Qualität der Rente

Rentenbeitrittsalter: Führt eine Erhöhung wirklich zur gesundheitlichen Verbesserung?

11.09.23 22:34 Uhr

So wirkt sich eine spätere Rente auf die Gesundheit aus | finanzen.net

Das Rentensystem der Bundesrepublik gerät immer weiter in Schieflage. Während es 1981 noch 2,9 Beitragszahler pro Rentner waren, sollen es laut Prognosen der Deutschen Rentenversicherung im Jahr 2045 nur noch 1,54 Beitragszahler sein. Arbeitgeber fordern die Erhöhung des Rentenbeitrittsalters.

Studie der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Wird die Regelaltersgrenze erreicht, kann eine Regelaltersrente bezogen werden. Seit 2012 steigt die Altersgrenze laut der Deutschen Rentenversicherung schrittweise von 65 auf 67 Jahre. Für alle Geburtenjahrgänge ab 1963 beträgt die Regelaltersgrenze 67 Jahre, beginnend im Jahr 2031.
Die Erhöhung des Rentenbeitrittsalters stellt also eines der wichtigsten politischen Instrumente dar, um mit einer immer älterwerdenden Bevölkerung und den damit einhergehenden Einzahlungsschwierigkeiten zurecht zu kommen.

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Aus diesem Grund untersuchte ein Forschungsteam aus Wissenschaftlern der Universitäten Mannheim und Barcelona die Konsequenzen einer erhöhten Regelaltersgrenze auf die Sterblichkeit. Cristina Bellés-Obrero, Sergi Jiménez-Martín und Han Ye analysierten im Rahmen ihrer Forschungsarbeit im April 2023 Sozialversicherungsdaten vor und nach der Rentenreform von 1967 in Spanien. Es handelte sich dabei um Personen, die zwischen 1938 und 1949 geboren wurden und zu einem beliebigen Zeitpunkt ihres Lebens - bis zum Jahr 2020 - bei der Sozialversicherung gemeldet waren (z. B. beitragszahlende Arbeitnehmer und Rentner).

Die Studie ergab, dass eine Erhöhung des Renteneintrittsalters um ein Jahr das Sterberisiko bei den 60- bis 69-Jährigen um rund 43 Prozent gesteigert hat. Dabei spielte jedoch weniger die Erhöhung selbst eine Rolle, sondern vielmehr andere Faktoren. Die Arbeitsbedingungen hatten dabei einen großen Effekt, da Beschäftigte mit hohen körperlichen, mentalen oder sozialen Anforderungen Stress ausgesetzt waren. Aber auch Personen, die für ihren Beruf weniger Anerkennung erhielten oder das Gefühl hatten, weniger zu leisten, waren besonders betroffen.

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Um das Sterberisiko zu verringern, gilt es laut den Forschern einen schrittweisen Übergang in den Ruhestand sowie Flexible-Rentenregelungen - beispielsweise die Möglichkeit der Teilrente - zu etablieren. Sollte eine Erhöhung des Rentenbeitrittsalters jedoch unvermeidbar sein, so seien insbesondere bessere Gesundheitsvorsorgen und ein allgemein förderliches Arbeitsumfeld relevant.

Studie der Oregon State University

Gegenteilig zu den vorangegangenen Ergebnissen postuliert eine Studie um Dr. Chenkai Wu von der Oregon State University, dass sowohl gesunde als auch gesundheitlich beeinträchtigte Personen von einem längeren Arbeitsleben profitieren. In seiner Studie wurden Angaben zu rund 3.000 Teilnehmern der "Health and Retirement Study" (HRS) ausgewertet. Dabei wurde die Analyse jedoch auf diejenigen Personen begrenzt, die anfänglich noch berufstätig waren und im Jahr 2010 bereits in Rente gingen. Dabei wurden die Probanden in "gesunde" und "ungesunde" Rentner eingeteilt. Hierbei wurde jedoch nur der Gefühlszustand der Teilnehmer betrachtet, nicht aber der tatsächliche körperliche Gesundheitszustand. Obwohl diese Studie zu dem Ergebnis kam, dass ein späteres Rentenbeitrittsalter zu einer geringeren Sterberate und mehr Gesundheit im Lebensalter führt, ist die Glaubhaftigkeit aufgrund des "Survival-Bias" eingeschränkt. Personen die früher in Rente gingen, hatten schlichtweg mehr Jahre bis zum Ende der Erhebung (im Schnitt zehn Jahre). Aufgrund dessen waren Erkrankungen oder Tode wahrscheinlicher als in einem Zeitraum von zwei Jahren.

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Nichtsdestotrotz zeigte auch diese Studie, dass gesunde Rentner einen höheren Bildungsgrad aufwiesen, wohlhabender waren, seltener rauchten, vor allem zu Beginn Sport trieben und weniger übergewichtig waren. Alles in allem besaßen sie also einen gesünderen Lebensstil, der auch das eigene Lebensgefühl positiv beeinflusst.

Viel wichtiger als die Dauer der Berufstätigkeit ist also das allgemeine Wohlbefinden, ein gesunder Lebensstil, eine adäquate Gesundheitsvorsorge und insbesondere ein angenehmes Arbeitsumfeld.

Redaktion finanzen.net

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