Brexit-Beben bei Versicherern: So viele Milliarden fließen von London in die EU
Die Ungewissheit des Brexit lastet auf vielen Branchen. Auch für den britischen Versicherungssektor wird es ernst: Aufgrund einer Anweisung der zuständigen EU-Aufsichtsbehörde findet unter Versicherern ein Exodus in die EU statt. So entgehen Großbritannien Milliarden.
• Brexit sorgt in Versicherungsbranche für massive Abflüsse
• EU-Anweisung macht EU-Zweigstellen nötig
• Großbritannien muss um bedeutende Rolle im Versicherungssektor fürchten
Brexit-Chaos hält Welt in Atem
Dass der Brexit alle Lebensbereiche durchdringt, dürfte seit den zahlreichen Überlegungen, wie der Austritt aus der Europäischen Union genau vonstattengehen soll, mehr als klar sein. Nach wie vor ist keine Lösung gefunden. Dabei sorgt insbesondere das politische Tauziehen zwischen der britischen Regierung und dem Parlament für Unsicherheit. So will der frisch gebackene britische Premier Boris Johnson um jeden Preis eine Verlängerung der Brexit-Frist verhindern und wenn nötig einen harten Brexit herbeiführen, um seine Verhandlungsposition gegenüber der EU zu verbessern. Auf der anderen Seite steht die Mehrheit im britischen Unterhaus, die einen Austritt aus der EU wiederum unbedingt verhindern möchte. Unterdessen zeigt sich die EU nicht gewillt, das mit Johnsons Vorgängerin ausgehandelte Brexit-Abkommen noch einmal neu zu verhandeln. Der Stein des Anstoßes bei diesem Abkommen: Der sogenannte Backstop, eine offene Grenze zwischen Irland und Nordirland. Wie der Konflikt ausgehen wird, bleibt weiter ungewiss.
Britische Versicherer wappnen sich für den Fall der Fälle
Komme was wolle, die verschiedenen Branchen Großbritanniens müssen sich auf den EU-Austritt für die Frist am 31. Oktober 2019 vorbereiten. Dies schlägt im britischen Versicherungssektor große Wellen: So berichtete jüngst Bloomberg, dass 62 Milliarden Britische Pfund aufgrund des Brexit nach Kontinentaleuropa wechseln. Hintergrund ist eine Anweisung des Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersvorsorge, kurz EIOPA. Diese besagt, dass alle im Vereinten Königreich ansässigen Versicherer ihre Versicherungspolicen, die von europäischen Kunden abgeschlossen wurden, in einen EU-Standort transferieren müssen. Dies hat zur Folge, dass ein Großteil des britischen Versicherungsgeschäfts von London in andere EU-Finanzzentren abwandert. Dieser Umzug ist vielerorts bereits geschehen, wobei die Länder Belgien, Luxemburg und Irland am meisten davon profitieren. Oft, weil die Versicherer dort schon eine Zweigstelle haben. Dabei wird von der EU jedoch auch darauf geachtet, dass es sich bei den europäischen Filialen um echte Zweigstellen und um keine Briefkastenfirmen handelt.
Vorbei mit der führenden Rolle Großbritanniens bei Versicherungen?
Für Großbritannien bedeutet der Umzug der Versicherungen in die EU auch einen erheblichen Verlust von Steuereinnahmen. Denn für jede Versicherungspolice wird im Vereinten Königreich eine Steuer fällig, diese wird fortan in die EU fließen. Aber nicht nur Geld, auch die nötige Expertise dürfte auf lange Sicht von Großbritannien in die EU wechseln, meint Clifford Chance LLPs Hilary Evenett gegenüber Bloomberg: "Im Laufe der Jahre kann man erahnen, dass auch andere Länder diese Expertise vor Ort entwickeln werden". So könnte die Versicherungsbranche, die derzeit ein Zehntel des weltweiten Versicherungssektors ausmacht, künftig immer mehr an Bedeutung verlieren. Nach einem Brexit am 31. Oktober 2019 dürften noch fünf Milliarden Britische Pfund in Großbritannien verbleiben, besagt der Juli-Financial Stability Report der Bank of England.
Redaktion finanzen.net
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