Verkehrschaos durch Streik: Muss man trotzdem bei der Arbeit erscheinen?
Angestellte sind laut Gesetz in der Verantwortung, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen - doch was, wenn die Angestellten im öffentlichen Nahverkehr streiken? Wann Arbeitnehmer wegen Streiks tatsächlich zu Hause bleiben dürfen, ist nicht immer klar geregelt.
Streiks sind oft vorhersehbar - Angestellte müssen den längeren Weg in Kauf nehmen
"Grundsätzlich sind die Beschäftigten verpflichtet, dafür zu sorgen, dass sie pünktlich auf der Arbeit erscheinen. Diese Verpflichtung besteht trotz Streik", erklärt Rechtsberater Ingo Kleinhenz auf der Website der Arbeitnehmerkammer Bremen. Das erklärt auch Rechtsanwältin Nathalie Oberthür gegenüber dem Nachrichtenportal web.de. Solange der Streik - wie in der Regel üblich - im Vorhinein angekündigt wurde, liege die Verantwortung, pünktlich zu sein, beim Arbeitnehmer. Dabei spiele es auch keine Rolle, ob dieser in der Stadt oder auf dem Land lebt: "Zur Not müssen Arbeitnehmer auf eigene Kosten ein Taxi nehmen, auch das ist zumutbar", so die Expertin. Lediglich bei unvorhersehbaren Ereignissen wie unangekündigten Streiks könne vom Arbeitnehmer nicht verlangt werden, pünktlich im Büro zu erscheinen.
Das "Wegerisiko" liegt bei den Angestellten
Etwas detaillierter in die Materie geht die Gewerkschaft ver.di auf ihrer Website für Bildung und Beratung. Dort heißt es: "Generell kann jedoch nicht verlangt werden, dass der Arbeitnehmer am Vorabend anreist und im Hotel übernachtet" - an dieser Stelle ende das sogenannte "Wegerisiko" des Arbeitnehmers.
Kurz gesagt: Angestellte sind in jedem Fall dazu verpflichtet, ihr Bestes zu tun, pünktlich bei der Arbeit zu erscheinen - auch dann, wenn der Weg durch einen Streik erschwert wird. Wer es nicht pünktlich zur Arbeit schafft, sollte außerdem in jedem Fall frühzeitig den Arbeitgeber über die Verspätung oder den Ausfall informieren. Wird der Arbeitgeber nicht informiert, kann dies später im Zweifelsfall als eine Verletzung der Vertragspflichten betrachtet werden, was im Ernstfall wiederum zu einer Abmahnung führen kann.
"Ohne Arbeit kein Lohn" - wer später anfängt, kriegt weniger Geld
Wichtig zu kennen ist außerdem das Prinzip "Ohne Arbeit kein Lohn". Dieses besagt, dass Angestellte nur für die tatsächlich gearbeiteten Stunden bezahlt werden - sofern nicht ein Krankheitsfall oder eine ähnliche Ausnahme vorliegt. Wird also wegen eines angekündigten Streiks mit dem Arbeitgeber vereinbart, dass man nicht zur Arbeit kommt, erhält man für diesen Tag auch keinen Lohn.
Um diesen Fall zu vermeiden, kann mit dem Arbeitgeber, insbesondere seit der durch die Pandemie entstandene Home-Office-Welle, in der Regel individuell vereinbart werden, dass Angestellte am Streiktag von zu Hause arbeiten dürfen. Wichtig ist hier nur, dies unbedingt im Vorfeld abzusprechen. Wie web.de berichtet, müssten Arbeitgeber laut Oberthür im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht dazu verpflichtet sein, ihren Angestellten im Streikfall die Arbeit aus dem Home-Office zu ermöglichen. Eine Rechtsprechung dazu gebe es jedoch bislang nicht - Angestellte können sich hier also nicht auf klare Regelungen verlassen.
Redaktion finanzen.net
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