Smart-Beta-ETFs: Den Index aufpolieren
Eine neue Generation von Exchange Traded Funds sorgt weltweit für Furore. Diese bilden Indizes nicht nur ab, sondern korrigieren die Schwächen der herkömmlichen Börsenbarometer.
Werte in diesem Artikel
von Jörg Billina, Euro am Sonntag
Geht das? Mit einem börsengehandelten Indexfonds (ETF) bessere Ergebnisse erzielen als mit dem zugrunde liegenden Index selbst? Es funktioniert, sagen zumindest die Anbieter von Smart-Beta-Produkten. Man muss nur die in einem Kursbarometer enthaltenen Werte smarter, also intelligenter, anordnen.
Etwa nach fundamentalen Kriterien, die Aufschluss über den Erfolg eines Unternehmens geben, wie Dividendenrendite oder Cashflow. Zudem kann man bestimmte Titel, Branchen oder Länder einfach weglassen. Auch nach der Volatilität der Aktien lässt sich ein Index alternativ gewichten. Oder man investiert in jede Aktie zu gleichen Teilen. Dann kann das Beta durchaus höher ausfallen; der griechische Buchstabe bezeichnet in der Investmentsprache die Wertentwicklung eines breiten Aktienmarkts.
Möglichkeiten, einen Index aufzupolieren, gibt es viele. Die Art und Weise, wie er optimiert wird, ist das einzig aktive Element in den ansonsten passiv gemanagten Smart-Beta-ETFs. Subjektive Einschätzungen eines Fondsmanagers oder aktuelle Marktentwicklungen haben keinen Einfluss auf die Zusammenstellung. Gemeinsames Merkmal aller Smart-Beta-Strategien ist, dass sie transparent, kontinuierlich und auf Regeln beruhend angewendet werden. Die Anbieter unterscheiden sich jedoch darin, wie stark sie von dem zugrunde liegenden Index abweichen. Lyxor beispielsweise bleibt ziemlich nahe dran, Ossiam dagegen nimmt sich größere Freiheiten heraus. Welche der Strategien, die einfach bis hochkomplex ausfallen und auch miteinander kombiniert werden können, die vielversprechendste ist, lässt sich wegen der jungen Historie der Produkte noch nicht sagen. Rückrechnungen und vor allem auch erste Ergebnisse der Smart-Beta-Fonds stimmen aber grundsätzlich optimistisch.
Anlegerinteresse ist geweckt
So schaffte der von db X-trackers aufgelegte S & P 500 Equal Weight seit Januar 2012 ein Plus von annähernd 53 Prozent - der traditionelle S & P 500 bringt es nur auf 48 Prozent. Und der auf schwankungsarme Werte setzende Ossiam iStoxx Europe Minimum Variance schneidet auf Sicht von zwei Jahren nur leicht schlechter ab als sein Pendant, der Stoxx Europe 600. Der Ossiam-Fonds weist aber eine deutlich geringere Schwankungsbreite auf.
Solche Ergebnisse wecken das Interesse der Anleger. Im vergangenen Jahr flossen Gesellschaften wie BlackRock, Ossiam, Lyxor oder State Street 43 Milliarden Dollar zu, in diesem Jahr sammelten sie schon 40 Milliarden Dollar ein.
Mittlerweile haben Investoren weltweit nach Angaben von Bloomberg in Smart-Beta-Fonds umgerechnet mehr als 110 Milliarden Euro investiert. Im Vergleich zu traditionellen Exchange Traded Funds, in die Anleger nach Angaben des Investment Company Institute weltweit rund 1,2 Billionen Euro gesteckt haben, ist das zwar wenig. Doch die Nachfrage wird immer stärker, das Angebot vielfältiger.
So brachte die österreichische Gesellschaft Myra Capital jüngst den Myra Emerging Markets Allocation Fund auf den Markt, der gleichgewichtet in die Länder des MSCI Emerging Markets investiert.
Auch die Anlageklasse Rohstoffe lässt sich mit Smart-Beta-Fonds spielen: Der Ossiam Risk Weighted Enhanced Commodity ex-Grains ermöglicht Investoren ein Engagement in einen diversifizierten Korb aus 20 Rohstoffterminkontrakten mit geringer Volatilität. Das Risiko einer zu starken Konzentration etwa auf Rohöl wird dabei vermieden.
Die wachsende Popularität von Smart Beta resultiert vor allem aus der bestehenden Schwäche herkömmlicher ETFs: Diese bilden marktgewichtete Indizes ab. Einige wenige Titel können dann aber dominieren. Beispiel DAX: Der Anteil von Bayer an der Gesamtmarktkapitalisierung des deutschen Leitindex beträgt 9,8 Prozent, BASF bringt es zudem auf 9,2 Prozent. Die Entwicklung der Chemiebranche hat so einen übermäßig großen Einfluss auf den Kursverlauf des gesamten DAX.
Ein weiterer Nachteil kommt hinzu: Die Anleger eines traditionellen ETFs engagieren sich verstärkt in Aktien, die im Kurs schon stark gestiegen sind. "Gleichgewichtete Smart-Beta-Fonds können dagegen langfristig in Aufschwungphasen besser abschneiden als traditionelle ETFs, da sie die Kurschancen der noch günstigen Titel nutzen", sagt Markus Kaiser, ETF-Experte und Vorstand der Fondsboutique StarCapital. Allerdings: "Wegen ihrer Tendenz zu kleineren Werten neigen sie aber in Abschwungphasen dazu, auch mehr zu verlieren."
Sinnvolle Ergänzung
Smart-Beta-Fonds sind also keine Garantie auf bessere Wertentwicklungen zu jeder Zeit. Zur sinnvollen Ergänzung des Portfolios eignen sie sich trotzdem. Vor dem Kauf sollten Investoren jedoch genau prüfen, mit welcher Strategie sie ihren Vermögensaufbau noch optimieren wollen. Für Anleger, die sich noch nicht in Value-Werten engagiert haben, ist es durchaus sinnvoll, das Portfolio mit einem gleichgewichteten oder einem fundamentale Kriterien beachtenden Smart-Beta-Fonds zu verstärken. Denn diese enthalten eine ganze Reihe substanzstarker, unterbewerteter Aktien.
Smart-Beta-Strategien, die Aktien mit geringer Volatilität präferieren, eignen sich für Anleger, die generell das Börsengeschehen entspannter verfolgen wollen. Sie sind aber auch für jene Investoren interessant, die nach dem Kursanstieg der vergangenen Jahre eine Korrektur nicht mehr ausschließen. In der Vergangenheit haben sich schwankungsarme Werte im Abschwung relativ gut gehalten.
Auf einen Punkt sollten Anleger bei der Kaufentscheidung eines Smart-Beta-Fonds aber immer achten: die Gebühren. Sie liegen manchmal über denen traditioneller Exchange Traded Funds. Das kostet aber langfristig Rendite.
Investor-Info
Smart-Beta-Strategien
Alternative Anlageideen
Traditionelle börsengehandelte Indexfonds (ETF) bilden die Zusammensetzung und Wertentwicklung bestimmter Indizes wie des DAX eins zu eins ab. Die wohl einfachste Variante, einen Index zu verändern, ist die Gleichstellung seiner Komponenten. Eine weiteres Smart-Beta-Konzept ist die Gewichtung der Aktien anhand bestimmter Kriterien, die das Risiko eines Engagements erkennen lassen. Als Messgrößen werden zum Beispiel die Verschuldung eines Unternehmens, die Dividendenrendite oder der Buchwert herangezogen. Die Minimum-Varianz- beziehungsweise Minimum-Volatilitäts-Methode wiederum gewichtet Aktien mit geringerer Schwankungsbreite höher als Werte mit starker Volatilität.
db x-Tr. S & P 500 Equal Weight
Gleiches Gewicht
Der von db X-trackers aufgelegte Exchange-Traded-Fund investiert zu je 0,2 Prozent in die 500 Unternehmen des US-Index S & P 500. Der ETF wird vierteljährlich neu gewichtet. Seit Januar 2012
erzielte das Papier ein Plus von 52,7 Prozent. Der marktgewichtete S & P 500 bringt es im selben
Zeitraum dagegen nur auf 47,8 Prozent.
Ossiam iStoxx Eur. Min. Var.
Geringere Schwankungen
Im Stoxx Europe 600 notieren Unternehmen, die europaweit die höchste Marktkapitalisierung aufweisen. Der Ossiam iStoxx Europe Minimum Variance filtert daraus die 300 Werte mit der geringsten Volatilität. Die Schwankungsbreite des ETF liegt so im Schnitt um sechs Prozentpunkte tiefer als die des Index. Seit Jahresanfang schneidet der Ossiam-Fonds bislang um 2,7 Prozentpunkte besser ab.
Lyxor ETF FTSE Rafi US 1000
Klare Regeln
Der von Lyxor ausgegebene ETF bildet den FTSE Rafi US 1000 Net nach. Die Gewichtung erfolgt im ETF jedoch nach quantitativen Regeln. Diese beinhalten fundamentale Kriterien wie Buchwert, Erlöse, Cashflow und Dividendenzahlungen. In den vergangenen zwei Jahren erzielte der ETF rund
63 Prozent, der Index schaffte etwa 52 Prozent.
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