Euro am Sonntag-Interview

Star-Fondsmanager Woolnough: "Das ist wie beim Skifahren"

09.05.16 17:35 Uhr

Star-Fondsmanager Woolnough: "Das ist wie beim Skifahren" | finanzen.net

Was der britische Star-Fondsmanager Richard Woolnough an Muhammad Ali bewundert, wo er 2016 Anlage-Chancen sieht und warum Anleihe-Investoren Pessimisten sein sollten.

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von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag

Trockener Humor, geschickt in Nebensätzen verpackt, eine so selbstverständliche wie unaufgesetzte Höflichkeit - dass Richard Woolnough Brite ist, daran besteht kein Zweifel. Dazu passt seine unaufdringliche Art, jenes Understate­ment, das die Menschen von der Insel auszeichnet. Gepaart ist es allerdings mit einer großen Portion Selbstbewusstsein. Ein Selbstbewusstsein, das sich aus einer außergewöhnlich erfolgreichen Karriere speist. Der 52-Jährige hat es geschafft, zum wohl bekanntesten und bestbezahlten Fondsmanager Großbritanniens aufzusteigen.



Grundlage seines Erfolgs ist der M & G Optimal Income. Ein Fonds, der flexibel in alle Arten von Anleihen und zu einem gewissen Teil auch in Aktien investieren darf. Seit Auflage vor rund zehn Jahren hat der Optimal Income die Konkurrenz deutlich abgehängt - mit Jahresrenditen von bis zu 34 Prozent. Dazu kommt, dass die Wertentwicklung relativ stabil verläuft. So wuchs das Anlagevermögen des Fonds innerhalb weniger Jahre in der Spitze bis auf rund 30 Milliarden Euro.

Im vergangenen Jahr lief es für Woolnough allerdings nicht so gut. Sein Fonds hinkte der Marktentwicklung hinterher - zudem verabschiedeten sich viele Anleger aus dem Segment der Anleihefonds. Für Woolnough kein Grund zur Panik, denn er will, dass seine Anlageentscheidungen langfristig Früchte tragen. Chancen für gute Gewinne wittert er jedenfalls in diesem Jahr.


€uro am Sonntag: Herr Woolnough, in Ihrem Blog-Profil nennen Sie Muhammad Ali und Winston Churchill als Ihre Idole. Was bewundern Sie an dem Boxer und dem Staatsmann?
Richard Woolnough:
Beide waren sehr wettbewerbsorientiert, und beide haben ihre Talente voll ausgeschöpft. Der eine brachte es bis zum Staatslenker, der andere zum bekanntesten Sportler der Welt. Ich mag diese Mischung aus Ehrgeiz, Erfolg und dem Mut, stets zu sagen, was man denkt, und danach konsequent zu handeln.

In Ihrer Freizeit gehen Sie gern ­laufen oder Rad fahren. Bekommen Sie dabei auch gute Ideen für Ihre Arbeit?
Das Wichtigste ist: Es macht den Kopf frei. Man kommt bei körper­licher Anstrengung manchmal an seine Grenzen - und das lässt andere Dinge dann wieder einfacher erscheinen. Für mich jedenfalls funktioniert das.


Sie sind einer der bekanntesten britischen Fondslenker und managen seit vielen Jahren außerordentlich erfolgreich den M&G Optimal Income Fund. 2015 lief es für den Fonds allerdings nicht so gut. Was waren die Gründe?
Zunächst einmal: Der Optimal Income ist kein Absolute-Return-Fonds. Er kann kurzfristig deutlich im Wert schwanken. Ich konzentriere mich darauf, über drei, fünf, zehn Jahre einen guten Job zu machen. Dabei gehe ich sehr pragmatisch vor: Wenn ich denke, ein Investment bietet guten Wert, dann will ich es haben. Wenn nicht, dann nicht. Es ist unmöglich, großartige Erträge zu erzielen, wenn es diese Erträge nicht gibt. Das ist wie beim Skifahren: Normalerweise komme ich eine bestimmte Piste in zweieinhalb Minuten herunter. Sind die Bedingungen gut, schaffe ich es sogar in einer Minute und 45 Sekunden. Sind sie schlecht, komme ich vielleicht gar nicht herunter. Wie verhalte ich mich also? Bei guten Verhältnissen fahre ich aggressiver. Bei schlechten gehe ich defensiver an die Sache ran oder bleibe zu Hause.

Und wie waren die Verhältnisse im vergangenen Jahr?
Wir gingen davon aus, dass die globale Wirtschaft nicht in eine Rezession zurückfallen wird. Der Markt jedoch preiste zunehmend das Risiko ein, dass das weltweite Wachstum zum Erliegen kommt. Das war nicht unser Szenario. Wir waren überzeugt, dass die Politik der Notenbanken Wirkung zeigen würde, und waren deshalb sehr optimistisch eingestellt. 2015 haben wir ­deshalb schlechter abgeschnitten als der breite Markt. Wenn sich unsere Ansicht aber als richtig erweist, werden wir den Markt wieder abhängen.

Die Zeichen stehen nicht schlecht in diesem Jahr …
Ja, aus diesem Grund hoffen wir, dass unsere Kunden die langfristige Strategie, die hinter dem Fonds steckt, würdigen. Denn im Lauf eines Wirtschaftszyklus eröffnen sich für uns viele Möglichkeiten, unsere ökonomischen Ansichten mit einer Vielzahl von Instrumenten in den unterschiedlichsten Märkten umzusetzen.

Was hat sich dieses Jahr fundamental gesehen verändert?
Die Welt befindet sich nicht in einer deflationären Abwärtsspirale, und die Menschen erkennen, dass die Wirtschafts- und Geldpolitik funk­tio­niert. Die USA sind nahe an der Vollbeschäftigung, Großbritannien und Deutschland ebenso. Andere Teile Europas sind noch nicht so weit. Aber die geldpolitischen Maßnahmen, die in die Wege geleitet wurden, werden ihre Wirkung entfalten. Dazu brauchen sie allerdings Zeit.

Wie lange?
Solche Maßnahmen wirken mit einer Verzögerung von etwa zwei Jahren. Ein Beispiel: Die Wachstumsschwäche in Europa war eine Folge der geldpolitischen Straffung in den Jahren 2010 bis 2012. Seit 2012 sehen wir nur noch eine geldpolitische Lockerung. Und die setzt sich fort; das bedeutet Rückenwind für die kommenden beiden Jahre. Es werden mehr Arbeitsplätze geschaffen, die Investitionen nehmen zu. Eine Rezession in Gesamteuropa halte ich deshalb für sehr unwahrscheinlich.

Könnten schlechte Nachrichten aus China wieder bremsen?
China wird zweifellos immer wichtiger. Und so verfolgen wir heute aufmerksamer, was dort passiert. Aber ich denke, die globale Wirtschaft wird weiter zulegen - egal, ob China mit acht oder zwei Prozent wächst. Für unser Leben in Europa oder den USA sollte das keinen gravierenden Unterschied machen.

Also war der Einbruch der Märkte zum Jahresanfang mehr von ­Stimmungen als einer wirklichen Ursache getrieben?
Ja, das geschieht ziemlich häufig. Irgendetwas passiert an den Märkten, und irgendetwas anderes soll erklären, warum es passiert. Der Zusammenhang ist oft nur marginal. Ein Beispiel: In der Zeitung lese ich oft Dinge wie: "Gestern stieg der Aktienkurs von Unternehmen x um vier Prozent, weil Analyst y sagte, das Unternehmen sei ein Kauf." Da wird schlicht eine kleine Meldung genommen, um eine Kursbewegung zu erklären und so einen präzisen Zusammenhang herzustellen, wo keiner ist. Ökonomie ist eine unpräzise Wissenschaft.

Vielleicht aber können Sie eine Prognose für die Wertentwicklung Ihres Fonds in diesem Jahr abgeben.
Um daran anzuknüpfen, was ich ­bereits gesagt habe: So denke ich nicht. Ich denke nicht, was könnte alles passieren in diesem Jahr.

Aber in einem Fondsdokument von M & G sind verschiedene Szenarien für dieses Jahr veröffentlicht.
Ja, aber die sollen nur die Bandbreite an Chancen und Risiken im Portfolio veranschaulichen. Alles, was wir tun, ist, einen Schritt in die richtige Richtung zu unternehmen. Mein Job ist es nicht, dafür zu sorgen, dass am Jahresende eine bestimmte absolute Zahl steht, sondern mich bestmöglich bei Staatsanleihen, Unternehmensanleihen und High-Yield-Bonds aufzustellen. Das bringt mich zurück zu Winston Churchill und Muhammad Ali: Die beiden haben auch nicht gemacht, was ihnen andere vorgegeben haben. Sie haben sich selbst überlegt, wie sie ihr Leben gestalten und welche Aufgaben sie anpacken wollen.

Was wollen Sie denn anpacken? Sprich: Wo sehen Sie Chancen an den Märkten?
Ich halte Unternehmensbonds, die von europäischen Firmen in nichteuropäischen Ländern begeben wurden, für sehr attraktiv. Und zwar aus folgendem Grund: Unternehmensanleihen in Europa sind sehr teuer geworden, weil die Europäische Zentralbank diese in ihr Ankaufprogramm miteinbeziehen will. Doch die EZB wird keine lang laufenden Bonds europäischer Unternehmen kaufen, die in Fremdwährung begeben sind, sondern nur Eurobonds.

Das heißt?
Eurobonds von Unternehmen werden teurer und teurer, die Anleger werden sie schließlich an die EZB verkaufen und sich stattdessen die entsprechenden Fremdwährungsanleihen ins Depot legen. Vor diesem Hintergrund halte ich die Fremdwährungsanleihen von Unternehmen wie Deutsche Telekom oder Orange für sehr aussichtsreich, da diese sehr viel günstiger gehandelt werden als ihre Euro-Pendants.

Und wenn die Anleger ihre ­Eurobonds nicht verkaufen?
Dann werden die Unternehmen selbst dieses Problem lösen. Sehen Sie, wenn ein Bond der Deutschen Telekom hierzulande 50 Basispunk­te über dem risikofreien Zins notiert, in den USA aber 200 Basispunkte, dann wird der Konzern die US-Anleihen zurückkaufen und in Europa welche emittieren.

Und welche Risiken sehen Sie 2016 an den Anleihemärkten?
Meine größte Sorge ist die US-Wahl. So wie es derzeit aussieht, wird sie zwischen Hillary Clinton und Donald Trump entschieden werden - zwei Personen mit komplett unterschiedlichen Auffassungen. Das macht die diesjährige Wahl so spannend und so unberechenbar. Deshalb wird sie große Auswirkungen auf die Risikoprämien haben. Wir dürfen nicht vergessen, dass der US-Aktienmarkt, der US-Anleihemarkt und der US-Währungsmarkt die jeweils größten der Welt sind. Und ein Wechsel an der Führungsspitze der größten Volkswirtschaft der Welt - zumal wenn er so radikal ausgefochten wird - wird den Märkten viel Unsicherheit bescheren.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor in diesem Jahr ist auch ein mög­licher Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union? Welche Folgen hätte solch ein Brexit?
Ich glaube, dass sich die unmittelbaren Folgen auf Großbritannien und Kerneuropa weniger schwer sein könnten als auf die Peripheriestaaten. Ich könnte mir vorstellen, dass Anleihen aus Spanien, Italien oder Portugal mehr leiden würden als britische Bonds. Denn die politischen Signale, die ein Brexit aussenden würde, wären für diese Länder möglicherweise beunruhigender als für Großbritannien.

Was erwarten Sie denn von den großen Notenbanken noch in ­diesem Jahr?
Was die Fed und die Bank of England betrifft, denke ich, dass sie mit ­ihrem geldpolitischen Straffungsprogramm fortfahren werden. Denn sowohl in den USA als auch in Groß­britannien herrscht fast Vollbeschäftigung. Die EZB dagegen wird ihre bisherige Politik weiterverfolgen. Wobei ich denke, dass sie ihren Kurs der geldpolitischen Lockerung nicht ganz so aggressiv verfolgen müsste, wie sie es tut. Aber die EZB hat eben ihr Inflationsziel von knapp unter zwei Prozent vor Augen. Vielleicht ist in unseren Zeiten aber eine niedrigere Inflationsrate nahe null Prozent gar nicht so dramatisch.

In Ihrem Fonds können auch Aktien sein. Halten Sie derzeit welche?
Nein, und das ist sehr selten. In den zehn Jahren seit Fondsgründung hatten wir nur im vergangenen Jahr keine einzige Aktie im Portfolio. In der restlichen Zeit lag die Aktienquote stets zwischen zwei und 14 Prozent. Wir kaufen ja nur dann Aktien, wenn wir denken, dass der Einnahmestrom aus der Aktie besser ist als der des Bonds desselben Unternehmens. Im Moment aber ist der Aktienmarkt relativ fair bewertet, sodass sich kaum Titel finden ­lassen, die einen besseren Wert gegenüber der Anleihe versprechen.

Sie sind bereits seit rund 30 Jahren im Finanzgeschäft …
O Gott, ja. Mehr als die Hälfte hab ich schon geschafft, um’s mal so auszudrücken.

… was waren wichtige Stationen?
Am Anfang meiner Karriere habe ich als Aktienfondsmanager gearbeitet und mich eher nebenbei um Anleihen gekümmert. Ich denke, das hat mir sehr geholfen, das Aktienrisiko, das bei Unternehmensanleihen auch eine Rolle spielt, besser zu verstehen. Ein wichtiger Aspekt ist außerdem, dass ich zu einer Zeit angefangen habe, als auch der Unternehmensanleihemarkt im Entstehen war. Ich habe also mit dem Markt gelernt. Aber tatsächlich als prägend empfinde ich meine Zeit als Aktienfondsmanager. Das hilft mir, Unternehmensbonds besser zu analy­sieren als ein traditioneller Anleihe­manager. Ich komme von riskanten Märkten und bin in weniger riskante Märkte gewechselt. Und ich glaube, es ist gut, diesen Weg so zu gehen.

Stimmt es, dass Anleiheinvestoren generell eher pessimistisch sind?
Ja, dieser Pessimismus hat aber auch seinen guten Grund. Wenn Sie ein Aktienportfolio mit 50 Titeln lenken und Sie haben eine super Aktie ausgewählt, kann die um 1.000 Prozent zulegen. Wenn Sie mit einer Aktie danebenliegen, verlieren Sie mit ihr schlimmstenfalls 100 Prozent. Ihr Verlustrisiko ist also 100 Prozent, Ihr Gewinnpotenzial aber das Zehn­fache. Als Aktienfondsmanager ist es also gut für Sie, wenn Sie Optimist sind. In der Anleihewelt ist es dagegen so: Wenn ich mit einem Bond richtig liege, gewinne ich zwei Prozent. Liege ich falsch, verliere ich 50, 80 oder 100 Prozent. Ich muss also viel mehr auf die Risiken achten als ein Aktienfondsmanager.

Haben Sie schlaflose Nächte, wenn es mit Ihrem Fonds mal nicht so rund läuft?
Nein. Zum einen: Der Fonds ist Marktschwankungen unterworfen, dagegen kann ich nichts machen. Wenn ich aber mit irgendetwas in meinem Portfolio nicht mehr zufrieden bin, habe ich eine ganz einfache Lösung: Ich ändere es sofort.

Vita:

Der Bond-Profi
Richard Woolnough wurde 1964 im englischen Chesterfield geboren. Nach seiner Ausbildung an der London School of Economics startete er seine Karriere 1985 bei der ­Lloyds Merchant Bank. Nach weiteren Stationen bei Assicurazioni ­Generali, SG Warburg und Old Mutual wechselte er Anfang 2004 zu M & G Investments. Dort lenkt er drei Anleihefonds, zu denen auch der 19 Milliarden Euro schwere M & G Optimal Income zählt.

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Bildquellen: M&G, Gustavo Frazao / Shutterstock.com

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