Markus Hill-Kolumne Markus Hill

Family Offices, Knowhow und Asset Management - von Trüffeln, Töpfen und Deckeln

01.09.15 12:22 Uhr

Family Offices, Knowhow und Asset Management - von Trüffeln, Töpfen und Deckeln | finanzen.net

"Wer suchet, der findet", zumindest scheint dies oft eine Vorgehensweise bei der Produktauswahl für Investoren zu sein, um die passenden Asset Manager zu identifizieren.

Viele der Produktanbieter am Markt gehen von dieser Annahme aus. Erwartet wird häufig, dass der Selektor automatisch einen Überblick über die relevanten Ansätze und Fondsmanager hat. Kann man als Asset Manager immer davon ausgehen, dass man beim Beauty Contest berücksichtigt wird? Lassen sich aus der Selektionspraxis noch Schlüsse auf andere Produktkategorien und Asset-Klassen ziehen?

Family Offices als ein Beispiel für trüffel-suchende Investoren

Der Begriff Family Office ist bekanntlich, wie der Begriff Fondsboutiquen, keinesfalls ein wissenschaftlich eindeutig definierter Begriff. Der Kampf um die Deutungshoheit hält noch an, eine Frage zum Beispiel: "Echte" Family Offices - dürfen die überhaupt selber Produkte managen und offensiv promoten? Die Diskussion erscheint interessant, so schnell wird sie nicht abbrechen, die Branche ist gespannt. Family Offices sollen an dieser Stelle einfach stellvertretend stehen für Investoren, die einen großen Freiheitsgrad bei überdurchschnittlich ausgeprägter Langfristorientierung bei der Auswahl von Produkten, Ansätzen und Managern haben.
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Investoren und Due Diligence - Konzentration versus Vielfalt

Betrachtet man die Situation vielen Investoren beim Due Diligence-Prozess (Direkt- und Fonds-Investments) kommt einem sofort der Begriff des "Information Overflows" in den Sinn: Erbetene oder unerbetene Anrufe von Investment-Anbietern, "Fact-Sheet-Terror" und ein ständiger Strom von Fachpublikationen, die es angeblich zu verfolgen gilt, sind nur Symptome dieser teilweise als individuellem Stress empfundenen Phänomens auf Selektorenseite.

Dass beim Managersearch in der Regel, verschieden im Aufwandsgrad, die qualitative der quantitativen Analyse folgt, erscheint als Standardvorgehensweise und lässt sich auch bei anderen semi-institutionellen und bei klassischen institutionellen Investoren beobachten. Interessant wird es, wenn Asset-Klassen "exotischer" erscheinen bzw. wenn sich beim Auswahlprozess sehr heterogene "Informationscluster" vorfinden lassen: Wo finde ich Manager, die noch nicht die 3-Jahres-Frist Track-Recordüberschritten haben? Wo finde ich Manager, die von Top-Asset- Management-Adressen kommen und Spezialfonds mit exzellenten Ergebnissen betreut haben? Wo finde ich Advisory bei fachlich komplexer zu betrachtenden Asset-Klassen - bei Direktinvestments wie auch bei Fondsansätzen? Investorenfeedbacks beim 1. Frankfurter Fondsboutiquen-Panel haben in 2014 zum Beispiel gezeigt, dass der Knowhow-Stand bezüglich aufstrebender Talente im Bereich Fondsboutiquen durchaus als heterogen zu bezeichnen ist, vertiefender fachlicher Gedankenaustausch beim Search hilft hier allen Beteiligten.

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Knowhow und Netzwerke stehen im Vordergrund

Natürlich haben sich zahlreiche Family Offices in den letzten Jahren Knowhow im Selektionsprozess dadurch gesichert , dass man zum Beispiel Kollegen von Mitbewerber-Adressen (Multi Family Office für Multi Family Office) oder anderen Selektoren "abgeworben" hat. Natürlich geschah dies zeitgleich mit dem Aufbau von eigenen, internen Knowhow-Quellen (Schulung, Austausch - inviduell oder in FO-Netzwerken). Zusätzlich erfreuen sich viele Family Offices zunehmend interessanter Bewerbungen von Bankfachkräften, Vermögensverwaltern oder auch von diversen institutioneller Investoren. Eine Diffusion von Wissen findet statt, ein erfreulicher Tatbestand für die Industrie. Warum erscheinen diese Jobs so interessant? Zum einen kann es ein Ausdruck von Frustration sein. Vielleicht findet sich der eine oder andere Selektor bei bestimmten Geschäftsmodellen in der klassischen Fonds- bzw. Bankenindustrie nicht mehr wieder. Spricht man mit dem beschriebenen Personenkreis findet man interessanter Weise neben durchaus opportunistischen Überlegungen (Stellenabbau bei Herkunftsadresse etc.) häufig eine recht "idealistische" Haltung zum eigenen Beruf bzw. "Berufung" als Selektor: Interesse an Treuhand-Funktion für den Prinzipal bei Family Office, Interesse an Langfristorientierung bei Investments, Erwerb von glaubhafter "Neutralität" beim Selektionsprozess.

Einen zusätzlichen Anreiz bieten Selektoren-Fachstellen bei Family Offices durch das bereichsübergreifende Denken beim Selektionsprozess: Viele der Skills bei der Analyse von liquiden Produkten können oft auch bei der Beurteilung von illiquiden Investments zum Tragen kommen: Fachlich gute Nasen finden auch hier oft bei Investments bestimmte "Trüffel" bzw. "Investment-Perlen".

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Kapitalanlagegesellschaften und Haftungsdächer - Persönlichkeit und Knowhow

Beim derzeit intensiv diskutierten "Digitalisierungshype" (Fintech-Diskussion etc.) wird häufig vergessen, dass im B2B-Bereich sehr häufig die Auswahl potenzieller Geschäftspartner, ähnlich wie im Bereich Managerselektion, oft noch durch die Pflege des persönlichen Kontakts begleitet wird. Bei komplexen Beratungsdienstleistungen wird Face-to-Face-Kontakt noch sehr geschätzt. Natürlich können Plattformen, Datenbanken und Portale als erster Anlaufpunkt für Grundinformationen dienen. Trotzdem: Genauso, wie viele Kunden bzw. Investoren einen Fachanwalt in der Regel nicht durch Portale kennenlernen, genauso werden diese potenziellen Klienten den direkten Kontakt mit Kapitalverwaltungsgesellschaften wie Universal Investment, Ampega, Hauck & Aufhäuser und vielen andere kompetente Adressen der spezialisierten Fondsboutiquen-Dienstleistungsindustrie schätzen: Das eine tun, das andere nicht lassen.

Wenn man die Sachverhalte auf einer Meta-Ebenen betrachtet: Genauso wie der Verband der unabhängigen Vermögensverwalter Deutschland e.V. (VuV, Deutscher Vermögensverwaltertag, 13.11.2015) und der Bundesverband Investment und Asset Management e. V. (BVI, Asset Management Konferenz AMK, 1.10.2015) sowie der Verband unabhängiger Family Offices (VUFO) den Gedankenaustausch in der Branche fördern sind neben Kapitalverwaltungsgesellschaften mittlerweile auch Haftungsdächer wie zum Beispiel BN & Partners, Netfonds AG und auch viele Vermögensverwalter mit dieser Funktion als Knowhow-Netzwerke und Multiplikatoren zu betrachten. Oft wird vergessen, dass an den Schnittstellen zu Private Label-Fondsauflagen bzw. bei den Dienstleistern im Hafttungsdach-Bereich viele heterogene "Informationscluster Vermögensverwaltung" zusammenfinden. Oft finden gerade an diesen Schnittstellen von Mandatssuche bzw. Konzeptfeedback (Fondsauflage oder Businessmodelle) ein fruchtbarer Austausch von Meinungen statt: Jeder Topf findet so über kurz oder lang seinen Deckel!