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Schwarzes Gold? Die Folgen der Turbulenzen am Ölmarkt

20.02.15 11:28 Uhr

Schwarzes Gold? Die Folgen der Turbulenzen am Ölmarkt | finanzen.net

2015 werden die Folgen des Ölpreissturzes auf Länder- undUnternehmensebene erst richtig sichtbar. Wir zeigen, wo.

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Rohstoffe

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Eine ganze Industrie betritt unbekanntes Terrain

Der Ölpreis hat sich 2014 halbiert. Wo das Gleichgewicht im Ölmarkt wiedergefunden wird, ist schwer zu prognostizieren. Sowohl der relativ neue Schieferölsektor als auch die strategisch neu positionierte OPEC sind 2015 die großen Unbekannten im Markt. Der Preissturz führt auf Länder- und Sektorebene zu großen Verschiebungen mit Gewinnern und Verlierern. Wir rechnen in Summe aber mit einem Stimulus für die Weltkonjunktur und die Börsen.

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Der Ölpreissturz fiel nicht vom Himmel

Ein Fass Öl der Sorte Brent hat sich in den vergangenen sieben Monaten in der Spitze von 115 auf 46 US-Dollar verbilligt. Dafür waren unseres Erachtens mehrere Faktoren verantwortlich, welche in der OPEC-Entscheidung kulminierten, die Produktion nicht zu kürzen. Zunächst wiesen die Prognoseänderungen der U.S. Energy Information Administration (EIA) darauf hin, dass im laufenden Jahr erneut ein Angebotsüberhang droht, wie bereits 2014. Der Nachfragerückgang geht vor allem auf die Schwellenländer zurück, auf die sich die Wachstumshoffnungen konzentrieren, nachdem der Westen seinen Konsumzenit erreicht hat. Zeitgleich mit dem Ölpreis fiel zudem die Konsensschätzung für das globale Wirtschaftswachstum 2015 - von 3,1 % auf 2,8 %. Auf der Angebotsseite überraschte einmal mehr das US-Schieferöl durch sein starkes Wachstum. Auch die Kapitalmärkte könnten einen Beitrag geleistet haben, vom starken US-Dollar über Rekord-Derivate positionen bis hin zur Furcht vor rückläufiger Liquidität. Entscheidend war jedoch der Strategieschwenk der OPEC, in Zukunft ihren Marktanteil und nicht den Ölpreis verteidigen zu wollen.

Öl - kein Markt wie jeder andere

Bei aller interner Zerstrittenheit bleibt die OPEC treibende Kraft im Ölmarkt. Ihre aggressiven Äußerungen bezüglich Marktanteilsgewinnen kann sie als Niedrigkostenproduzent mit den größten aktivierbaren Reservekapazitäten glaubwürdig vertreten. Allerdings hat die OPEC, ähnlich wie Anfang der 1980er, durch ihre vorige Hochpreisstrategie neue Anbieter erst dazu ermutigt, den Markt zu betreten. Damit steht die OPEC auch für die Absurditäten dieses Marktes. "Die OPEC hat der amerikanischen Ölindustrie den Krieg erklärt", klagte im Oktober 2014 der CEO einer US-Ölfirma.¹ Ausformuliert heißt das: Dadurch, dass die OPEC ihre Kartellmacht nicht mehr zur Manipulation des Ölpreises nutzt, setzt sie amerikanische Firmen dem freien Kräftespiel aus Angebot und Nachfrage aus. Es bedeutet also "Krieg", wenn die OPEC ihre Produktion nicht kürzt, weil die Amerikaner durch den aggressiven Ausbau des umstrittenen Schieferöls den Markt binnen vier Jahren mit 4 Mio. Fass pro Tag (b/d) zusätzlich geschwemmt haben. Auch der Umstand, dass der Preisverfall, der den Verbrauchern täglich rund 5 Mrd. US-Dollar mehr in ihren Taschen belässt,² so skeptisch betrachtet wird, zeugt vom besonderen Charakter dieses Markts. Neben der Sorge um gesellschaftpolitische Umbrüche in vom Ölexport abhängigen Staaten könnte sich darin auch die Sorge über eine Störung des Finanzkreislaufes in nach wie vor stark von Zentralbanken abhängigen Kapitalmärkten ausdrücken.

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Preisfindung mit vielen Unbekannten

Sollte sich die Nachfrage nicht überraschend erhöhen, muss die Marktbereinigung über einen Kapazitätsabbau erfolgen. Der neue Gleichgewichtspreis wird sich langfristig an den Vollkosten, kurzfristig an den Grenzkosten des teuersten Produzenten orientieren. Letztere dürften bei 35 bis 45 US-Dollar pro Fass liegen. Die Angebotsverknappung wird unserer Meinung nach aber über ausbleibende Folgeinvestitionen erfolgen. Hier steht der US-Schieferölsektor aufgrund seiner kurzen Investitionszyklen im Fokus. Nach einem turbulenten ersten Quartal, in dem der Preis unter 40 US-Dollar pro Fass WTI fallen kann, rechnen wir mit einer Erholung bis auf 65 US-Dollar bis Jahres ende. Schwer kalkulierbare Faktoren bleiben dabei: das Verhalten der OPEC, die Schmerzgrenze der Produzenten im Stress-Szenario, die Refinanzierungsbedingungen der Ölfirmen, das Ausmaß der Kostendeflation und Produktionsstörungen in den Krisen ländern. Mittelfristig wird nur die Kappung teurer Produktionsfelder in der Tiefsee und dem kanadischen Ölsand den Markt entlasten. Seit dem Jahreswechsel sind Aussagen zu Investitionskürzungen in die Höhe geschnellt und auch die Stilllegungen von Ölbohrtürmen in Nordamerika beschleunigen sich.¹ Wir rechnen bei US-Schieferöl 2015 mit einem Investitionsrückgang von 40%.

Was der neue Ölpreis bereits heute alles verändert

Es könnte bis zur Jahresmitte dauern, bevor sich belastbarere Aussagen zum Ölmarkt machen lassen. Dieser Report versucht daher, dem Leser genügend Informationen an die Hand zu geben, um sich ein eigenes Bild machen zu können. Wir gehen näher auf die Dynamiken des Ölmarkts und die Profile seiner wichtigsten Protagonisten - vor allem Schieferöl - ein. Wir schauen uns die Gewinner und Verlierer auf Länder- und auf Sektorebene und am Aktienmarkt genauer an. Bei unserem Ölpreisszenario sehen wir einen positiven Effekt für das Weltwirtschaftswachstum und eine dämpfende Wirkung auf die Inflation - in der Eurozone rechnen wir mit einem sinkenden Preisniveau. Wir erwarten einen weiteren Stimulus für die Aktienmärkte, bei weiterer Diskriminierung zwischen den Gewinnern und Verlierern. Bei Renten stehen die Hochzinsanleihen der US-Ölfirmen im Fokus, ebenso wie Investmentgrade-An leihen großer Ölproduzenten der Schwellenländer. Bei beiden rechnen wir noch mit weiteren Verwerfungen. Auch auf Länderebene sind diese nicht auszuschließen. Bei vielen ölexportierenden Ländern tragen die Ölexporte einen sehr hohen Anteil zum BIP bei. Neben einem Wirtschaftseinbruch droht einigen dieser Länder auch eine gefährliche Schieflage in ihrer Leistungs bilanz. Auf der anderen Seite sind noch vor den Industriestaaten die netto energieimportierenden Schwellenländer Gewinner des billigen Öls. Deutsche Asset & Wealth Management

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¹ Deutsche Asset & Wealth Management ist der Markenname für den Asset-Management- und Wealth-Management-Geschäftsbereich der Deutsche Bank AG und ihrer Tochtergesellschaften. Die jeweils verantwortlichen rechtlichen Einheiten, die Kunden Produkte oder Dienstleistungen der Deutsche Asset & Wealth Management anbieten, werden in den entsprechenden Verträgen, Verkaufsunterlagen oder sonstigen Produktinformationen benannt.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

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*Quelle: BVI, Stand 31. Mai 2013, inkl. DB-Produkte

**Stand: 30. Juni 2013