560 Euro ohne Gegenleistung

Bedingungsloses Grundeinkommen: Wie weit ist Finnland mit seinem Experiment?

26.03.18 13:51 Uhr

Bedingungsloses Grundeinkommen: Wie weit ist Finnland mit seinem Experiment? | finanzen.net

Durch ein Pilotprojekt beim Grundeinkommen sollten Menschen in Finnland abgesichert und wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden. Das Land geht allerdings inzwischen sogar noch härter gegen sozial Schwache vor. Ist das Projekt gescheitert?

Im Zuge der zunehmenden Digitalisierung wird das bedingungslose Grundeinkommen zu einem immer wichtigeren Thema. Finnland hat als erstes Land in Europa ein Experiment gestartet, um zu sehen, wie sich ein solches Einkommen in der Gesellschaft auswirkt. Scheinbar nicht besonders gut. Das Land geht noch härter mit sozial Schwachen um. Ist das Experiment gescheitert?

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"Den Arbeitslosen die Angst nehmen"

Gut ein Jahr ist der Start des Pilotprojekts her, in dessen Rahmen 2.000 arbeitslose Menschen über einen Zeitraum von zwei Jahren das bedingungslose Grundeinkommen erhalten sollten. Ziel des Experimentes sollte die Absicherung und Förderung von sozial Schwächeren sein. Anders als Sozialleistungen oder Arbeitslosenhilfe werden die 560 Euro, die die Teilnehmer des Experiments monatlich erhalten, nämlich nicht versteuert oder reduziert, sobald die Menschen zusätzlich arbeiten gehen. Denn das war bisher ein Grund, weshalb viele Arbeitslose in Finnland kleine Jobs oder Teilzeitbeschäftigungen ablehnten: Die Abzüge fielen im Nachhinein so hoch aus, dass es sich mehr lohnte, gar nicht zu arbeiten.

Mit dem Grundeinkommen sollte dies nun geändert werden: "Den Arbeitslosen soll die Angst genommen werden, dass sie Sozialleistungen verlieren, weil sie einen Niedriglohnjob oder eine Teilzeitstelle annehmen", verkündete Olli Kangas. Er ist Leiter der Arbeitsgruppe, die für das Projekt zuständig ist. Dennoch sollte das Experiment die Selbstverantwortung und Eigeninitiative der Teilnehmer fördern. Sie sollten dazu motiviert werden, sich eine berufliche Tätigkeit zu suchen und dieser nachzugehen. Inwieweit dem Experiment das gelungen ist, werden erst die Erkenntnisse am Ende dieses Jahres zeigen, wenn das Pilotprojekt offiziell ausläuft.

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Verschärfung der Sozialversicherungsgesetze

"Finnland muss solche Experimente wagen, damit wir den Herausforderungen der Zukunft gewachsen sind", hieß es bei der Präsentation des Pilotprojekts seitens der damaligen Sozialministerin Hanna Mäntylä. Das scheint die Regierung aber nicht so zu sehen, denn die Sozialversicherungsgesetze wurden im vergangenen Dezember deutlich verschärft: Damit Arbeitslose weiterhin das volle Arbeitslosengeld erhalten, müssen sie vorerst nachweisen, dass sie in den vorigen drei Monaten mindestens 18 Stunden gearbeitet haben. Wer den Vorgaben des sogenannten "Aktivierungsmodells" nicht nachkommt, dem wird die Arbeitslosenhilfe um 4,65 Prozent gekürzt.

Ein Schritt, den die finnische Regierung als wichtig erachtet, um wieder Geld in die Sozialkassen zu spülen. Der Niedergang des ehemaligen Handy-Weltmarktführers Nokia und die Probleme, mit denen die wichtige Papierindustrie aufgrund der Digitalisierung zu kämpfen hatte, setzten der nationalen Wirtschaft deutlich zu. Innerhalb kürzester Zeit stieg die Zahl der Arbeitslosen, die versorgt werden mussten. Demzufolge sind die Haushaltskassen derzeit knapp - zu knapp, um ein bedingungsloses Grundeinkommen umzusetzen.
Die finnische Bevölkerung steht der möglichen zukünftigen Maßnahme allerdings positiv gegenüber. Eine Umfrage ergab, dass 51 Prozent der Befragten für und 21 Prozent gegen das Grundeinkommen seien.

Redaktion finanzen.net

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