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Börsen im Crash-Test: Die fünf größten Risikofaktoren für Anleger

16.08.18 01:00 Uhr

Börsen im Crash-Test: Die fünf größten Risikofaktoren für Anleger | finanzen.net

Zehn Jahre nach der Finanzkrise trauen viele Anleger dem ungewöhnlich lang anhaltenden Aufschwung nicht mehr. Steht der nächste Crash schon bevor? Der Risiko-Check.

Werte in diesem Artikel

von J. Groß, A. Hohenadl und T. Strohm, Euro am Sonntag

Die Banker mit den Pappkartons - es gibt wohl kein anderes Motiv, das so sehr zum Symbol der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008 geworden ist. Am 15. September jährt sich die Insolvenz von Lehman Brothers, der einst viertgrößten Investmentbank der USA, zum zehnten Mal. Dutzende gefeuerte Angestellte verließen damals die New Yorker Zentrale der Bank mit ihren Habseligkeiten. Sie mussten vorbei an Scharen von Foto­grafen und Kamerateams, die Bilder für einen Tag suchten, an dem der Dow-­Jones­-Index gleich zur Eröffnung um 300 Punkte in die Tiefe rauschte. Der DAX, der zu Jahresanfang 2008 noch an der 8.000-Punkte-Markte gekratzt hatte, fiel am Tag nach der Lehman-Pleite auf 5.965 Punkte.

Reichlich neue Krisenherde

Heute notieren die Kurse von deutschen und amerikanischen Aktien weit von diesem Jammertal entfernt. Der DAX hat sich seit seinem Tief im März 2009 mehr als verdreifacht. Der US-Index markierte vergangene Woche gar ein Allzeithoch. Er hat sich seit März 2009 verfünffacht.Viele Anleger fragen sich, ob die Luft hier nicht langsam dünn wird. Heftige Reaktionen wie der 20-Prozent-Sturz bei Facebook vor einigen Tagen zeigen die Nervosität an den Märkten. Krisenherde gibt es schließlich genug: "Derzeit ist alles überbewertet, Aktien, Rohstoffe, Gewerbeimmobilien. Große Sorgen mache ich mir wegen der Höhe der Staatsschulden und wegen des Währungsrisikos", sagt beispielsweise Sheila Bair, während der Finanzkrise Chefin der US-Einlagensicherung. Dazu kommt ein sprunghafter amerikanischer Präsident, der Handelskonflikte schürt und verfeindeten Nationen unverhohlen droht. Und ein Europa, in dem Populisten an Einfluss gewinnen, die wenig Interesse an der Union und vor allem an den von ihr auferlegten Sparzwängen haben. Könnte einer dieser Faktoren wirklich einen neuen Crash auslösen? Genau das versucht €uro am Sonntag auf den folgenden Seiten zu analysieren.

Frühe Anzeichen

Damals, vor zehn Jahren, hätte man den großen Knall eigentlich kommen sehen können: Bereits ein Jahr zuvor, im Sommer 2007, war die Subprime-Krise hochgekocht. Immer mehr US-Bürger konnten ihre Immobilienkredite nicht mehr bedienen, als die Zinsen stiegen. Die verschachtelten Derivate-Konstruktionen, mit denen die Banken diese Kredite untereinander handelten, flogen den Geldinstituten schon Monate vor Lehman um die Ohren. Doch offenbar sorgte erst die Insolvenz der einst von deutschen Einwanderern gegründeten Bank Lehman Brothers für richtige Panik an den Märkten, nachdem zuvor Bear Stearns, Merrill Lynch sowie die beiden Hypothekenriesen Fannie Mae und Freddie Mac unter Beteiligung der US-Regierung gerettet worden waren.



Zugegeben, im Rückblick lässt sich dieses Muster leicht erkennen. Allerdings sieht es zehn Jahre später nicht unbedingt so aus, dass daraus gelernt wurde. "Viele leiden offenbar an Amnesie und können sich nicht mehr daran erinnern, was wir durchgemacht haben, warum es starke Aufseher braucht und warum Banken ordentliche Kapitalpuffer haben müssen", schimpft dieser Tage Henry Paulson. Der US-Finanz­minister des Jahres 2008 spielt damit auf die von Donald Trump geplanten oder bereits realisierten Lockerungen der Finanzmarktregulation an.

"Die Zutaten zu einer neuen Blase und Finanzkrise sind da", resümiert auch die Landesbank Baden-Württemberg. Besonders in den enorm gestiegenen Schulden weltweit sehen Volkswirte einen großen Risikofaktor. Sie machen Länder anfälliger gegenüber externen Schocks. Was bisher fehlt, ist ein konkreter Auslöser, der die - bis dato ziemlich ­resiliente - Stimmung an den Märkten kippen lassen kann. Es gehört zum Wesen einer Krise, dass so ein Anlass für die große Mehrheit der Marktteilnehmer überraschend kommt und nicht vorhersehbar ist. Die Risiken zu kennen und sein Depot unter Berücksichtigung der eigenen Verlustgrenzen entsprechend aufzustellen, das ist der beste Schutz vor dem nächsten Crash.

Risikoanalyse und Anlagetipps

Die Redaktion hat deshalb fünf Pro­blemfelder - Schulden, Banken, den Handelsstreit, eine mögliche Rezession in den USA und geopolitische Konflikte - analysiert und auf ihre Gefährlichkeit überprüft. Gleichzeitig geben wir Ihnen Hinweise, wie Sie Vermögen absichern können, beziehungsweise möglichst krisenfest ein solches aufbauen. Denn auch wenn Kursstürze schmerzen und viele Anleger sie nur schwer ertragen können - die Finanzkrise von 2008 war ebenso wie die Euroschuldenkrise 2011 ein exzellenter Einstiegszeitpunkt für langfristig orientierte Anleger.

Handelskrieg:
Trump gegen die Welt

Zehn Prozent? Nein, besser 25 Prozent. US-Präsident Donald Trump ist nicht kleinlich, wenn es um die Höhe von Sonderzöllen geht. Seinen Handelsbeauftragten wies er Anfang August an, einen Sonderzoll von 25 Prozent auf chinesische Einfuhren im Umfang von 200 Milliarden Dollar zu prüfen. Ursprünglich waren zehn Prozent avisiert. Pekings Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Chinas Regierung kündigte an, bestimmte Importe aus den USA im Handelsvolumen von 60 Milliarden Dollar mit neuen Abgaben von bis zu 25 Prozent zu belegen.

Das ist nur eine der jüngsten Episoden in Trumps Vorhaben, das riesige Defizit seines Landes im Handel mit China und anderen Nationen zu verringern. Auch europäischer Stahl ist ­bereits von US-Sonderzöllen ­betroffen. Und auf Autos vom ­Alten Kontinent gibt es solche Abgaben nur deshalb nicht, weil sich die Europäer verpflichtet haben, künftig mehr Sojabohnen und Flüssiggas aus den Vereinigten Staaten zu importieren.

Die protektionistische Politik Trumps artet in einen globalen Handelskrieg aus. Das befürchten zumindest zahlreiche Ökonomen. "Ein ausgewachsener Handelskrieg würde die Export­erlöse und das Wachstum beeinträchtigen, die weltweiten Lieferketten unterbrechen und letztlich auch die Risikobereitschaft der Anleger reduzieren", meinen etwa die Experten von Goldman Sachs Asset Management (GSAM).

Die USA schaden sich selbst

Doch für die Vereinigten Staaten zeigen sich bisher nicht die erwünschten Effekte. Im Gegenteil. Das US-Defizit im Handel ist im Juni so kräftig wie seit über anderthalb Jahren nicht mehr gestiegen. Und Unternehmen in den USA, die auf Importgüter angewiesen sind, macht die Verteuerung zu schaffen. Zudem klagen US-Farmer, dass wegen chinesischer Sonderzölle ihre Exporte einbrechen. So schaden sich die USA mit dem Aufstellen neuer Zollschranken in einer globalisierten Welt auch selbst. Es ist deshalb fraglich, ob Trump den Handelskrieg wirklich auf die Spitze treiben will.

Anleger sollten das Thema jedenfalls mit kühler Distanz und einem Blick auf die Relationen betrachten. Denn wie die GSAM- Experten ausgerechnet haben, betreffen die angekündigten US-Zölle nur zwei Prozent der chinesischen Exporte und 0,4 Prozent des chinesischen Brutto­inlandsprodukts. Anders ausgedrückt: Die Zollabgabe von 25 Prozent entspricht 0,1 Prozent des chinesischen BIP.

Neue Zollschranken sind gewiss nicht gut für die weltwirtschaftliche Entwicklung. Doch noch sind ihre ökonomischen Folgen überschaubar. Zumal auch in China und vielen anderen Schwellenländern der Inlandskonsum eine zunehmend wichtigere Rolle spielt.

Fazit: Ein Handelskrieg beeinträchtigt zweifellos die Weltwirtschaft, und die Stimmung leidet. Doch die Auswirkungen sind noch überschaubar.

Rezession:
Trübere Aussichten

Die schönste aller Investmentwelten mit global synchronem Aufschwung und weltweit expansiver Geldpolitik der Notenbanken ist vorbei. Die Lage in Europa und einigen Schwellenländern hat sich schon eingetrübt. Und in den USA läuft die Wirtschaft zwar auf Hochtouren, aber auch dort ziehen Wolken am Horizont auf.

Der Aufschwung in den USA hat im Juli 2009 begonnen, ist somit bereits im zehnten Jahr. Das macht ihn zum zweitlängsten Aufschwung seit dem Zweiten Weltkrieg - was zeigt, wie ungewöhnlich lange die Wirtschaftsleistung in den Vereinigten Staaten nun schon wächst.

Allein das nährt die Sorge, dass die nächste Rezession drohen müsse. "Einfach nur aus Altersgründen hat sich in der Vergangenheit nur sehr selten eine Rezession entwickelt", meint Hans-Peter Kuhlmann, Analyst bei der LBBW. Zu einer rezessiven Entwicklung haben vielmehr steigende Zinsen und restriktivere Zentralbanken oder hohe Rohstoffkosten und steigende Inflationsraten geführt. Bei einer anziehenden Teuerung in den USA erhöhte die Fed die Zinsen, um die Wirtschaft abzukühlen und die Inflation wieder unter Kontrolle zu bekommen. "Meist hat sie es dabei übertrieben, sodass der Zyklus zu Ende ging und es zu einer Rezession kam", sagt Anlagestratege James Swanson von MFS Investment Management.

Zinskurve sendet Alarmzeichen

Als guter Frühindikator für eine Rezession gilt der Abstand zwischen kurz- und langfristigen Zinsen, meist werden dabei zwei- und zehnjährige Papiere verglichen. Derzeit bringen US-Staatsanleihen mit zwei Jahren Laufzeit rund 2,6 Prozent, das ist doppelt so viel wie vor zwölf Monaten. Zehnjährige Staatsanleihen rentieren bei 2,9 Prozent, das ist nur etwas höher als vor Jahresfrist, als der Wert bei 2,2 Prozent lag. Der Renditeabstand ist also massiv geschrumpft. Deshalb ist dieser Rezessionsindikator zuletzt auch bei vielen Anlagestrategen in den Fokus gerückt.

Angeschoben wurde die Konjunktur in den USA von der Trump’schen Steuerreform. "Wenn dieser Schub in den nächsten Jahren nachlässt, steigt das Rezessionsrisiko", meint man bei der LBBW. Das gelte vor allem, wenn die zusätzliche Konjunkturstimulierung in der aktuellen Boomphase zu steigender Inflation mit der Folge weiterer restriktiver Maßnahmen der Fed führt, sprich zu kräftigeren Zinserhöhungen.

Allzu großer Pessimismus ist für die nächsten Monate aber noch nicht angebracht, meinen viele Anlagestrategen, sei es für die USA, die Eurozone, Schwellenländer oder die Weltwirtschaft. Abkühlung ja, Absturz nein, lautet die Botschaft der Auguren. Sollte es aber doch zu einer Rezession kommen, hätten die Notenbanken, insbesondere die EZB, nach jahrelanger extrem lockerer Geldpolitik nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, um stützend einzugreifen.

Fazit: Das gleichzeitige Wachstum der wichtigsten Wirtschaftsräume ist passé. Die Aussichten sind ein­getrübt, ein Absturz droht aber nicht.

Banken:
Mit Schwachstellen

Wankende Banken standen am Anfang der Finanzkrise, die in eine Wirtschafts- und Eurokrise überging. In den USA und in Europa wurde darauf höchst unterschiedlich reagiert. Die Banken in den Vereinigten Staaten wurden dazu gedrängt, Hilfen anzunehmen, der Staat stieg bei den Häusern ein. Altlasten konnten radikal reduziert werden, das Vertrauen in die Institute kam zurück. Die Branche erholte sich vergleichsweise schnell.

In Europa war man zögerlicher. "Sie haben geglaubt, ihre Banken seien ausreichend kapitalisiert, aber da haben sie sich etwas vorgemacht", sagt der frühere US-Finanzminister Henry Paulson. Die europäischen Banken befinden sich inzwischen aber ebenfalls auf dem Weg der Besserung. Sie haben ihre Eigenkapitalbasis gestärkt, auch wenn Experten regelmäßig monieren, dies sei noch nicht in ausreichendem Maße geschehen. Für große Häuser ist nicht mehr die nationale Aufsicht, sondern die EZB zuständig. Sollte eine Bank in Schieflage geraten, gibt es - zumindest in der Theorie - Vorgaben, wie sie abgewickelt werden könnte. Und zwar ohne dass dafür der Steuerzahler aufkommen muss oder die ganze Branche in Mitleidenschaft gezogen wird. Die für die Wirtschaft wichtige Kreditvergabe der Banken wächst langsam, aber stetig.

Faule Kredite belasten

Ein Problem bleibt, dass in den Büchern einiger Banken, vor allem in Südeuropa, noch massenhaft faule Kredite schlummern. Dies ist auch der Grund für den Widerstand in Deutschland gegen eine gemeinsame europäische Einlagensicherung. Deutsche Banken wollen nicht fürs Geld der Sparer blechen, wenn eine Bank in Italien taumelt.

Am Beispiel Italiens wurde jüngst ein weiteres Problem sichtbar - die Verquickung von Staaten und Banken. Für Staatsanleihen in ihren Büchern müssen die Banken kein Eigenkapital vorhalten, die Schuldtitel gelten als risikolos. Dass sie das nicht sind, zeigte sich, als in Rom eine populistische Regierung an die Macht kam. Aktien- und Anleihekurse französischer Banken kamen unter Druck, weil diese viele italienische Staatsanleihen halten. Noch mehr sind indes italienische Banken betroffen - in Italien, Portugal oder Spanien ist der Anteil heimischer Staatsanleihen an den Assets der Banken wesentlich höher als in Deutschland oder Frankreich.

Die US-Institute profitieren hingegen von der Steuerreform der Trump-Regierung, von gestiegenen Zinsen und gut laufender Konjunktur. Zudem hat die Regierung begonnen, die im Zuge der Krise verschärften Regeln zum Teil wieder zu entschärfen. Die Deregulierungsrhetorik in Washington wird von Krisenprotagonisten wie Paulson äußerst kritisch verfolgt. Denn insgesamt ist die Branche dies- und jenseits des Atlantiks zwar stabiler, Schwachstellen gibt es aber eben weiterhin.

Fazit: Die Banken müssen strengere Regeln einhalten als vor der Krise. Die Branche hat sich stabilisiert, Schwachstellen gibt es aber weiter.

Schulden:
Ungebremster Anstieg

Noch nie in Friedenszeiten war die Welt stärker in den Miesen als heute. Laut jüngsten Daten des Banken­verbands Institute of International Finance erreichte die globale Gesamtverschuldung Ende des ersten Quartals 2018 den Rekordwert von 247 Billionen US- Dollar. Eine Zahl mit zwölf Nullen. Allein im Jahresvergleich wuchsen die Gesamtschulden ­in den Industrieländern um 9,6 Prozent auf gut 178 Billionen US-Dollar. Noch rasanter ging es in den Schwellenländern, wo die Gesamtverschuldung um 15 Prozent auf knapp 69 Billionen US-Dollar zulegte.

Die Dimension dieser Zahlen wird erst klar, wenn man sie in Relation zur globalen Wirtschaftsleistung stellt. Das weltweite Bruttoinlandsprodukt (BIP) betrug 2017 knapp 80 Billionen US-Dollar. Das bedeutet: Die globale Verschuldung übersteigt das Welt-BIP mittlerweile um mehr als das Dreifache. Zu Zeiten der Finanzkrise 2008 lag dieses Verhältnis noch ungefähr bei dem Zweifachen.

Ein rascher Abbau des Schuldenbergs ist nicht in Sicht. Das zeigt das Beispiel von Italien. Dessen neue Regierung stimmte die EU-Partner erst kürzlich auf einen langsameren Abbau der hohen Verschuldung ein. Das ist an sich nicht problematisch - solange die Wirtschaft weiter wächst und die Inflation unter Kontrolle bleibt. In einem solchen Umfeld werden Staaten und Unternehmen auch weiterhin versucht sein, über die Aufnahme von Verbindlichkeiten Wachstum zu finanzieren. In Zeiten von Null- und Negativzinsen ist das fast ein Gebot der Vernunft. Doch auf längere Sicht bereitet es gravierende Probleme.

Die Welt in der Schuldenfalle

Denn Notenbanken können kaum noch die Zinsen anheben, ohne damit größeren Schaden anzurichten. Schließlich haben sich Wirtschaft und Finanzmärkte auf niedrige Zinsen eingestellt und reagieren zunehmend sensibler bei der Aussicht auf eine Erhöhung. Das lässt die Notenbanken sehr, sehr vor­sichtig agieren und verschafft den Wirtschaftsakteuren weiter Zeit, Schulden zu machen. Die Experten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) sprechen in diesem Zusammenhang von einer "debt trap", einer Schuldenfalle.

Kommt es nun zu einem starken Anstieg der Inflation, wären die Notenbanker gezwungen, die Zinsen schneller und aggressiver zu erhöhen, als es die Marktteilnehmer erwarten. Diese Gefahr besteht vor allem in den USA. Oder aber es kommt zu einer Rezession, was es für die Notenbanken auch nicht einfacher macht. Denn sie haben kaum noch Pfeile im Köcher, um die Wirtschaft erneut zu unterstützen. Die wahrscheinliche Folge ist, dass künftige Rezessionen sehr viel schmerzhafter ausfallen und länger andauern könnten als bisher.

Fazit: Die enorme Verschuldung ist aktuell noch kein Problem. Doch sie hat das Potenzial, für eine Megarezession zu sorgen.

Geopolitische Risiken:
Relative Gelassenheit

US-Sanktionen gegen den Iran, zunehmende Spannungen zwischen den USA und China, ein ungeregelter Brexit und weitere Auflösungserscheinungen der Europäischen Union: Die Liste an geopolitischen Risiken, die für Unsicherheit an den Finanzmärkten sorgen, ließe sich beliebig verlängern. Doch wie stark ängstigen die zahlreichen Schreckensszenarien die Marktteilnehmer tatsächlich?

Um eine Antwort auf die Frage zu finden, bietet sich ein Blick auf den Geopolitical Risk Indicator des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock an. Er analysiert die Häufigkeit, mit der geopolitische Risiken - gemessen an negativ und positiv besetzten Schlagworten - in Analystenberichten, Finanzmedien sowie Tweets auftauchen. Je höher der Index notiert, desto stärker finden diese Risiken unter Marktteilnehmern Beachtung. Ein Wert von null markiert den historischen Durchschnitt. Notiert der Index darüber (gemessen in Standardabweichungen), spricht das für erhöhte Risiken respektive eine stärkere Wahrnehmung weltweiter Krisenherde.

Etwas über Durchschnitt

Betrachtet man nun den aktuellen Stand des Blackrock-Risikoindikators, liegt dieser zwar über seinem langjährigen Durchschnitt - aber mit einem Wert von 0,15 nur knapp. Zum Vergleich: Im Herbst 2017, als US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un immer heftigere Verbal­attacken austauschten, kletterte der Index bis auf einen Stand von 1,18. Noch ungleich höhere Werte von 2,5 bis drei wurden während der Zeit des Arabischen Frühlings 2011 und der Annexion der Krim-Halbinsel durch Russland 2014 erreicht.

Im Moment scheinen die Investoren angesichts der weltpolitischen Brandherde also vergleichsweise gelassen zu sein. "Konfrontiert mit steigenden politischen Risiken haben Investoren ihren Optimismus vor allem aus den starken Unternehmensergebnissen gezogen", resümieren die Experten von Edmond de Rothschild Asset Management das erste Halbjahr 2018. Sprich: Gute wirtschaftliche Fundamentaldaten haben noch immer die Macht, geopolitische Sorgen in den Hintergrund zu drängen.

Das bedeutet freilich nicht, dass einzelne Gefahren nicht stärker im Vordergrund stehen. Besonders die mit der Politik von Donald Trump verbundenen Risiken werden stärker denn je wahrgenommen. Sei es die Beziehung der USA zu China, die Gefahr eines globalen Handelskriegs oder die brenzlige Lage im Nahen Osten - verschärft durch die Iran-Sanktionen von Trump. Das zeigen von Blackrock berechnete Subindikatoren. Der Nordkorea- Konflikt stellt für viele Anleger dagegen keine akute Gefahr dar, seit sich Trump und Kim Yong-un im Juni die Hände schüttelten.

Fazit: Geopolitische Risiken spielen in der Wahrnehmung der Investoren zwar eine Rolle. Doch sie lähmen nicht die Anlageentscheidungen.

Investor-Info

Comgest Growth Europe
Banken, nein danke!

Vom "Growth" im Namen dieses Fonds sollten sich Anleger nicht irritieren lassen. Natürlich setzt das Comgest-Portfolio auf wachstumsstarke europäische Unternehmen. Das jedoch recht konservativ. Investiert wird in Firmen mit stetigem und gut vorhersagbarem Wachstum. Außen vor bleiben Unternehmen, die stark von Konjunktur und Rohstoffpreisen abhängig sind. Zudem machen die Fonds­manager einen Bogen um Banken, deren ­Bilanzen sie für kaum durchschaubar halten.

Fidelity China Consumer Fund
Plan B für China-Investoren

Chinas Exporte mögen von neuen Zollschranken gebremst werden. Für die Wirtschaft des Landes ist der Binnenkonsum aber mittlerweile ein ebenso starker Treiber. Der Fidelity- Fonds setzt gezielt auf diesen Bereich. Er investiert in Unternehmen, die von der Umstrukturierung der Wirtschaft und der wachsenden Mittelschicht profitieren. Im Vergleich zu vielen anderen China-Fonds ist das Portfolio weniger volatil. Anleger sollten trotzdem mit stärkeren Schwankungen leben können.

Xetra-Gold
Für den Fall der Fälle

Wenn die Unsicherheit an den Märkten stark ansteigt und die Börsen einbrechen, suchen Anleger regelmäßig Gold als sicheren Hafen. Das lässt die Preise des Edelmetalls klettern. Gold ist aus diesem Grund eine gute Depotbeimischung. Profis empfehlen einen Anteil von fünf bis zehn Prozent. Eine gute Möglichkeit, um von einem steigenden Goldpreis zu profitieren, bietet Xetra-Gold. Dabei handelt es sich um eine Inhaberschuldverschreibung der Deutschen Börse, die zu 100 Prozent mit physischem Gold unterlegt ist.

Xtr. Eurozone Gov. Bd. Quality
Staatsanleihen, aber sicher

Hoch verschuldete Länder wie Italien sind anfälliger, wenn die Märkte einbrechen. Anleger fliehen dann meist in Staatsanleihen anerkannt sicherer Schuldner. Wer breit gestreut in solche Papiere aus dem Euroraum anlegen will, für den bietet sich der Xtrackers Eurozone Government Bond Quality Weighted ETF an. Denn er gewichtet Länder mit guten Fundamentaldaten besonders stark. Anleger erhalten mit diesem ETF derzeit viele Staatsanleihen aus Deutschland und Frankreich.

CS Global Security
Mittel gegen Bedrohungen

Die Zahl der Cyberattacken auf kritische Infra­struktur von Staaten und Unternehmen nimmt stetig zu. Blackrock führt das Thema deshalb auch in seinen Geopolitical-Risk-Indikatoren (s. rechte Seite). Profiteur der Unsicherheit sind Unternehmen, die sich auf IT-Sicherheit spezialisiert haben. Auf die setzt der Global-Security-Fonds. Daneben spielen die Themen Umweltsicherheit, Gesundheitsschutz, Verkehrssicherheit und Schutz vor Kriminalität eine wichtige Rolle im Portfolio.

FvS Multiple Opportunities
Stets flexibel bleiben

Aktienquote erhöhen oder senken? Anleihen kaufen oder nicht? Wer sich mit diesen Fragen überfordert fühlt, greift zu einem guten Mischfonds. Beim FvS Multiple Opportunities sorgt Fondsmanager Bert Flossbach dafür, dass das Portfolio flexibel an unterschiedliche Marktphasen angepasst wird. Seinen Anlageschwerpunkt setzt er auf internationale Qualitätsaktien, daneben mischt er solide Unternehmensanleihen bei. Und stets dient ihm ein etwa zehnprozentiger Goldanteil als Versicherung gegen Extremrisiken.





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