Euro Wohnungsbauprämie kassieren. Diese wie auch andere staatliche Fördermaßnamen wie Riester oder die Arbeitnehmersparzulage tragen auch nach Meinung von Verbraucherschützern dazu bei, dass sich Bausparen nach wir vor lohnen kann. Allerdings nur, wenn der Vertrag exakt auf die persönliche Situation zugeschnitten ist.

Denn das Prinzip "Erst sparen und dann abzahlen" klingt zwar einfach, ist es im Detail aber nicht. Vor dem Abschluss sollten sich Interessenten daher immer einen guten Marktüberblick verschaffen und ausführlich beraten lassen. Um hier Hilfestellung zu geben, hat €uro am Sonntag auch dieses Jahr wieder das Deutsche Kundeninstitut (DKI) beauftragt, Bausparkassen und ihr Angebot genauer unter die Lupe zu nehmen. 16 Kassen ließen sich auf den Vergleich ein, acht der zehn überregional agierenden und die acht Institute der öffentlich-rechtlichen Bauspargruppe LBS. Nicht mit dabei sind die BSQ Bauspar AG und die Start Bausparkasse.

Untersucht wurden 160 Einzelkriterien in drei Kategorien, die jede einzeln gerankt, aber in unterschiedlicher Gewichtung auch zu einer Gesamtbeurteilung zusammengefasst werden. Sieger in dieser Gesamtwertung ist wie bereits im vergangenen Jahr die Bausparkasse Schwäbisch Hall. Als einzige Kasse konnte sie die Bewertung "sehr gut +" einheimsen.

Gute Beratung ist wichtig

Auf dem letzten Platz landet in diesem Jahr die Signal Iduna Bauspar, die sich 2020 noch im guten Mittelfeld platzieren konnte. Interessant dabei: In der parallel durchgeführten Kundenbefragung teilen die Kunden der Signal Iduna dieses Urteil nicht. Wie bereits im Vorjahr landet die Bausparkasse aus Hamburg hier mit fünf von fünf möglichen Punkten auf Platz 1. Die Befragten sind mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis und dem Kundenservice zufrieden und würden ihre Bausparkasse mehrheitlich weiterempfehlen.

Die Abwertung der Signal Iduna im Test ist denn auch vor allem den Ergebnissen in der Beratung geschuldet. Letztes Jahr hier noch auf Rang 1, landet sie diesmal auf dem vorletzten Platz. Da der Bausparvertrag aber "als besonders beratungsintensiv" gilt, wie DKI-Chef Jörn Hüsgen erläutert, erhält diese Kategorie mit 40 Prozent das größte Gewicht in der Gesamtwertung.

Zwei Musterszenarien als Grundlage

Mit 35 Prozent bekommen in der Gesamtwertung die Konditionen, die anhand von zwei Modellszenarien ermittelt werden, etwas weniger Anteil. Im ersten Fall geht es klassisch um den Erwerb eines Eigenheims in zehn Jahren, das zum Teil über einen Bausparvertrag mit der Bausparsumme (angesparte Summe plus Darlehen) von 100.000 Euro finanziert werden soll. Im zweiten soll eine vorhandene Immobilie saniert werden. Die Bausparsumme hier beläuft sich auf 40.000 Euro.

Der Kundenservice, bei dem Testsieger Schwäbisch Hall ebenfalls vorn liegt, trägt mit 25 Prozent zum Gesamtergebnis bei. Die Note "sehr gut +" erreicht die Gesamtsiegerin hier vor allem durch Freundlichkeit am Telefon und bei E-Mail-Antworten sowie durch eine übersichtliche, selbst erklärende und klar strukturierte Internetseite, die sich durch eine Vielzahl von Service-Tools auszeichnet. So gibt es neben einer Service-Hotline einen Live-Chat und einen Rückrufservice. Außerdem können online Termine vereinbart werden, und es werden umfangreiche Informationen sowohl zu den eigenen Bauspartarifen als auch über staatliche Fördermöglichkeiten angeboten.

Kundenwünsche berücksichtigt

In der wichtigen Kategorie Beratung muss Schwäbisch Hall in diesem Jahr zwar zwei Konkurrenten vorbeiziehen lassen, konnte sich aber im Vergleich zu 2020 deutlich verbessern, von Platz 9 auf Platz 3. Die beiden besten Noten bekamen in dieser Kategorie die LBS Bayerische Landesbausparkasse und die Debeka, der von den Testern unter anderem "gute, strukturierte und verständliche" Beratung attestiert wurde. Zur LBS resümiert ein Testkunde: "Der Berater hat immer wieder gefragt, ob ich alles verstehe, ob ich weitere Fragen habe und ob was anders berechnet werden soll". Außerdem freute er sich, dass in dem Gespräch kein Kaufdruck entstand.

Insgesamt reichen die Beratungsnoten von "sehr gut +" für die beiden Besten bis "ausreichend" für die Badenia, bei der sich ein Testkunde zum schnellen Abschluss gedrängt und nur "oberflächlich" informiert fühlte.

Trotzdem fällt das Fazit des DKI insgesamt positiv aus, vor allem, weil alle Berater zumindest mehr oder weniger umfangreich auf die Kundenwünsche Rücksicht nahmen. Zu 81 Prozent erläuterten sie zudem zumindest teilweise das Grundprinzip des Bausparens. Und in 98 Prozent der Fälle enthielt das erstellte Angebot einen Spar- und Tilgungsplan.

Negativ fiel hingegen unter anderem auf, dass in 26 Prozent der Gespräche die Abschlussgebühr und in 27 Prozent der effektive Jahreszins überhaupt nicht angesprochen wurden. Ebenso erfolgte die Abfrage der persönlichen Lebensumstände nicht vollständig und auch die Fördermaßnahmen wurden nur teilweise thematisiert, die Riester-Förderung beispielsweise nur von 15 Prozent der Berater.

Immer noch cool

Betrachtet man separat nur die Kategorie "Konditionen", so klettert hier die Debeka, im Gesamtranking und bei der Beratungsleistung auf Platz 2, ganz nach oben. Danach platzieren sich die Alte Leipziger und die BHW, die wie auch 2020 die höchste Punktzahl in Szenario 1 erreicht. Im Vergleich weist das Angebot den zweitniedrigsten effektiven Jahreszins von 1,46 Prozent aus und neben drei weiteren Bausparkassen den höchsten Guthabenzins von 0,10 Prozent. Der durchschnittliche Guthabenzins beträgt 0,04 Prozent. Bei Szenario 2 erzielt die LBS Ostdeutsche Landesbausparkasse den höchsten Punktwert. Der durchschnittliche Guthabenzins beträgt hier 0,05 Prozent.

Womit deutlich wird: Rein zum Vermögensaufbau eignet sich der Bausparvertrag nicht. Wer aber weiß, dass er in einigen Jahren eine Immobilie kaufen oder sanieren will - und zudem die staatlichen Förderungen nutzen kann, für den ist der richtig zugeschnittene Bausparvertrag nach wie vor alles andere als uncool.


So wurde getestet:

Das DKI testet Anbieter auf wissenschaftlicher Basis. Drei Kategorien wurden herangezogen.

Beratung (40 Prozent Gewicht an der Gesamtwertung): Die Beratungsleistung wurde mittels Mystery-Shoppern geprüft, entweder in Gesprächen vor Ort oder (wenn den Testern dies wegen Corona sicherer erschien) per Telefon oder Livestream. Pro Anbieter fanden vier Gespräche statt.

Konditionen (35 Prozent): Ausgangsbasis in dieser Kategorie sind zwei Musterfälle, für die die Bausparkassen den optimalen Tarif angeben sollten. Taten sie dies nicht, flossen die in den Beratungsgesprächen erhaltenen Angebote der Mystery-Shopper in die Bewertung ein (13 Fälle). Um mit Banksparplan und Annuitätendarlehen vergleichen zu können, wurden fixe Parameter herangezogen; Szenario 1: Guthabenzins 0,34 %, Darlehenszins (effekt. Jahreszins) 1,22 %; Szenario 2: Guthabenzins 0,24 %, Darlehenszins (effekt. Jahreszins) 0,88 %.

Kundenservice (25 Prozent): Die Kassen wurden per E-Mail und am Telefon auf Kompetenz, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft geprüft. Zudem wurden Internetauftritt und Social-Media-Aktivitäten analysiert.










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