Altersvorsorge

Studie: Viele junge Leute halten Sparen für den Ruhestand momentan für sinnlos

13.04.22 23:29 Uhr

Studie: Viele junge Leute halten Sparen für den Ruhestand momentan für sinnlos | finanzen.net

Von der Corona-Krise ist die Weltgemeinschaft ohne Atempause in die Inflation und den Ukraine-Krieg hineingeschlittert. Seit mehr als zwei Jahren befindet sich deshalb die globale Wirtschaft nicht mehr in ruhigem Fahrwasser. Für viele junge Leute soll das laut einer Studie von Fidelity Investments zu großen Sorgen bezüglich ihrer Altersvorsorge führen.

Mit der Studie 2022 State of Retirement Planning untersucht das Finanzdienstleistungsunternehmen Fidelity Investments das Ausmaß der Vorbereitungen, die Amerikaner getroffen haben, um ihre Ruhestandsziele zu erreichen. Nach eigenen Angaben konzentriere sich die Analyse auf die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und deren sozioökonomischen Dominoeffekte auf die Ruhestandsvorsorge - einschließlich der klugen und eventuell nicht so klugen Entscheidungen, die in dieser Zeit getroffen wurden. Insgesamt wurden für die Erhebung 2.622 erwachsene US-Amerikaner online befragt. Sämtliche Teilnehmer sind zwischen 1946 und 2004 geboren und sollen daher die Generationen der Baby-Boomer (1946-1964), der Gen X (1965-1980), der Millennials (1981-1996) und der Gen Z (1997-2004) abdecken.

Die Sorgen der US-Amerikaner um ihre Renten

Die 2022 State of Retirement Planning Studie beginnt mit guten Nachrichten. Insgesamt sehen sich 79 Prozent der Amerikaner in der Lage, ihren Ruhestand zu beginnen wie und wann sie wollen. Außerdem glauben 65 Prozent der Befragten, dass 2022 das Jahr werde, in dem wir die Corona-Pandemie hinter uns lassen und uns von stärker auf die Zukunft fokussieren können.
Jeder vierte sagte aber auch, dass er aktuell weniger zuversichtlich sei als noch vor zwei Jahren. Besonders große Bedenken haben offenbar Personen der jüngeren Generationen. Von ihnen gaben 55 Prozent an, dass sie ihre Planungen für den Ruhestand während der Pandemie komplett auf Eis gelegt hätten. 39 Prozent denken, dass sie wegen der Geschehnisse der vergangenen zwei Jahre wahrscheinlich später als erwartet in Rente gehen können. 45 Prozent sehen aufgrund der aktuellen Situation sogar überhaupt keinen Sinn darin, für die Altersvorsorge zu sparen. Sie möchten erst wieder anfangen Geld zur Seite zu legen, wenn sich die Dinge normalisiert haben.

Was in diesem Fall genau unter der Rückkehr zur Normalität verstanden wird, definiert Fidelity Investments nicht. Es lässt sich jedoch annehmen, dass der Status Quo vor der Corona-Pandemie als "normal" empfunden wird. Bis dieser also nicht wieder eingetreten ist, wollen fast die Hälfte der 18- bis 35-jährigen US-Amerikaner nicht für den Ruhestand sparen. Eine potenziell gefährliche Entscheidung, die dazu führen könnte, dass ein erheblicher Teil von ihnen nicht ausreichend für die eigene Rente vorsorgt. 21 Prozent gaben sogar an, aus ihrer privaten Altersvorsorge Geld entnommen zu haben.

Die Inflation als Investmentrisiko

Insgesamt sind 71 Prozent der von Fidelity befragten Personen sehr besorgt über die Auswirkungen der Inflation auf ihre Pensionsvorbereitungen. Die Inflation führt generationsübergreifend zu großem Kopfzerbrechen und es ist nachvollziehbar, dass die jungen Studienteilnehmer nicht wissen, wie sie aktuell für ihren Ruhestand vorsorgen sollen. Nicht nur steigen die Preise und die Kosten für den Lebensunterhalt an, auch Investitionsentscheidungen gestalten sich zunehmend schwieriger.

Wie die Nachrichtenseite MarketWatch erklärt, bestehen Altersvorsorge-Portfolios grundsätzlich aus Aktien und Anleihen. Theoretisch entwickle sich das eine immer dann gut, wenn das andere schlecht abschneide. In Zeiten hoher Inflation würde dieser Mechanismus allerdings ausgehebelt werden. Beide Anlagen könnten hier simultan deutlich an Wert verlieren. Investoren hätten dies in den hochinflationären 1970er Jahren am eigenen Leib erleben können. Von 1967 bis 1981 haben MarketWatch zufolge Investitionen in den S&P 500 nahezu 25 Prozent ihrer Kaufkraft verloren. Anlagen in zehnjährige US-Staatsanleihen sei es nicht viel besser ergangen: Diese verloren ein Drittel ihrer Kaufkraft. Der finanzielle Schaden war für die Sparer groß. Statt ihr Geld in der genannten Zeitspanne bei einer durchschnittlichen Rendite von fünf Prozent pro Jahr in realer Kaufkraft zu verdoppeln, schrumpften ihre Ersparnisse auf nicht einmal ein Drittel des erwarteten Wachstums. Rentner, die von den Anlagen leben mussten, traf der Wertverlust noch härter als Sparer, die die Talfahrt noch aussitzen konnten.

Welche Investitionen sind gegen die Inflation abgesichert?

Angesichts dieses Risikos fragen sich viele Anleger, welche Investments sicher vor der Inflation sind. Eine pauschale und eindeutig richtige Antwort auf die Frage gibt es nicht. Laut MarketWatch sollten hier eigentlich inflationsgeschützte Anleihen, auch Treasury Inflation-Protected Securities oder TIPS-Anleihen genannt, ins Spiel kommen. Diese seien mittlerweile aber so teuer, dass man sie kaum mehr als inflationsgeschützt bezeichnen könne. Tatsächlich würden die meisten TIPS-Anleihen pro Jahr weniger als die offizielle Inflationsrate auszahlen.

Als Alternative könne man in Gold investieren. Ob sich dieses aber während der Inflation garantiert gut entwickelt, ist unklar. Nur weil es in den 70er Jahren gut lief, muss das nicht auf die heutige Lage zutreffen, da sich seitdem vieles geändert hat und die wirtschaftlichen Bedingungen heute ganz anders sind. Weitere mögliche Anlagen sind Immobilien und Rohstoffe. Über REITS, ETFs, Aktien oder Derivate können Investoren ihr Geld in diese Vermögenswerte fließen lassen. Doch auch hier ist Vorsicht geboten. Besonders Rohstoffe sich durchaus volatil. Über kurze Zeiten können sie boomen, aber danach auch wieder stark sinken. Langfristig seien sie MarketWatch zufolge außerdem ein tendenziell schlechtes Investment, da sie keine Erträge generieren und über die Zeit bei geringer Inflation eher an Wert verlieren. Es bleibt also schwierig, sein Geld richtig zu investieren.

Nicolas Flohr / Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Daniela Staerk / Shutterstock.com, Birgit Reitz-Hofmann / Shutterstock.com