Fondsexperte Drescher: "Ein unfassbar großer Bedarf"
24.11.18 14:00 Uhr
Petersberger Treffen: Fondsexperte Björn Drescher im Interview mit €uro am Sonntag über Robo-Advice und nachhaltiges Investieren.
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von Peter Gewalt, Euro am Sonntag
Das 20. Petersberger Treffen des Finanzinformationsdienstleisters Drescher & Cie lockte dieses Jahr erneut das Who’s who der Fondsbranche nach Köln. Auf dem Top-Event der Branche diskutieren Vermögensverwalter die wichtigsten Branchentrends.
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€uro am Sonntag: Herr Drescher, anlässlich "Tacheles 2018" hatten Sie eine kompetente Gesprächsrunde zum Thema "Robo-Advice: Was kommt nach den Gründerjahren?" eingeladen. Muss die etablierte Finanzindustrie die neue Konkurrenz fürchten, und was dürfen Anleger in Zukunft erwarten?
Björn Drescher: Eine der zentralen Fragen der Diskussion lautete: Wird Robo-Advice in all seinen Facetten, die wir heute kennen oder uns zukünftig vorstellen können, eher den Vertrieb von Finanzdienstleistungen, also das "Onboarding", verändern oder das Asset-Management und damit die Art und Weise, wie das Geld verwaltet wird. Das Fazit der Runde: sowohl als auch. Stärker wird es aber vermutlich die Vertriebsstrukturen verändern. Hier interessierte uns vor allem, ob die klassischen Vertriebswege in Robo-Advice einen Wettbewerber sehen müssen oder es in Form einer Vertriebsunterstützung auch nutzen können. Interessant war an dieser Stelle, dass rund die Hälfte der 300 geladenen Finanzdienstleister an diesem Abend via TED-Abstimmung zu verstehen gab, sich Kooperationen mit Robo-Advice- Anbietern vorstellen zu können.
Wie erklären Sie sich dieses Ergebnis?
Überwog in jüngerer Vergangenheit hier bei vielen noch die Furcht, weicht sie schrittweise der Neugier, die sich vielfach auf die Hoffnung stützt, über Smartphone & Co mittels Robo-Advice der Wertpapieranlage endlich einmal breitere Bevölkerungsschichten erschließen zu können. Hinsichtlich des Ausmaßes, das diese Digitalisierung der Finanzindustrie eines Tages einnehmen könnte, sind der Fantasie praktisch keine Grenzen gesetzt. Aus der Ausnahme könnte, wenn nicht die Regel, so doch bald schon eine Selbstverständlichkeit werden.
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Das diesjährige Motto des Petersberger Treffens lautete "ESG und Impact Investments: rettet Geld die Welt?". Gab es eine abschließende Antwort?
Es wurde deutlich, dass Geld allein die Welt nicht retten kann, es ohne die steuernde Wirkung von Investitionen aber mit Sicherheit auch nicht geht. Es bedarf unter anderem einsichtiger Verhaltensänderungen der Individuen, der Entwicklung zielgerichteter Rahmenbedingungen durch den Regulator und mit Blick auf den unfassbar großen Finanzierungsbedarf einer nachhaltigeren Wirtschaft auch privater Investitionen. Ob alles zusammen reicht, die Welt zu retten, bleibt dabei angesichts der Größe der Herausforderung abzuwarten.
Die EU will die Fondsbranche zu mehr Nachhaltigkeit verpflichten. Dies stößt aber auch auf Kritik. Weshalb?
Die Anbieter wie auch die Investoren begrüßen mehrheitlich den Willen des Gesetzgebers, die Transparenzvorschriften zu verschärfen. Sie wehren sich aber zumeist gegen konkrete Vorgaben, Verbote und Leistungsanreize, die in Anlageentscheidungen und Marktmechanismen eingreifen könnten. Neben der "einen richtigen Ethik" wird dabei auch das Verständnis des Regulators für die praktischen Auswirkungen seiner Vorgaben hinterfragt. Inwieweit eine Medizin bitter schmecken muss, um zu wirken, wird also noch zu klären sein.
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Eine immer wieder diskutierte Frage lautet ja auch, ob nachhaltige Investments die gleiche Rendite wie konventionelle Anlagen erzielen können. Gibt es dazu neue Erkenntnisse?
Vorträge und Diskussionen unserer Konferenz kommen hier zu den gleichen Ergebnissen wie die Meta-Studien der letzten Jahre. Nachhaltige Selektionsfilter führen im Vergleich mit den ihnen zugrunde liegenden Anlageuniversen keineswegs automatisch zu einem Performancenachteil oder -vorteil. Sie sollten sich gut gemacht, aber ergebnisneutral darstellen lassen und langfristig bessere Chance-Risiko-Verhältnisse eröffnen.
Welches Fazit ziehen Sie aus dem Petersberger Treffen?
ESG-Filter und anderes nachhaltiges Gedankengut sind auf dem besten Weg, sich im wahrsten Sinne des Wortes zu einem Hygienefaktor des Asset Managements zu entwickeln.
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Bildquellen: Drescher&Cie GmbH, Ociacia / Shutterstock.com