Fünf Jahre Wohn-Riester
Im Gegensatz zu den meisten ihrer Nachbarn in Europa besitzt bisher nur fast die Hälfte der Deutschen ein Haus oder eine Wohnung. Deshalb ist Wohn-Riester für den Immobilienerwerb ein wichtiges Instrument geworden.
von Franz Wirnhier, Gastautor von Euro am Sonntag
Ein Haus zu bauen, liegt in der Natur des Menschen. Miete zahlen nicht. So hat es einmal eine LBS-Werbekampagne auf den Punkt gebracht. Doch die Menschen in Deutschland haben sich in der Vergangenheit schwerer getan, diesem Ruf der Natur zu folgen, als ihre europäischen Nachbarn. Während über 70 Prozent der EU-Bürger im eigenen Haus oder in der eigenen Wohnung leben, sind es in Deutschland nur etwas mehr als 50 Prozent der Bevölkerung.
Und das ist keine Randnotiz für Statistikexperten, sondern ein Befund, der politische Aufmerksamkeit verdient. Denn das eigene Zuhause leistet einen wichtigen Beitrag zur Altersvorsorge der Menschen. Wohnen muss jeder. Und wer seine eigenen vier Wände besitzt, der hat eines der Grundbedürfnisse des Lebens abgesichert. Wenn das in Deutschland so wenige Menschen für sich in Anspruch nehmen können wie kaum sonst in Europa, dann ist das ein Nachteil für die Altersvorsorge großer Teile der Bevölkerung.
Deshalb war es überfällig, als im Jahr 2008 die staatliche Wohn-Riester-Förderung eingeführt wurde. Zu diesem Zeitpunkt gab es schon lange keinen Zweifel mehr daran, dass die Menschen neben ihrer gesetzlichen Rente auch mehr und mehr auf eigene Vorsorge angewiesen sind, um ihren Lebensstandard im Ruhestand halten zu können. Das Riestern war als das staatliche Modell etabliert, um möglichst viele Menschen zur privaten Vorsorge zu motivieren.
Wohneigentümer sind
finanziell besser abgesichert
Allerdings klaffte im Riester-Bauplan noch eine Lücke, die sich insbesondere nach der Abschaffung der Eigenheimzulage ab dem Jahr 2006 schmerzlich bemerkbar machte. Man konnte zwar mit Versicherungen, Banksparplänen und Fondssparplänen ein finanzielles Polster für den Ruhestand bilden. Aber Wohneigentum war als Teil der privaten Altersvorsorge vernachlässigt worden. Das änderte sich im November 2008, als mit den ersten zertifizierten Riester-Bausparprodukten die staatliche Riester-Förderung auf das Eigenheim ausgeweitet wurde.
Dass diese Entscheidung richtig war, zeigt sich schon daran, dass heute die Eigenheimrente die beliebteste unter allen Riester-Formen ist. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Riester-Verträge um 370.000 gestiegen. Fast zwei Drittel davon entfallen auf den Wohn-Riester — obwohl dieses Modell nicht mal halb so lange auf dem Markt ist.
Das Forschungsinstitut Empirica hat in einer Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes ermittelt, dass Wohneigentümer wesentlich besser finanziell abgesichert sind als Mieter derselben Einkommenskategorie, bevor sie in den Ruhestand kommen. Danach haben 50- bis 59-jährige Eigentümer mit einem Nettoeinkommen zwischen 1.700 und 2.300 Euro pro Monat doppelt so hohe Geldvermögen wie Mieter der gleichen Alters- und Einkommensklasse. Das Gesamtvermögen — einschließlich der Immobilien — ist sogar fast sechsmal so hoch. Selbst nach Abzug der vorhandenen Baukredite verfügen die Wohneigentümer wenige Jahre vor dem Eintritt in den Ruhestand über gleich viel Geldvermögen wie die Mieter.
Die Immobilie ist demnach bereits im Alter von durchschnittlich 55 Jahren mit ihrem vollen Wert zusätzliches Vermögen im Vergleich zum Vermögen von Mietern. Ein Grund dafür ist, dass ein Eigenheim stärker zum systematischen Sparen und Vorsorgen diszipliniert. Damit unterstützt eine höhere Eigenheimquote automatisch eines der wichtigsten sozialpolitischen Anliegen unserer Zeit: die selbstständige, private Altersvorsorge.
Mit dem Eintritt in den Ruhestand profitieren die Eigentümerhaushalte dann von der ersparten Miete. Dieser Effekt gewinnt an Bedeutung. Denn die Rentner in Deutschland müssen einen immer größeren Anteil ihres Haushaltsnettoeinkommens für die Miete aufwenden. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes nahm die finanzielle Belastung seit dem Jahr 2002 von 24,7 auf 26,3 Prozent im Jahr 2012 zu. Fast jeder dritte Rentnerhaushalt muss sogar mehr als 35 Prozent seines Einkommens für die Miete aufwenden.
Die derzeit außergewöhnlich niedrigen Kapitalmarktzinsen eröffnen die historische Chance, mehr Haushalte ins Wohneigentum zu bringen. Die monatliche Belastung für eine Immobilienfinanzierung ist oft nicht höher als die Miete. Gleichzeitig stehen kapitalmarktabhängige Vorsorgeformen vor der immer größeren Herausforderung, angesichts niedriger Zinsen dauerhaft auskömmliche Renditen zu erzielen.
Dieses Problem — einer der Hauptkritikpunkte an der Riester-Förderung allgemein — stellt sich bei der Eigenheimrente nicht. Die Rendite beim Wohn-Riester ist die ersparte Miete im Alter. Dazu kommt der Nebeneffekt, dass das eigene Haus oder die eigene Wohnung die einzige Altersvorsorge ist, die man auch schon vor dem Eintritt in den Ruhestand genießen kann. So machen sich Eigenheimbewohner unabhängig von Mietsteigerungen.
Neues Gesetz bringt mehr
Flexibilität beim Wohn-Riester
Die Wohn-Riester-Förderung hilft, dass sich mehr Menschen in Deutschland Wohneigentum leisten können. Wohn-Riestern lohnt sich sowohl für Familien mit Kindern, die besonders von Zulagen profitieren, als auch für Gutverdiener, bei denen die Steuervorteile stärker zum Tragen kommen. Der Nutzen durch Zulagen und Steuervorteile kann bei einer Immobilienfinanzierung mehrere Zehntausend Euro ausmachen. Zwar werden im Rentenalter — wie bei allen anderen Riester-Produkten auch — Steuern auf die geförderten Beträge fällig. Aber in der Regel liegt der Steuersatz dann deutlich unter dem in der Zeit der Berufstätigkeit. Außerdem begleicht man die Steuerforderungen im Ruhestand mit einem kleinen Bruchteil der ersparten Miete.
Kritik wurde seit der Einführung immer wieder an der Komplexität der Förderung geübt. Die Anbieter haben jedoch effiziente Prozesse für die umfangreichen Anforderungen an die Wohn-Riester-Produkte entwickelt, sodass die Kunden von den vielfältigen rechtlichen Vorgaben kaum behelligt werden. Als weiterer Schwachpunkt wurde dem Wohn-Riester-Konzept oft mangelnde Flexibilität vorgehalten. Lebensläufe können sich ungeplant ändern, Ehen können auseinandergehen und Wohnorte wechseln. Nicht für alle Fälle hatte die Eigenheimrente eine adäquate Antwort. Das Altersvorsorgeverbesserungsgesetz, das dieses Jahr verabschiedet wurde, bringt hier einige positive Veränderungen. So haben Riester-Sparer beim Verkauf oder der Vermietung ihres Wohneigentums mehr Zeit, den geförderten Betrag in gleicher Höhe in eine andere Immobilie zu investieren. Bei der nachgelagerten Besteuerung eröffnet das Gesetz künftig mehr Gestaltungsmöglichkeiten.
Fünf Jahre nach ihrer Einführung bleibt festzuhalten: Die Wohn-Riester-Förderung hat sich bewährt. Es gibt bereits rund eine Million Wohn-Riester-Verträge in Deutschland — Tendenz steigend. Die Eigenheimrente trägt dazu bei, mehr Menschen in die eigenen vier Wände zu bringen und so die Altersvorsorge breiter Bevölkerungsschichten zu verbessern. Das ist zum fünften Wohn-Riester-Geburtstag eine gute Bilanz.
zur Person:
Franz Wirnhier,
Vorstandsvorsitzender
der LBS Bayern
Franz Wirnhier ist
seit 2004 Vorstandsvorsitzender der LBS Bayern. Als Vorsitzender der Bausparkassenkommission ist er maßgeblich für die
Gemeinschaftsarbeit
der Gruppe der zehn
Landesbausparkassen verantwortlich.
Der 60-jährige promovierte Mathematiker
begann 1982 seine Karriere bei der LBS Bayern.
Die Bayerische Landesbausparkasse zählte 2008 zu den ersten
Bausparkassen in Deutschland, die zertifizierte Wohn-Riester-
Verträge anboten.