Grundsicherung gegen Hartz IV geplant
Mit ihrem neuen Startup möchten drei Jungunternehmer Arbeitslosen eine privatwirtschaftliche Alternative zu Hartz IV anbieten. Eigenen Angaben nach stellt es die erste in diese Richtung dar.
Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung sind immer mehr Menschen bedroht, ihre Jobs zu verlieren. Damit sie aber nicht gleich Hartz IV beantragen und auf eine Alternative ausweichen können, haben sich die drei Jungunternehmer, Angelo Buscemi, Marcel Brassat und Malte Säger, eine besondere Idee ausgedacht. Mit ihrem Startup "ewa" möchten sie Arbeitslosen eine private Versicherung bieten, mittels derer sie Menschen eine Art Grundeinkommen zahlen, bis diese wieder auf eigenen Beinen stehen.
"Grundeinkommen per Versicherung"
Anspruch haben Kunden, die eine betriebsbedingte Kündigung erhalten haben. Durch die private Arbeitslosenversicherung sollen sie davor bewahrt werden, in die Hartz IV-Falle zu geraten und Sanktionen und behördlichen Drangsalierungen ausgesetzt zu sein. Geldleistungen erfolgen nicht im ersten Jahr nach der Arbeitslosigkeit, da das Arbeitslosengeld I aus der staatlichen Arbeitslosenverischerung zunächst eingreift. Durch Sachleistungen wie Weiterbildungsmöglichkeiten und Bewerbungscoachings sollen die Arbeitslosen dabei unterstützt werden, wieder in die Arbeitswelt zurückzufinden.
Außerdem soll sich der Arbeitslose stärker im Bereich Digitalisierung einarbeiten, um den wachsenden Anforderungen des Arbeitsmarktes gewachsen zu sein. Dies sei laut Malte Säger insofern wichtig, als dass "der technische Wandel [...] immer schneller" werde. Viele von Menschen ausgeführte Aufgaben und Arbeitsprozesse werden durch Computer ersetzt, was zu einer höheren Arbeitslosenrate beiträgt.
Sollte es trotz der Weiterbildungen nach wie vor zu keiner neuen Festanstellung kommen, greift ewa ein. Dann bekommt der Kunde im zweiten Jahr der Arbeitslosigkeit ein Grundeinkommen statt des Hartz IV, das er selbst festlegen kann. Höher als das Arbeitslosengeld I kann es allerdings nicht sein. Zudem wird es höchstens zwei Jahre gezahlt. Laut den Unternehmensgründern ist die Idee noch jung und benötigt Kapital. Für ewa wird ein strategischer Partner gesucht, mit dem die Police in den nächsten zwölf Monaten auf den Markt gebracht werden soll.
Ähnliches Konzept wie 1996?
Tatsache ist, dass die private Versicherung eine starke Grundlage braucht, um das Vorhaben durchsetzen zu können. Sollte es in absehbarer Zeit tatsächlich zu einer massenhaften Arbeitslosigkeit kommen, stellt sich die Frage, inwieweit eine private Grundsicherung dem stand halten kann. Die Unternehmer würden vor eine hohe Herausforderung gestellt. Man glaubt sogar, dass das Modell scheitern wird und vergleicht ewa mit der Volksfürsorge aus dem Jahr 1996.
Es stellt sich allerdings die Frage, inwieweit die beiden Modelle miteinander verglichen werden können, denn das Arbeitslosengeld II bzw. Hartz IV gibt es erst seit 2005. Damals herrschten zudem günstigere Bedingungen für Arbeitslose: Nach dem bis zu 32 Monate andauernden Arbeitslosengeld I folgte die unbefristete Arbeitslosenhilfe, die mit 57 Prozent des alten Gehalts begann und mit jedem Jahr um drei Prozent reduziert wurde. Dagegen konnte die Volksfürsorge mit ihren teuren Policen womöglich nicht mithalten.
Außerdem versprechen die Gründer, mit ewa ein vielversprechendes Erfolgsmodell entwickelt zu haben, das es so bislang nicht gegeben hat. Wie Säger in einer Nachricht an finanzen.net schreibt, hätte man in Kooperation mit der FH Dortmund ein auf datenanalytische Technik aufbauendes Risikomodell entwickelt. Mit diesem sollen die Risiken von einzelnen Berufen und betroffenen Regionen schnell erkannt und entsprechend "bepreist" werden. Damit konnten die Unternehmer das Land NRW als finanziellen Förderer und sogar die Bundesagentur für Arbeit als Datenpartner gewinnen. Man darf also gespannt sein.
Redaktion finanzen.net
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