Corona-Finanzierungshilfen: Startups äußern harte Kritik an Bundesregierung
Mehr als ein Drittel der Startups in Deutschland hat im Zuge der Corona-Krise Finanzierungshilfen von der Bundesregierung erhalten. Trotzdem sind die meisten Jungunternehmen unzufrieden mit den Unterstützungsmaßnahmen des Bundes - das sind die Gründe.
Um Unternehmen, Selbstständigen und anderen Einrichtungen während der Pandemie bestmöglich unter die Arme zu greifen, hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr einige finanzielle Unterstützungsmaßnahmen in die Wege geleitet. Auch für Startups haben sich das Bundesfinanzministerium und das Bundeswirtschaftsministerium zusammen mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) eine Möglichkeit überlegt, um den Jungunternehmen in diesen schweren Zeiten zur Seite zu stehen. Dafür wurde ein Zwei-Milliarden-Euro-Maßnahmenpaket aufgesetzt, das VC-finanzierten Startups und anderen kleineren Startups finanzielle Hilfen gewähren soll.
Startup-Sterben bleibt aus
Auch diese Maßnahmen könnten unter anderem dafür gesorgt haben, dass das befürchtete "Startup-Sterben" weitgehend ausgeblieben ist. Wie eine Studie der Beratungsgesellschaft EY zeigt, hatten die meisten Jungunternehmen zwar mit enormen Problemen zu kämpfen, die Corona-Krise aber insgesamt auch dank der zahlreichen Finanzierungsgelder gut überstanden. Auch Bitkom-Präsident Achim Berg bestätigt diese Beobachtung: "Die zu Beginn der Pandemie befürchtete Pleitewelle bei Startups ist bislang ausgeblieben", meint der Vorsitzende in einer Bitkom-Pressemitteilung. "Das spricht für den Reifegrad, den unser Startup-Ökosystem inzwischen erreicht hat. Viele Tech-Startups zeigten sich wirtschaftlich solide und stabil, auch in der Krise", erklärt Berg weiter.
Mehr als ein Drittel der Startups erhält Unterstützung von der Bundesregierung
Trotzdem sind die Startups in Deutschland insgesamt nicht wirklich zufrieden mit den von der Bundesregierung zur Verfügung gestellten Corona-Hilfen, wie eine Umfrage des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) zeigt. Dafür hat die Bitkom insgesamt 201 Tech-Startups in Deutschland von März bis Mai in Online-Interviews befragt. Vor allem die erhaltenen Finanzierungshilfen der Startups und die Meinung der Jungunternehmen zu den Bewältigungsstrategien der Bundesregierung waren dabei zentrale Fragestellungen der Umfrage. Die Antworten der Jungunternehmen fielen etwas anders aus, als erwartet.
Wie die Bitkom in einer Pressemitteilung zur Umfrage bekannt gibt, steigt die Zahl der Jungunternehmen, die von staatlichen Unterstützungsmaßnahmen profitieren: So sollen bereits mehr als ein Drittel der Startups (38 Prozent) finanzielle Corona-Hilfen angefordert und erhalten haben. Vier Prozent der Startups geben außerdem an, noch auf das Geld zu warten, welches sie beantragt haben.
Doch gibt es unter den befragten Unternehmen auch Startups, die keine finanzielle Hilfe der Bundesregierung erwarten: Insgesamt 30 Prozent geben online an, dass sie keine finanzielle Unterstützung beantragt haben, da sie die Voraussetzungen für den Erhalt der Hilfe nicht erfüllen konnten. Vier Prozent der Startups haben dagegen den Antrag gestellt - und ihn aufgrund verschiedener Voraussetzungen nicht bewilligt bekommen. Weiterhin geben 22 Prozent der Startups im Rahmen der Befragung an, keinen Antrag auf Hilfe gestellt zu haben, da sie die zusätzlichen finanziellen Mittel nicht benötigen würden.
Startups insgesamt unzufrieden mit Hilfsmaßnahmen
Doch obwohl mittlerweile fast 40 Prozent der Startups finanzielle Hilfen erhalten haben, zeigen sich die Jungunternehmen aus der Bundesrepublik wenig begeistert über die Machenschaften der Bundesregierung. So sind den Ergebnissen der Umfrage zufolge nur fünf Prozent aller Startups zufrieden mit den angebotenen Hilfszahlungen und 26 Prozent der befragten Unternehmen eher zufrieden. Mehr als 50 Prozent der Startups äußern sich im Gegensatz dazu als eher unzufrieden (31 Prozent) oder sogar als völlig unzufrieden (21 Prozent). Diese Entwicklung beobachtet auch Bitkom-Präsident Berg: "Was die Effekte der Corona-Pandemie und die Hilfsmaßnahmen der Politik angeht, so scheiden sich in der Startup-Szene die Geister. Selten sieht man auf der einen Seite so viel Licht und auf der anderen Seite so viel Schatten", berichtet der erfahrene Experte der Pressemitteilung zufolge.
Kritikpunkte der Jungunternehmen
Um die Gründe für die weit verbreitete Unzufriedenheit unter den Startups zu erfahren, hat die Bitkom in ihrer Online-Umfrage noch einmal genauer nachgehakt - und einige Kritikpunkte der 200 Jungunternehmen herausgearbeitet:
So sind neun von zehn Gründern (87 Prozent) der Meinung, dass sich die Bundesregierung zu stark um die Bedürfnisse und Probleme der großen Konzerne gekümmert und die Startups dabei weitestgehend vernachlässigt habe. Mehr als die Hälfte erklärt sogar, sich von der Politik (54 Prozent) im Stich gelassen zu fühlen.
Startups blicken der Zukunft mit gemischten Gefühlen entgegen
Dabei hatten die Startups unterschiedlich stark mit den Auswirkungen der Corona-Krise zu kämpfen: "Die Startup-Szene ist sehr heterogen. Die Krise hat Startups in der Gründungs- und in der Wachstumsphase sehr unterschiedlich getroffen", erklärt Präsident Berg. "Manche Geschäftsmodelle etwa im Bereich E-Commerce oder Health haben in Corona-Zeiten massive Nachfragesteigerungen erlebt, andere - etwa im Tourismus oder rund um Mobilitätsdienste - mussten ihr Geschäft fast auf null runterfahren."
Daher fällt der Blick in die Zukunft bei den meisten Jungunternehmen nicht unbedingt positiv aus: Etwa zwei von drei Unternehmen (62 Prozent) befürchten eine Pleitewelle unter den deutschen Startups im Zuge der Pandemie, insgesamt 16 Prozent fürchten sich sogar vor einer Insolvenz des eigenen Startups. Als Grund dafür nennen mehr als die Hälfte der Startups (55 Prozent) die verschlechterten Finanzierungsmöglichkeiten in Folge der Krise. Daher wünschen sich die meisten (89 Prozent) diesbezüglich vor allem eines von der Regierung: Eine höhere Nachfrage seitens der Politik und Verwaltung nach Produkten und Dienstleistungen von Startups, um die finanzielle Situation der Jungunternehmen zu verbessern.
Pauline Breitner / Redaktion finanzen.net
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