Minusstunden: Anordnung durch den Arbeitgeber rechtens?
Das Arbeitszeitkonto perfekt auszutarieren, ist nicht immer möglich. Schwankungen im Über- oder auch Minusstundenbereich können sich im Alltag schnell einschleichen. Doch darf der Arbeitgeber auf Minusstunden bestehen?
Voraussetzung ist ein Arbeitszeitkonto
Für die Erfassung des genauen Arbeitsumfangs bedarf es nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts im September 2022 ein Arbeitszeitkonto, welches mithilfe eines Arbeitszeiterfassungssystems die genaue Anzahl der Über- oder Minusstunden aufzeigt. Die Führung eines Arbeitszeitkontos muss im Voraus durch den Arbeitnehmer schriftlich - beispielsweise im Arbeitsvertrag - abgesegnet werden. Außerdem muss laut der Kanzlei Chevalier die Möglichkeit von Minusstunden im Arbeitsvertrag aufgeführt werden.
Klare Regeln für die Entstehung von Minusstunden
Die Gründe für verringerte Arbeitsstunden können vielfältig sein und sowohl im Unternehmen als auch im Arbeitnehmer verankert sein. Doch nicht immer sind Minusstunden die Konsequenz. Denn es existieren zahlreiche Gründe, die außerhalb des Wirkungsbereichs des Arbeitnehmers liegen - in solchen Fällen darf der Arbeitgeber laut der Kanzlei keine Minusstunden anrechnen. Neben krankheitsbedingten Ausfällen des Arbeitnehmers zählen auch betriebliche Umstände wie Mangel an Arbeit aufgrund saisonaler Schwankungen dazu.
Damit also tatsächlich Minusstunden entstehen können, müssen die Ursachen eindeutig auf den Arbeitnehmer zurückzuführen sein. Verspätetes Erscheinen auf der Arbeit, früher Feierabend oder eine verlängerte Mittagspause stellen Beispiele hierfür dar.
Klare Regeln für die Anordnung von Minusstunden
Angeordnete Minusstunden bedürfen ebenfalls einer klaren Regelung und sind nur unter bestimmten, im Vorhinein schriftlich festgelegten Voraussetzungen zulässig, so die Kanzlei. Dabei sollten die Umstände und der Umfang der Minusstunden sowie Möglichkeiten zum Abbau definiert werden. Eine Niederschrift der Regelungen im Arbeits- oder Tarifvertrag beziehungsweise in Betriebsvereinbarungen sei zwingend notwendig.
Unrechtmäßig verbuchte Minusstunden können dem Arbeitgeber teuer zu stehen kommen, wie die Beklagte eines Urteils vom 25.10.2023 vor dem Arbeitsgericht Gera (Az.: 4 Ca 117/23) zu spüren bekam. Der Arbeitnehmer bekam die 44,4 Stunden Arbeitszeit gutgeschrieben: Damit verdeutlicht die Entscheidung des Arbeitsgerichts laut Rechtsanwälte Kotz GbR, "dass ohne eine klare und deutliche Regelung in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung keine Minusstunden angerechnet werden dürfen."
Möglichkeiten zum Stundenaufbau
Der Kanzlei Chevalier zufolge ist "zu beachten, dass die Handhabung und die Konsequenzen von Minusstunden stark von den gesetzlichen Regelungen, den vertraglichen Vereinbarungen und der betrieblichen Praxis abhängen." So werden Arbeitnehmer entweder aufgefordert, die Minusstunden in einem festgelegten Zeitraum aufzuarbeiten oder sie können mit dem Urlaub verrechnet werden. In seltenen Fällen können sie sogar erlassen werden.
Redaktion finanzen.net
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