Interview

MENA-Fonds: Meilenstein für die Region

05.07.14 11:00 Uhr

Wieso Franklin-Templeton-­Manager, Bassel Khatoun, auf die Börsen im Nahen Osten und in Nordafrika (MENA) setzt - trotz Problemen in der Region.

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von Alexander Sturm, Euro am Sonntag

Zuletzt zählten ihre Börsen zu den stärksten der Welt: Die Staaten des Nahen Ostens und Nordafrikas haben sich nach mageren Jahren in der Finanzkrise und im Arabischen Frühling am Kapitalmarkt zurückgemeldet. Binnen Jahresfrist verdoppelten sich die Kurse in Dubai und Ägypten, in Saudi-Arabien und Katar stiegen sie um 30 Prozent. Zuletzt gaben einige Leitindizes aber nach. In Dubai wackelten die Börsen aus Unsicherheit über die Zukunft des Baukonzerns Arabtec - was Investoren zum Wiedereinstieg nutzten. €uro am Sonntag fragte Templeton-Fondsmanager Bassel Khatoun, wie es um die Region bestellt ist.

€uro am Sonntag: Herr Khatoun, warum sollten Anleger in die MENA-Staaten investieren?
Bassel Khatoun:
Die Region ist eine der wirtschaftlich stärksten der Welt. Saudi-Arabien, Oman und Katar erzielen hohe Zahlungsüberschüsse. Am Golf erwarten wir In­frastrukturinvestitionen von drei Billionen Dollar, auch wegen der Weltausstellung 2020 in Dubai und der Fußball-WM 2022 in Katar. Zum starken Wachstum kommt die Sicherheit der Bonität von Industrienationen: Die Ratings der Golfstaaten zählen zu den höchsten der Welt. Diese Kombination gibt es nicht oft.

Wie viel ist schon in den Kursen eingepreist? Jeder weiß doch, dass die WM 2022 nach Katar kommt.
In manchen Branchen haben wir tatsächlich hohe Kurse genutzt, um Positionen abzubauen. Aber wir finden genug aussichtsreiche Aktien.

Der Reichtum im Nahen Osten speist sich vor allem aus Öl. Macht das nicht verwundbar?
Wir investieren in elf Staaten von Oman im Osten bis Marokko im Westen. Natürlich prägt Öl die Region, aber nur fünf dieser Länder erzielen damit über 30 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung: die Golfstaaten, die aber eine geringe Verschuldung und hohe Überschüsse und Investitionen vorweisen. Die nordafrikanischen Staaten aber importieren Öl. Für sie sind Konsum, Tourismus und Landwirtschaft wichtiger. Das macht uns flexibel: Bei hohen Ölpreisen investieren wir mehr in die Golfstaaten, bei niedrigen mehr in Nordafrika.

Trotzdem hängt die Hälfte Ihres ­Anlageuniversums am Ölpreis, auf den Sie keinen Einfluss haben ...
Die Golfstaaten arbeiten daran, sich wirtschaftlich breiter aufzustellen. Schon jetzt wachsen manche Branchen schneller als der Ölsektor.

Welche meinen Sie?
In Katar ist es die Infrastrukturbranche, die von Bauprojekten profitiert. In Saudi-Arabien ist es der Immobiliensektor, der in Wohnungen für die wachsende Mittelschicht investiert. In den Vereinigten Arabischen Emiraten sind es Tourismus, Handel und das Finanzzentrum Dubai.

Wie groß ist die Gefahr, dass Konflikte die MENA-Börsen mitreißen? Immerhin haben wir Krieg in Syrien und ISIS-Rebellen im Irak.
Wir investieren weder in Syrien noch im Irak. Eine gewisse Ansteckungsgefahr besteht indes, etwa von Syrien auf den Libanon. Daher investieren wir dort sehr vorsichtig, obwohl in den Kursen schon ein hoher Abschlag eingepreist ist. Es sieht auch nicht überall düster aus: Die USA und Iran nähern sich an, was riesige Chancen birgt. Auch Länder des Arabischen Frühlings wie Ägypten und Tunesien stabilisieren sich.

Was wäre, wenn sich der Vormarsch der ISIS-Rebellen zu einem Flächenbrand im Nahen Osten ausweitet?
Es ist zu früh, um das zu beurteilen. Was die Folgen für die Börsen betrifft: Ebenso wie in meinem Fonds zählt Irak nicht zum Anlageuniversum der meisten regionalen Indizes.

Gerade in den Golfstaaten sind die Kurse schon stark gestiegen. Welche Länder sind Ihnen zu teurer?
Die Vereinigten Arabischen Emirate. Langfristig bleiben die Aussichten gut. Aber mit der Heraufstufung des Landes zu einem Schwellenland im MSCI-Emerging-Markets-Index floss viel spekulatives Geld nach Dubai.

Auch Katar wurde zum Schwellenland befördert. Werden künftig Schwellenländerkrisen auf die ­Region durchschlagen?
Bislang waren die MENA-Staaten relativ unabhängig von den globalen Börsen. Über einen Zyklus hinweg stimmte ihre Entwicklung nur zu 14 Prozent mit dem MSCI-Schwellenländerindex überein, mit globalen Aktien waren es nur gut 50 Prozent. Ich will die Zuflüsse nicht klein reden, doch das meiste Kapital kommt weiter aus der Region. Insgesamt sind die Heraufstufungen ein Meilenstein für die Region, weil es sie auf den Radar der Investoren bringt. Auch wenn sie etwas ablenken.

Wovon denn?
Saudi-Arabien ist für 50 Prozent der Wirtschaftsleistung der Region verantwortlich und für einen noch größeren Teil der Börsenkapitalisierung. Bisher sind die Börsen für ausländische Käufer geschlossen, doch nun will sie die Regierung öffnen. Das würde die Region umwälzen. Die MENA-Staaten könnten ein fester Teil des Schwellenländeruniversums werden, ebenso wie Südamerika und Asien. Darum geht es.

Viele Schwellenländer leiden, wenn westliche Investoren Geld abziehen. Droht das auch den MENA-Staaten?
Ich glaube, sie sind widerstandsfähiger. Die Golfstaaten haben hohe Devisenreserven und erzielen große Haushaltsüberschüsse. Die Gefahr, dass Geld in großem Stil abfließt, ist ohnehin geringer: In die MENA-Staaten ist zuvor viel weniger Kapital geflossen als in die Schwellenländer.

Trotzdem sind MENA-Aktien lange nicht gut gelaufen - auch Ihr Fonds nicht. Woran hakte es?
2013 war ein Spitzenjahr. Von 2008 bis 2012 aber haben MENA-Aktien viel schlechter abgeschnitten als die der Schwellenländer. Die Rally nach der Finanzkrise haben sie nicht mitgemacht. Denn Investoren kannten die Region kaum. Und natürlich hat der Arabische Frühling viele abgeschreckt. Erst seit Kurzem laufen MENA-Aktien besser. Die Investoren haben gemerkt, dass die Region aus dem Gröbsten heraus ist.

Investor-Info

Franklin MENA Fund
Übergewicht am Golf

Vom rasanten Kursanstieg in der Region profitierte auch Khatouns Fonds: Auf Sicht von einem Jahr legte er um über 35 Prozent zu. Dafür sorgten vor ­allem Finanzwerte und Infrastrukturtitel aus Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar, die das Portfolio klar dominieren und oft hohe Dividenden bieten. Nun will Khatoun mehr in Nordafrika investieren, das vom kräftigen Konsum einer jungen Bevölkerung profitiert. Attraktiv, aber wegen der vielen Krisen in der Region nur als Beimischung.

Baring MENA Funds
MENA mit Sicherheitspolster

Wer an den Aufschwung der Region glaubt, kann ­alternativ auf das Konkurrenzprodukt von Barings setzen. Der 2010 aufgelegte Fonds investiert mindestens 70 Prozent seines Portfolios in MENA-Staaten und ansonsten in ausländische Firmen, die in der Region engagiert sind. Aktien aus der Türkei und Großbritannien machen daher gut 16 Prozent des Fonds aus. Zudem hat das MENA-Schwergewicht Saudi-Arabien einen etwas geringeren Anteil. Im Portfolio liegen Finanz- und Telekommunikations­titel vorn. Etwas niedrigere Kosten.

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