Startups suchen Mitarbeiter

Trotz Corona: Jedes zweite Startup sucht Mitarbeiter

15.08.20 20:59 Uhr

Trotz Corona: Jedes zweite Startup sucht Mitarbeiter | finanzen.net

Entlassungen und Kurzarbeit prägen Unternehmen in Zeiten der Corona-Krise. Trotzdem haben einige Startups aktuell viele offene Stellen zu beklagen und große Probleme beim Recruiting.

Corona-Krise lässt Arbeitslosenquote steigen

Aktuell haben viele Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt schwer mit der Corona-Krise zu kämpfen. So sind unzählige Betriebe gezwungen, ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken oder sogar zu entlassen. Laut Statistiken der Bundesagentur für Arbeit ist die Arbeitslosenzahl im Juli 2020 im Vergleich zum Vorjahr von 2.275.461 auf 2.910.008 Arbeitslose gestiegen. Während die Arbeitslosenquote in Deutschland im Juli 2019 noch bei 6,3 Prozent lag, beträgt sie mittlerweile rund 7,9 Prozent, also 1,6 Prozentpunkte mehr als noch vor einem Jahr.

Deutsche Startups auf Personalsuche

Eine gegenteilige Entwicklung ist allerdings in der deutschen Startup-Szene zu beobachten. Laut einer Studie des Branchenverbandes Bitkom verzeichnen Startups mittlerweile rund 21 Mitarbeiter im Durchschnitt, die Tendenz ist steigend. In einer Umfrage von mehr als 300 Startups im Februar/März und im Mai/Juni wurde festgestellt, dass nur 6 Prozent der befragten Betriebe aktuell einen Beschäftigungsrückgang erwarten. 57 Prozent dagegen rechnen in diesem Jahr mit einer steigenden Beschäftigungsrate in ihrem Unternehmen.

Ähnliche Bestrebungen zeigt auch der Deutsche Startup Monitor (DSM). Der jährlich veröffentlichte Bericht des Bundesverbands Deutsche Startups e.V. beinhaltet, dass im Jahr 2020 pro Startup durchschnittlich 7,95 neue Mitarbeiter rekrutiert werden sollen. 90 Prozent der befragten Startups wollen Ende 2019 neue Mitarbeiter einstellen. Der Plan ist, insgesamt 13.985 neue Arbeitsplätze in 2020 zu schaffen.

Was kennzeichnet ein Startup?

Um ein Unternehmen als Startup bezeichnen zu können, müssen laut dem Bundesverband Deutsche Startups e.V., einer nationalen Gründungsforschung über das Verhalten von Startups auf dem Arbeitsmarkt, mehrere Merkmale erfüllt sein. Wichtigstes Kriterium ist das Alter des Betriebes - als Startups zählen nur Unternehmen, die jünger sind als zehn Jahre. Außerdem müssen die Unternehmen ein geplantes Mitarbeiter- und Umsatzwachstum vorweisen und/oder Geschäftsmodelle bzw. Produkte haben, die hochinnovativ sind.

Wachsende Bedeutung von Startups auf dem Arbeitsmarkt

Daher sind Startups in Zukunft aufgrund ihrer Innovationsfäihgkeit und Kreativität nicht mehr wegzudenken. Zudem stellen sie in Deutschland wichtige Arbeitgeber dar. Durch den DSM ist ersichtlich, dass die DSM-Startups 2019 kumuliert 24.050 Beschäftigte verzeichnen mit durchschnittlich 13,3 MitarbeiterInnen.

Startups haben Schwierigkeiten im Recruiting-Prozess

Trotz den aktuellen Auswirkungen der Corona-Krise geben viele Startups an, bei der Personalsuche erhebliche Schwierigkeiten zu haben. Laut einer Studie der Wirtschaftsberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) haben 73 Prozent der befragten Unternehmensgründer Schwierigkeiten beim Recruiting, 23 Prozent bezeichnen dieses sogar als "sehr schwierig". Der Bitkom zufolge geben zu Beginn des Jahres fast zwei Drittel der befragten Unternehmen an, offene Stellen zu haben, während der Corona-Krise suchen immer noch 49 Prozent nach geeigneten Mitarbeitern.

Gehalt bei Startups deutlich geringer als in Old Economy

Doch warum gestaltet sich das Recruiting in der Startup-Szene so schwierig? Das Hauptproblem bei der Personalsuche sehen viele Unternehmer in den gravierenden Gehaltsunterschieden zwischen Startup und der klassischen Industrie. In einer Studie von der Gründerszene Karriere wird deutlich, dass in der sogenannten "Old Economy" Beschäftigte ohne Personalverantwortung im Durchschnitt ca. 57.500 Euro pro Jahr erhalten, Arbeitnehmer in einem Startup durchschnittlich nur ca. 41.000 Euro. Noch bedeutender ist der Unterschied in den Führungspositionen. In den klassischen Unternehmen erhalten Beschäftigte in leitender Position ca. 95.800 Euro, Führungskräfte in Startups verdienen durchschnittlich 54.300 Euro. Auch die Prämien fallen in Startups deutlich geringer aus.

Bewerber fliehen zu Großunternehmen

Dies führt laut Bitkom-Präsident Achim Berg häufig dazu, dass die Fluktuationsraten im Startup-Gewerbe sehr hoch seien. Laut Berg entscheiden sich bereits beim Recruiting-Prozess rund 41 Prozent der Kandidaten am Ende für ein größeres Unternehmen. Lösung dieses Problems ist laut dem Bitkom-Präsidenten nur eine Mitarbeiterbeteiligung, von der sowohl die Startups als auch die Mitarbeiter profitieren können. Geeignete steuerrechtliche Bedingungen würden dafür aber im Hinblick auf die Politik noch nicht vorliegen.

Personalsuche über Bauchgefühl scheitert

Ein weiterer Grund für Schwierigkeiten in der Personalsuche bei Startups ist außerdem, dass drei Viertel der Einstellungen nach wie vor auf persönlichen Kontakten und Empfehlungen beruhen. Dadurch läge die Quote der Fehlbesetzungen laut dem PwC Leiter Thomas Kieper im Vergleich zu klassischen Unternehmen viel zu hoch. So wollen sich der PwC Studie zufolge durchschnittlich 20 Prozent der befragten Führungskräfte wieder von ihren gerade eingestellten Mitarbeitern trennen. Nur eine Professionalisierung der Personalprozesses und mehr Vorsicht bei der Mitarbeiterauswahl könne laut Kieper den Recruiting Prozess verbessern und offene Stellen in Startups auch längerfristig besetzt halten.

Redaktion finanzen.net

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