In-vitro-Fleisch: Wie Startups mit Geschmack überzeugen wollen
Startups der Lebensmittelbranche möchten mit im Labor künstlich hergestelltem Fleisch die Fleischproduktion revolutionieren. Die Technologie steckt zwar noch in den Kinderschuhen, besitzt allerdings das Potenzial eine ganze Reihe von Problemen unserer Gesellschaft zu lösen. Bald könnten auch schon die ersten Produkte auf den Markt kommen.
Das Problem mit unserer Ernährung und dem Fleischkonsum
Mit der Art und Weise wie sich unsere heutige Gesellschaft ernährt und wie die dafür nötigen Lebensmittel angebaut und produziert werden, sind viele Probleme verbunden. Ein besonders problembehaftetes Teilgebiet ist dabei der Fleischkonsum. Hält man sich vor Augen, dass laut der Welthungerhilfe noch immer bis zu 828 Millionen Menschen weltweit an Hunger leiden, so ist die Fleischproduktion allein aus Gesichtspunkten der Effizienz alles andere als optimal. Statt Nahrung auf den Feldern anzubauen und diese direkt selbst zu essen, wird diese zuerst massenhaft an Tiere verfüttert, wodurch Unmengen an Energie verloren geht. Darüber hinaus wird durch diese Vorgehensweise deutlich mehr Fläche in Anspruch genommen, die bei einer vegetarischen Ernährungsweise eigentlich für die unmittelbare Nahrungsmittelproduktion genutzt werden könnte.
Zu dem hohen Flächen-, Ressourcen- und Energieverlust, kommt noch der Klimaschaden der Fleischindustrie hinzu. Allein durch das Halten von beispielsweise Kühen gelangen beträchtliche Mengen an Methan in die Atmosphäre, welches ein starkes Treibhausgas ist und den Klimawandel vorantreibt. Neben all diesen Punkten, wäre dann natürlich noch das Tierwohl. Es ist unbestreitbar, dass viele Tiere für unseren Konsum leiden und sterben müssen. Auch wenn von Seiten der Politik, aber auch der Gesellschaft, einige Akteure die Schäden dieser Missstände zumindest lindern möchten, wäre doch aus objektiven Gründen eine vegetarische oder vegane Lebensweise das Beste für alle. Da bei inneren Gelüsten und Verlangen die Rationalität aber oft erst an zweiter Stelle kommt, ist der Fleischverzicht für unzählige Menschen alles andere als leicht. Damit also niemandem der Genuss von Fleisch verwehrt bleiben muss, obwohl man sich aus den oben genannten Gründen gegen den Konsum entschieden hat, kommen immer mehr Alternativen in Form von Fleischersatzprodukten auf den Markt.
Fleischalternativen müssen vor allem mit Geschmack und Konsistenz überzeugen
Da es sich wie bereits erwähnt bei überzeugten Fleischliebhabern vor allem um den Genuss dreht, müssen die Fleischalternativen besonders mit Geschmack und der richtigen Konsistenz überzeugen. Für viele Menschen, die auf Fleisch wegen des persönlichen Bedürfnisses danach nicht verzichten können, sind Ersatzprodukte, die mit dem zugrunde liegenden Fleischprodukt nichts gemein haben, keine Hilfe. Dass bisher eingeführte pflanzliche Alternativen aus Soja, Weizen und Co. anscheinend noch nicht ähnlich genug sind, zeigt laut Gründerszene die Tatsache, dass Ersatzprodukte zwar immer präsenter werden, der Verzehr von tierischen Produkten allerdings nur minimal sinkt.
Um das "Imitationsproblem" zu lösen, gibt es heutzutage Startups, die daran arbeiten, Fleisch künstlich in einem Labor herzustellen. Dieses sogenannte In-vitro-Fleisch wird mithilfe von Stammzellen gezüchtet, ohne dass dafür ein Tier sterben muss. Das auf diese Weise hergestellte Fleisch soll "tatsächlichem Fleisch" zum Verwechseln ähnlich und sowohl vom Geschmack als auch von der Konsistenz eine absolute Kopie sein.
Wie Startups mit Fleisch aus dem Labor die Lebensmittelindustrie revolutionieren möchten
Eines dieser Startups, das mit geschmackvollem In-vitro-Fleisch Fleischliebhaber überzeugen möchte, ist das Leipziger Startup Alife Foods. Das Ziel des Unternehmens ist es, ein Schnitzel herzustellen, ohne dass dafür ein Tier leiden muss. Aufgrund dieser Mission nennt sich Alife Foods auch "The Cultured Schnitzel Company". Damit das Produkt gut bei den Konsumenten ankommt, hält das Startup laut der Website Cleanthinking die Zutatenliste für das Schnitzel bewusst klein. Lange und komplizierte Zusammensetzungen mit vielen verschiedenen Stoffen würden Kunden schließlich nur abschrecken. Das Labor-Schnitzel bestehe deshalb nur aus kultiviertem Rindfleisch auf Basis von Myosatelliten- und Muskelzellen von Kühen, Weizeneiweiß, Panade (Weizenmehl gemischt mit Pflanzenöl) und Methylcellulose, ein Cellulosederivat, das als Emulgator bzw. Verdickungsmittel verwendet wird. Partner von Alife Foods sind der Gewürzkonzern Fuchs, der dem Fleisch den richtigen Geschmack verleihen soll, und das US-amerikanische Unternehmen Lab Farm Foods, das die nötigen Zellkulturen liefert. Das Schnitzel könnte laut Gründerszene schon 2025, spätestens aber 2027, auf den Markt kommen.
Ein weiteres von Deutschen geführtes Startup auf diesem Gebiet ist nach Angaben von Gründerszene Mooji Meats. Es wird von der ehemaligen Unternehmensberaterin Insa Mohr und Professor Jochen Müller geleitet und ist Teil des US-Accelerators Y Combinator. Anders als Alife Foods planen Mohr und Müller, ihr In-vitro-Fleisch über einen 3D-Drucker zu drucken. Mittels pflanzlichem Material und Laborfleischzellen könnten "echte" Fleischprodukte, wie beispielsweise Steaks, einfach gedruckt werden. Die resultierende Konsistenz spielt dabei eine besondere Rolle. Laut Gründerszene soll eine spezielle Drucktechnologie, die auf mehrere "Nozzle", also Druckköpfe, setze, das Geheimnis des Startups sein. Mit dem Vorgehen wolle man um ein Vielfaches schneller und günstiger sein als die Konkurrenz. Bis das erste Produkt von Mooji Meats auf den Markt kommt, würde es aber noch mindestens ein Jahr dauern.
Nicolas Flohr / Redaktion finanzen.net
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