Offene Immobilienfonds

Mit Betongold hoch hinaus

07.01.15 17:20 Uhr

Mit Betongold hoch hinaus | finanzen.net

Mehrere Fonds werden zurzeit liquidiert. Mit ihnen ließ sich 2014 gutes Geld verdienen - Fortsetzung möglich.

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von Christoph Platt, Euro am Sonntag

Die Welt der Offenen Immobilienfonds ist seit Jahren zweigeteilt. Auf der einen Seite stehen die Fonds, die wie gewohnt ihren Geschäften nachgehen und deren Anteile sich - wenngleich mit einer einjährigen Kündigungsfrist - an die Fondsgesellschaft zurückgeben lassen. Auf der anderen Seite stehen die Immobilienfonds, die zurzeit aufgelöst werden. Sie nehmen die ausgegebenen Fondsanteile nicht zurück, sondern veräußern ihren gesamten Immobilienbestand und schütten die Erlöse nach und nach an die eingesperrten Anleger aus.

Die Guten und die Bösen, so könnte man meinen. Doch wer auf der Suche nach Rendite ist, wird sich mit den Guten nur schwerlich anfreunden können: Maximal drei Prozent Zuwachs erzielten die großen, frei verfügbaren Offenen Immobilienfonds im vergangenen Jahr.

Erfreuliche Rendite
Wesentlich mehr ließ sich mit den Fonds verdienen, die zurzeit ­liquidiert werden. Wer Ende 2013 Anteile eingefrorener Produkte über die Börse kaufte, konnte 2014 eine erfreuliche Rendite erzielen. Mit den größten Fonds in Abwicklung ließen sich rund 20 Prozent erwirtschaften. Das Plus setzt sich zusammen aus steigenden Börsenkursen und den Ausschüttungen, die im Lauf des Jahres erfolgten.

Die steigenden Börsenkurse sind Ausdruck einer Belebung des Gewerbeimmobilienmarkts. "Noch haben wir nicht die Umsätze der starken Jahre 2006 bis 2008 erreicht, doch die Dynamik ist gewachsen", sagt Stephan Witt, Kapitalmarktstratege der Finanzberatung Finum ­Private Finance. Deshalb wächst die Hoffnung, dass die eingefrorenen Fonds ihre Immobilienbestände zu akzeptablen Preisen veräußern können. "Seit dem Sommer gab es einige positive Meldungen, und das Wording der Anbieter ist deutlich zuversichtlicher geworden", berichtet Ottmar Wolf, Vermögensverwalter bei Wallrich Asset Management.

Kein Nutzen für Altanleger
Anleger, die schon seit Jahren in den zu liquidierenden Fonds festsitzen, können sich allerdings über Kurssprünge nur eingeschränkt freuen. Sie haben meist schon vor Jahren ihre Anteile direkt bei der Fondsgesellschaft gekauft - zum ­damals weitaus höheren Nettoinventarwert. Dieser wird von den Anbietern anhand des Werts des Immobilienbestands täglich neu berechnet.

Wer aber den Einstieg in Offene Immobilienfonds, die liquidiert werden, als Investitionsgelegenheit versteht, kann einen schönen Schnitt machen. Das ist möglich, indem die Fonds mit einem deutlichen Abschlag zum veröffentlichten Netto­inventarwert an der Börse gekauft (siehe Investor-Info unten) und ­anschließend bis zum Verkauf aller Immobilien gehalten werden.

Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass Anleger am Ende genauso viel erhalten wie der aktuelle Anteilswert der Fondsgesellschaft vorgibt. Denn in den vergangenen Jahren der Abwicklung sank der Nettoinventarwert beständig, weil einzelne Gebäude abgewertet werden mussten - dies dürfte sich fortsetzen.

Doch dass der Verkauf der Immobilienbestände nur so wenig ergibt, wie die Anteile derzeit an der Börse wert sind, ist genauso unwahrscheinlich. "Hinter den Fonds stehen reale Werte - Immobilien, die in Schuss gehalten wurden", sagt ­Finum-Experte Witt. "Ein derart ­hoher Abschlag, wie er beim Börsenhandel zu sehen ist, ist nicht zu ­erwarten." Und Vermögensverwalter Wolf rechnet vor: "Wenn Anleger Anteile für 75 Prozent des Nettoinventarwerts kaufen und der Anteil am Ende 90 Prozent wert ist, wäre das ein gutes Investment."

Vier Kriterien entscheidend
Wer sich an diese Spekulation ­heranwagt, sollte vier Kriterien im Auge behalten. Das erste ist der Abschlag des Börsenkurses gegenüber dem von der Fondsgesellschaft genannten Anteilswert. Je höher der Abschlag, desto mehr Potenzial hat das Investment.

Zweites Kriterium ist die Liquidität. Je öfter ein Fonds an der Börse gehandelt wird, desto geringer ist der Abstand zwischen Kauf- und Verkaufspreis. Das ist gut für den Käufer, denn so bleibt er von überzogenen Preisvorstellungen verschont. Anleger sollten sich also auf die liquidesten Fonds beschränken.

Drittes Kriterium sind die Immobilienbestände, die noch im Fonds enthalten sind. Eine exakte Analyse des Werts aller Gebäude ist schwierig bis unmöglich. Es reicht jedoch meist aus, sich einen groben Überblick über das Portfolio zu verschaffen. Beispielsweise steigt das Risiko, wenn sich nur noch zwei oder drei Gebäude im Fonds befinden. Denn in diesem Fall hängen Erfolg oder Misserfolg an diesen wenigen Gebäuden. "Das Ganze wird dann sehr binär, sprich: Die Abwicklung kann top zu Ende gehen oder als Flop enden", ­erläutert Wolf.

Viertes Kriterium ist die bisherige Abwicklungspraxis des Anbieters. Hier zeigt sich, wer Fingerspitzen­gefühl und Durchhaltevermögen beim Verkauf von Gebäuden bewiesen hat, wer transparent informiert und wer Elan bei den Verkäufen zeigt. Vorzuziehen sind die engagierten Gesellschaften allemal. Da vor allem das zweite Kriterium die Auswahl der Fonds sehr beschränkt, bleiben eigentlich nur die größten Offenen Immobilienfonds, die zurzeit abgewickelt werden, als Investments übrig (siehe Investor-Info unten). Sie enthalten noch etliche Immobilien und haben noch rund zwei Jahre Zeit, um die Gebäude zu verkaufen.

Eine der besten Anlageideen
Mit einem klassischen sicherheitsorientierten Investment in Betongold hat die Wette auf die Fonds in Liquidation natürlich nicht mehr viel zu tun. "Das Thema ist sicher nicht für die breite Masse geeignet, sondern eher für risikoaffine Anleger, die die Spekulation bewusst eingehen wollen", sagt Witt.

Trotzdem hält Kollege Wolf diese Anlagestrategie für herausragend: "Wir sehen bei den Fonds in Abwicklung ein gutes Chance-Risiko-Profil und halten das derzeit für eine der besten Anlageideen." Mit Blick auf die Anlageklasse geht der Vermögensverwalter sogar noch weiter: "Der Kauf von Fonds in Abwicklung über die Börse ist die möglicherweise letzte gute Anlageidee zu ­Offenen Immobilienfonds", sagt er. Die knapp drei Prozent Rendite, die die "normalen" Offenen Immobilienfonds zurzeit bieten, sind für ihn jedenfalls keine Alternative.

Investor-Info

Immofonds in Abwicklung
Hohe Abschläge an der Börse

Anteile Offener Immobilienfonds können an der Börse ge- und verkauft werden. Es empfiehlt sich die Börse Hamburg, da diese beim Fondshandel in Deutschland führend ist und die meisten Transaktionen durchführt. Die Börsenkurse der Immobilienfonds, die zurzeit aufgelöst werden, sind deutlich niedriger als die Anteilswerte, die von den Anbietern veröffentlicht werden. Die Abschläge bewegen sich zwischen 17,7 und 49,3 Prozent (siehe Tabelle). Aus zwei Gründen kommt es zu diesem hohen Abschlag. Zum einen ist fraglich, ob sich mit den noch vorhandenen Immobilien der Anteilswert tatsächlich erwirtschaften lässt. Zum anderen handelt es sich um einen Liquiditätsabschlag, mit dem abgegolten wird, dass Anteile trotz der Schließung des Fonds handelbar sind. Anleger, die in Offenen Immobilienfonds festsitzen, sollten nur im Notfall ihre Anteile an der Börse verkaufen. Denn die Chancen sind hoch, dass die Einbußen am Ende nicht so hoch ausfallen werden wie bei einem Verkauf an der Börse. Anleger, die auf diese Chance setzen wollen, sollten sich beim Kauf über die Börse auf die gängigsten Fonds in Abwicklung beschränken, weil diese leicht zu handeln sind. Dazu zählen der CS Euroreal, der KanAm grundinvest und der SEB ImmoInvest. Sie verfügen über den größten Immobilienbestand.

Fonds ISIN Abschlag
AXA Immoselect DE 000 984 645 1 49,3%
CS Euroreal DE 000 980 500 2 23,1%
db ImmoFlex DE 000 DWS 0N9 0 28,8%
Degi Europa DE 000 980 780 0 24,6%
Degi International DE 000 800 799 8 21,3%
KanAm grundinvest DE 000 679 180 9 24,5%
KanAm US-grundinvest DE 000 679 181 7 17,7%
Morgan St. P2 Value DE 000 A0F 6G8 9 21,1%
SEB ImmoInvest DE 000 980 230 6 28,4%
UBS 3 Sector Real Est. DE 000 977 268 1 20,5%
Quelle: Finanzen.net, Anbieter, Börse Hamburg

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