Euro am Sonntag-Ausland

Schwellenländer: Argentinien & Co mit vielen Kurstreibern

26.08.17 12:00 Uhr

Schwellenländer: Argentinien & Co mit vielen Kurstreibern | finanzen.net

Emerging Markets laufen wieder. Vor allem Argentinien und China sind aktuell aussichtsreich. Was Anleger beachten müssen.

von Jörg Billina, Euro am Sonntag

Ein Arbeitstag der Gauchos ist lang und anstrengend. Unter Cristina Kirchner kam Frust hinzu. Die Ex-Präsidentin Argentiniens erhob auf den Export von Rindfleisch 35 Prozent Steuern und verdarb den Züchtern das Geschäft. Mauricio Macri hat die Stimmung der Gauchos gedreht, sie verdienen wieder mehr. Argentiniens Staatsprä­sident strich unmittelbar nach seinem Amtsantritt Ende 2015 die Abgabe ersatzlos. "Ohne funktionierende Landwirtschaft kommt unser Land nicht voran", sagt der 58-Jährige.



Die Maßnahme wirkte. Der Gesamtwert der argentinischen Rindfleischausfuhren stieg im vergangenen Jahr auf über eine Milliarde Dollar - im Vergleich zum Jahr davor ein Plus von zehn Prozent. Die Gauchos dürften daher unlängst mehrheitlich für Macris konservativ-neoliberale Regierungs­koalition gestimmt haben.

Cambiemos ("Lasst uns verändern") ging aus den Parlamentsvorwahlen mit 36 Prozent der Stimmen als stärkste Kraft hervor. Bei den Primärwahlen werden die Kandidaten für den entscheidenden Urnengang am 22. Oktober gewählt. Für Cambiemos sieht es nach dem erfolg­reichen Testlauf gut aus. Der Reformkurs, durch den Argentinien bereits deutlich an Wettbewerbsfähigkeit gewonnen hat, könnte nicht nur bestätigt werden. Investoren erwarten, dass Modernisierungsvorhaben dann schneller umgesetzt werden. Bislang verfügt das Par­teienbündnis noch über keine Mehrheit und muss sich mit der Opposition abstimmen.

Weniger Staat in Argentinien

Dennoch hat Macri, der im kommenden Jahr den G-20-Gipfel ausrichten wird, schon viel erreicht. Neben der Freigabe des Peso und der Beendigung der Devisenkontrollen trug insbesondere die Schuldeneinigung mit New Yorker Hedgefonds viel zu einer positiven Einschätzung seitens der Investoren bei. Auch die Wirtschaft hat er wieder ins Laufen gebracht. Für 2017 rechnet der Internationale Währungsfonds (IWF) mit einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts um 2,4 Prozent.

Auf das Wahlergebnis vom Sonntag reagierten die Anleger daher sichtlich erleichtert. Ihre Angst vor einer Rückkehr zum Populismus Kirchners und ihrer dirigistischen Staatswirtschaft ist zwar nicht völlig vom Tisch. Die Politikerin gewann ihren Wahlkreis und wird vermutlich in den Senat einziehen. Doch sie holte lange nicht so viele Stimmen wie zunächst befürchtet.



In den vergangenen Tagen zogen daher die Kurse in Buenos Aires an. Gesucht waren unter anderem Banco Macro, Pampa Energia und vor allem Agrartitel wie Agrometal. Von dem Aufschwung profitierten auch Ex­change Traded Funds (ETFs), die die Wertentwicklung sogenannter Grenzmärkte abbilden. Als Frontier Markets werden die Staaten bezeichnet, denen Investoren eine ähnliche starke Entwicklung zutrauen, wie sie die etablierten Schwellenländern Brasilien oder Indien in den vergangenen Jahren genommen haben.

Im db X-trackers S & P Select Frontier ETF (siehe Investor-Info links) ist Argentinien mit mehr als 26 Prozent am höchsten gewichtet. Der Index bildet zudem die Kursentwicklung von Unternehmen aus Ländern wie Pakistan, Kuwait, Marokko oder Vietnam ab. Die breite geografische Streuung - zur Gruppe der Frontier Markets werden 26 Länder gezählt - ist sinnvoll. Den Chancen, die jedes Land ­Investoren bietet, stehen immer auch hohe Risiken gegenüber.

Argentinien ist da ein gutes Beispiel. Das Land hat in der Vergangenheit mehrfach seine Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllt. Sollten sich erneut Zweifel an der Fähigkeit des Landes einstellen, seine Schulden zu bedienen, ziehen nicht nur Anleiheinvestoren, sondern auch Aktienanleger ihr Kapital schnell wieder ab. Unwahrscheinlich aber ist, dass alle Märkte, die in einem Frontier-Market-ETF enthalten sind, gleichzeitig auf Talfahrt gehen. Die Börsenplätze sind untereinander nur geringfügig miteinander korreliert.

Während Argentinien hofft, schon im kommenden Jahr vom Indexbetreiber MSCI nicht mehr als Grenzmarkt, sondern als Schwellenland eingestuft zu werden, ist China bereits unterwegs in eine exklusivere Anlageklasse. Nach einer Studie der Investmentbank Morgan Stanley kann das Reich der Mitte schon in zehn Jahren von der Weltbank als Land mit hohen Einkommen eingestuft werden. Das Jahreseinkommen pro Kopf sollte dann mehr als 12.500 Dollar betragen. Zum Vergleich: 1995 lag das durchschnittliche jährliche Pro-Kopf-Einkommen bei gerade einmal 540 Dollar.

Der rasante Aufstieg beim Einkommen, wie er bisher etwa Südkorea oder Polen gelungen ist, werde mit hohen Kurszuwächsen für chinesische Aktien einhergehen. Einen sanften Ritt dürfen Anleger aber nicht erwarten, warnt Morgan Stanley.

Hohe Schulden in China

Auf dem Weg zum High-In­come-Country liegen etliche Hindernisse, die die Regierung in Peking dringend aus dem Weg räumen muss. Vorrangig gilt es, die Staatsunternehmen zu re­formieren. Diese weisen nicht nur enorme Überkapazitäten auf, sondern haben sich in der Vergangenheit auch noch hoch verschuldet, um Investitionen zu ­finanzieren. Nach IWF-Angaben belaufen sich die Verbindlichkeiten des Unternehmenssektors mittlerweile auf mehr als 200 Prozent der Wirtschaftsleistung. Der IWF warnt: Auf Zeiten hohen Kreditwachstums können "plötzliche Anpassungen" erfolgen. Eine Bankenkrise und Wachstums­einbrüche aber würden auf den Aktienmarkt durchschlagen.

Als weiteres Risiko gilt die mögliche Verschlechterung der Handelsbeziehungen mit den Vereinigten Staaten. Am ver­gangenen Montag beauftragte US-Präsident Donald Trump das Handelsministerium, den Umgang Chinas mit geistigem Eigentum zu untersuchen. Steve Bannon, Trumps Ex-Berater, wurde deutlicher. "Die USA befinden sich mit China im Wirtschaftskrieg", äußerte er sich in einem Interview. Sollte Washington tatsächlich gegenüber Peking protektionistische Maßnahmen ergreifen, droht auch dies an den Börsen Talfahrten auszulösen.

Dagegen sorgen Chinas Verbraucher für Fantasie. Der Anteil der Konsumausgaben am Bruttoinlandsprodukt wächst. Auch Trips in die Ferne stehen weit oben auf der Bedürfnis­skala. Argentinien allerdings besuchen bislang nur 30.000 Chinesen im Jahr. Präsident Macri will das ändern. Bei seinem Besuch im vergangenen Jahr in Peking hob er die Visumspflicht auf. Beide Länder verstehen sich zudem als strategische Partner und wollen die wirtschaftlichen Beziehungen vertiefen. Für mutige Anleger ist das ein weiterer Grund, sich in beiden Ländern zu engagieren.

Investor-Info

dbx S & P Select Frontier ETF
Gute Grenzerfahrungen

Der börsengehandelte Indexfonds (ETF) spiegelt die Kursentwicklung der 40 Unternehmen wider, die im S & P-Select-Frontier-Index enthalten sind. Zu den Top-Ten-Werten zählen derzeit Vietnam Dairy Products und National Bank of Kuwait. Auf argentinische Aktien entfallen 26 Prozent der Mittel, Pampa Energia etwa ist mit über vier Prozent gewichtet. Die Zusammenstellung des Index wird zweimal im Jahr überprüft. 2017 haben Anleger bisher gute Erfahrungen gemacht: Der ETF bringt es auf ein Plus von mehr als zehn Prozent.

Schroder ISF Greater China
Konsum und Technologie

Anleger haben dem Fonds rund eine Milliarde Dollar anvertraut. Die Mittel hat Fondsmanagerin Louisa Lo auf Unternehmen verteilt, die in Festland-China, Hongkong oder Taiwan ­ihren Sitz haben oder dort gelistet sind. Im Vergleich zur Benchmark ist die Konsum­branche höher, der Immobiliensektor niedriger gewichtet. Techwerte wie Tencent, Tai­wan Semiconductor und Alibaba zählen derzeit zu ihren Favoriten. In den vergangenen fünf Jahren erzielte der Fonds 87 Prozent.

Vontobel mtx Sust. EM Leaders
Nachhaltige Kursbildung

Aussichtsreich genügt nicht, Roger Merz und Thomas Schaffner achten bei den Investments für ihren Schwellenländerfonds auch auf Nachhaltigkeitskriterien. Aktien von 30 bis 60 Unternehmen kommen ins Portfolio. Brilliance Auto China hat diese ­Anforderungen erfüllt; insgesamt sind China-­Werte mit 33 Prozent gewichtet. Auch beim Bildungsunternehmen Kroton Educacional sind die beiden eingestiegen, das Unter­nehmen expandiert in Lateinamerika.

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Bildquellen: iStockphoto, C&OPhoto / Shutterstock.com

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