Wiedereingliederung nach Krankheit: So kann man sich auf die Rückkehr vorbereiten
Berufliche Wiedereingliederung nach einer längeren Krankheitsphase benötigt besondere Strukturen. Welche Planungsschritte Arbeitnehmer beachten müssen, wurde im Folgenden recherchiert.
Die stufenweise Wiedereingliederung von Arbeitnehmern, die sich aufgrund einer längeren krankheitsbedingten Phase der Arbeitsunfähigkeit dazu gezwungen sahen, ihrer Tätigkeit fernzubleiben, wird im Volksmund auch als "Hamburger Modell" bezeichnet und ist in Paragraph 74 des Sozialgesetzbuch (SGB) festgehalten.
Das Hamburger Modell
Menschen, die aufgrund langwieriger oder chronischer Erkrankungen über längere Zeiträume hinweg als arbeitsunfähig gelten bzw. galten, haben es beruflich besonders schwer. Laut Bundesregierung müssen deutschlandweit jährlich trotzdem mehrere Hunderttausend Beschäftigte ihr Anstellungsverhältnis verlassen, um sich in ärztliche Hilfe begeben zu können, was in der Regel zu längeren beruflichen Fehlzeiten führt. Als häufige Ursachen dafür gelten neben Muskel-, Skelett- und Atemwegserkrankungen auch psychische Leiden, wie Depressionen oder Erscheinungen des Burnout-Spektrums. Die stufenweise Wiedereingliederung von Betroffenen, kurz StW, wird auch "Hamburger Modell" genannt und gilt als freiwillige Maßnahme zur Verkürzung der Arbeitsunfähigkeitsdauer nach längerer oder schwerer Krankheit. Empfohlen wird ihre Umsetzung in der Regel durch das Akutkrankenhaus, die Rehabilitationseinrichtung oder den behandelnden Arzt der Betroffenen. In Anspruch genommen werden kann die StW sowohl durch Arbeitnehmer als auch durch Beamte und Richter.
Abgrenzung zum betrieblichen Wiedereingliederungsmanagement
Anders als das betriebliche Wiedereingliederungsmanagement, kurz BEM, gilt das Hamburger Modell als freiwillige Maßnahme.
Beim BEM handelt es sich um ein gesetzlich verpflichtendes Verfahren des HR Managements, welches darauf abzielt, die Fehlzeiten erkrankter Mitarbeiter zu verringern und diese wieder in die betrieblichen Abläufe einzugliedern. Der BEM-Prozess wird ab einer krankheitsbedingten Abwesenheitsperiode von sechs Wochen angestoßen, indem Betroffene zu einem BEM-Gespräch eingeladen werden. Liegen langfristige Erkrankungen vor, soll das BEM sowohl zum Erhalt der Arbeitsplätze erkrankter Mitarbeiter dienen, als auch deren erneuter Arbeitsunfähigkeit vorbeugen, indem eine angrenzende Maßnahme - das betriebliche Gesundheitsmanagement, kurz BGM - eingeleitet wird.
Das Konzept des Hamburger Modells kann auf freiwilliger Basis angewendet werden und richtet sich nach der körperlichen respektive seelischen Verfassung der Betroffenen. Die Dauer erstreckt sich normalerweise über einen Wiedereingliederungszeitraum von sechs Wochen bis sechs Monaten, kann jedoch je nach individueller Konstitution auf bis zu zwölf Monate verlängert werden. Das Ziel des Hamburger Modells besteht darin, die volle Arbeitsleistung von Mitarbeitern stufenweise wiederherzustellen, indem sie Schritt für Schritt an die Wiederaufnahme der Tätigkeit herangeführt werden.
Der Stufenplan des Hamburger Modells
Die Vorgehensweise für das Hamburger Modell wurde durch die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation vorgeschlagen und enthält sämtliche Schritte, die der Rückkehr in die bisherige Tätigkeit dienen. Begleitet durch ärztliche Untersuchungen, wird die Arbeitsbelastung im Zuge der Umsetzung dabei in der Regel kontinuierlich erhöht. Der Stufenplan sieht eine Festlegung des Beginns und der Beendigung der Maßnahme vor, sowie die Ausführung näherer Informationen zu den verschiedenen Stufen, die dazwischen liegen. Weiterhin besteht ein Rücktrittsrecht vor dem vereinbarten Ende, wenn der Abbruch begründet werden kann. Betroffene können während der Umsetzung der Maßnahme Bestimmungen des Arbeitsvertrags ruhen lassen, um ihre Tätigkeit schrittweise wiederaufnehmen zu können, sowie bestimmte begleitende Maßnahmen zur Unterstützung des Wiedereingliederungsprozesses festlegen. Das Ende der Wiedereingliederung ist erreicht, sobald Betroffene wieder voll belastbar sind. Ein Abbruch der Maßnahme führt zur erneuten Einstufung als arbeitsunfähig.
So gelingt die Umsetzung des Hamburger Modells
Das A und O einer gelungenen Wiedereingliederung ist die Kommunikation zwischen sämtlichen Beteiligten, also zwischen Betroffenen, Arbeitgebern, Teammitgliedern sowie der Krankenkasse. Als entscheidender Faktor gilt dies im Besonderen bei Arbeitnehmern mit Burnout-Erkrankungen, deren Ursachen offen zur Sprache gebracht werden sollten, wenn es um den Erhalt der Gesundheit geht. Besteht kein Kommunikationsfluss sind Rückfälle, die zu erneuten Arbeitsunfähigkeitsphasen führen können, nicht auszuschließen. Somit ist das Einholen von Feedback durch den Arbeitgeber ein wichtiger Faktor im Rehabilitationsprozess - ein Parameter, der außerdem Wertschätzung signalisiert. Optimistische Arbeitnehmer, die wissen, dass sie sich auf ihr Unternehmen verlassen können, wenn sie es brauchen, haben die besten Chancen auf vollständige Wiedereingliederung in den Berufsalltag.
Inna Warkus / Redaktion finanzen.net
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