Euro am Sonntag

Für Rendite und bessere Welt - bitte hier anlegen

09.04.17 03:00 Uhr

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Korrektes Kapital: Am Boom der nach­haltigen Investments wird auch Donald Trump nichts ändern.

von Julia Groß, Euro am Sonntag

Bis jetzt hat es ja nicht so gut geklappt mit der Umsetzung seiner zahlreichen Wahlversprechen. Deshalb war es eigentlich keine Überraschung, dass sich US-Präsident Donald Trump vergangene Woche wie ein Bulldozer über die Umwelt- und Klimavorschriften seines Vorgängers Obama hermachte.



Der Clean Power Plan, der die Emissionen von Kohlekraftwerken regelt, soll überarbeitet werden. Ein Moratorium zur Kohleförderung ist aufgehoben, und auch zum Fracking will Trump neue Regeln liefern. Bei der Energie­politik sollen Unabhängigkeit vom Ausland und Arbeitsplätze für die USA künftig an erster Stelle stehen.

Kein Ende des Klimaschutzes

Das ist ein Riesenschlag gegen erneuerbare Energien und den Klimaschutz - und auch, könnte man meinen, gegen die Anhänger von nachhaltigen Investments. Doch so unmittelbar, wie Trump tut, wirken seine Dekrete nicht. Experten rechnen mit jahrelangen Verzögerungen bei der Rückabwicklung der alten Gesetze, nicht zuletzt durch Klagen von Umweltorganisationen und mehreren Bundesstaaten.



Was Trump auch verkennt: Die Industrie bewegt sich längst in die entgegengesetzte Richtung. Ausgerechnet der ­Ölriese Exxon bat die US-Regierung vor einigen Tagen, nicht aus dem Pariser UN-Klimaschutzabkommen auszutreten, weil es einen verlässlichen Rahmen für die Unternehmensentwicklung biete.
Shell hat Anfang März sein kanadisches Ölsandgeschäft, das als besonders umweltschädigend gilt, für 7,25 Milliarden Dollar verkauft. Der Konzern verfügt damit jetzt über deutlich mehr Gas- als Ölreserven. Gas gilt als emissionsärmer und somit "sauberer" als Erdöl. Auch die norwegische Statoil hat ihr Teersand-Business veräußert und will die Investitionen in weniger Kohlenstoff verbrauchende Technologien verdrei- bis vervierfachen. Der französische Energiekonzern Total kaufte bereits in den Bereichen Wind­energie und Batterieherstellung zu.

Dass selbst diese Dinosaurier der fossilen Energiebranche sich langsam bewegen, hat nicht nur mit Vorschriften und Gesetzen zu tun, sondern auch mit dem wachsenden Druck von Investorenseite. Pensionsfonds und Stiftungen weltweit legen immer mehr Wert auf die Einhaltung der sogenannten ESG-Kriterien bei Firmen, deren Aktien sie halten. Dabei handelt es sich um Standards bezüglich Umweltschutz, sozialen Fragen und Unternehmensführung.


Die Anleger wollen wissen, welche wirtschaftlichen Risiken sie mit Aktien oder Anleihen eingehen, wenn zum Beispiel die betreffende Firma in Zukunft aufgrund von Klimaschutzgesetzen Wettbewerbsnachteile erleiden könnte.

Aber das ist vielen dieser großen Investoren noch nicht genug. "Die nachhaltigen Investments, bei denen man letztlich die schlechten Firmen aussortiert, wachsen seit Jahren stark. Neuerdings zeigen aber beispielsweise Pensionsfonds auch ein deutliches Interesse am sogenannten Impact Investing", sagt Huub van der Riet, leitender Portfoliomanager bei der niederländischen ­Vermögensverwaltung NN Investment Partners. "Dabei geht es nicht nur darum, eine finanzielle Rendite zu erzielen, sondern auch in Unternehmen zu investieren, die einen messbaren Beitrag für Umweltschutz und Gesellschaft leisten, etwa indem sie CO2-Emissionen einsparen und Arbeitsplätze schaffen."

In einen breiteren Kontext gestellt wollen die Institutionellen also auf Firmen setzen, die zur Umsetzung der 17 "Ziele für eine nachhaltige Entwicklung" (Sustainable Development Goals) der Vereinten Nationen beitragen. Diese Ziele, die von Armutsbekämpfung über Umweltschutz bis zu gleichen Rechten für Männer und Frauen reichen, sollen bis 2030 umgesetzt werden. Noch ist ­Impact Investment eine kleine Nische, doch der Bereich wächst stark. In den nächsten Jahren werden sicher auch die zurzeit bestehenden Schwächen in Sachen vergleichbare Standards und Zugang für alle Anleger verbessert werden.

Gemeinsame Standards fehlen

Denn wie auch schon bei den ESG-Nachhaltigkeitskriterien ist es nicht ganz einfach, solche Anforderungen wie "ökologische Rendite" in belastbare Zahlen zu übersetzen. Die Datengrundlage ist schwammig und stammt in der Regel wenigstens zum Teil vom Unternehmen selbst. Natürlich stellen sich Firmen dabei gern so positiv wie möglich dar.

Beispiel Automobilhersteller: Bei der Berechnung des CO2-Fußabdrucks des Unternehmens beziehen sie gern nur die bei der Herstellung und bei Zulieferern entstehenden Emissionen ein, nicht jedoch das CO2, das ein Auto im Verlauf seines Lebenszyklus noch in die Luft pustet. "Diese Angaben können nur der Ausgangspunkt der Betrachtung bei Investment-Entscheidungen sein", sagt Huub van der Riet. "Viele Details lassen sich nur im persönlichen ­Dialog mit den Unternehmen klären."

Für private Anleger, die gern mit ihrem Kapital "wirkungsorientiert" - so die deutsche Übersetzung für Impact Investing - arbeiten wollen, machen diese fehlenden Standards die Auswahl nicht leicht. Am ehesten lässt sich die soziale und ökologische Zusatzrendite noch bei direkten Investments überblicken. Bei den wenigen in diesem Spezialgebiet ­tätigen Gesellschaften geht das jedoch häufig erst ab sechsstelligen Summen. Die GLS Bank hat allerdings vor Kurzem ein Crowdfunding-Portal gestartet, bei dem Anleger sich auch schon mit 250 Euro an ausgewählten Projekten beteiligen können (siehe Investor-Info).

Bei speziellen Nachhaltigkeitsfonds existieren mittlerweile so viele Ratings, Kennziffern und Gütesiegel, dass Anleger sich schon sehr genau anschauen müssen, was dahintersteckt und ob sich das mit den eigenen Vorstellungen von Nachhaltigkeit deckt. Viele günstige passive Investments (ETFs) bilden zum Beispiel die Entwicklung von Nachhaltigkeitsindizes ab, sind allerdings synthetisch replizierend konstruiert. Das bedeutet, dass die Indexentwicklung mit Derivaten nachempfunden wird und der Anleger deshalb womöglich, ohne es zu wissen, in die größten Umweltsünder-Firmen investiert. Zwei Spezialfonds mit recht strengen Kriterien stellen wir in der Investor-Info vor.

Wem das alles viel zu kompliziert und undurchsichtig ist, der kann trotzdem etwas für das gute Gewissen tun: Es gibt auch Fonds ohne Nachhaltigkeitslabel, die in Portfolioanalysen trotzdem sehr gut in Sachen ethische und ökologische Korrektheit abschneiden - manchmal sogar besser als die besonders beworbenen Themenfonds. In der Kategorie Aktien weltweit ist dies zum Beispiel der Schoellerbank Aktienfonds Value (siehe Investor-Info), bei Anleihen der bekannte Carmignac Sécurité.

Investor-Info

Nachhaltigkeitsfonds
Neue und bewährte Strategien

Als einer der ersten Publikumsfonds verschreibt sich der NN Global Equity Impact Opportunities neuerdings dem Impact Investing und bezieht den Beitrag eines Unternehmens zu den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung mit ein. Der TerrAssisi ist ein klassischer Nachhaltigkeitsfonds, der bestimmte Geschäftsmodelle ausschließt und in die vorbildlichsten Firmen einer Branche investiert.

Schoell. Aktienfonds Value Gut ganz ohne Label

Der Fonds der Unicredit-Tochter Schoellerbank investiert nach klassischen Value-Kriterien weltweit in Firmen mit langfristigem Wachstumspotenzial. Im Portfolio sind etwa die Aktien von Berkshire Hathaway, Alphabet und Western Union. Ohne expliziten Nachhaltigkeitsanspruch schlägt die Aktienauswahl sogar viele Spezialfonds in Nachhaltigkeits­ratings. Die Performance bewegte sich in den vergangenen drei Jahren über dem Durchschnitt weltweit anlegender Aktienfonds.

Crowdinvestment
Einfluss, Zinsen, Risiko

Crowdinvestment bedeutet, dass viele An­leger zusammen einem Unternehmen zu bestimmten Bedingungen Geld leihen. Das ist nicht ohne Risiko, denn vielen Geldgebern fehlt das Hintergrundwissen zur Beurteilung der Projekte. Außerdem müssen sie den Angaben der Firma, etwa zum Umsatzpotenzial eines Produkts, vertrauen. Das im Januar gestartete Crowdportal der GLS Bank (www.gls-crowd.de, 069/25 47 41 310) bietet einen etwas sichereren Rahmen, da die Bank die Projekte nach ihren Anlage- und Finanzierungsgrundsätzen auswählt. Dennoch gilt: Formell ist das Investment ein Nachrang­darlehen. Im Fall einer Insolvenz würden die Anleger deshalb zum Beispiel erst nach Banken ausbezahlt, ein Totalverlust ist möglich.

In den kommenden Tagen soll ein neues Projekt, voraussichtlich ein Bürgerwindpark in Franken, online gehen.

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