Euro am Sonntag-Standpunkt

Den Euro stärken: Was auf das von-der-Leyen-Team zukommt

27.10.19 16:00 Uhr

Den Euro stärken: Was auf das von-der-Leyen-Team zukommt | finanzen.net
Alexander Italianer

Es zeichnet sich ab, dass sich der Start für die neue EU-Kommission unter Ursula von der Leyen verschieben könnte. Doch wichtige Besetzungen in Sachen Euro sowie Anleger- und Verbraucherrecht sind fix.

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von Alexander Italianer, Gastautor von Euro am Sonntag

Vor der tatsächlichen Abstimmung des EU-Parlaments über die neue "Geopolitische Kommission" stellt sich die Frage, wie Ursula von der Leyen, die Tochter eines Generaldirektors für Wettbewerb in der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, ihr Team in Fragen der Wirtschaft wie Eurostabilität, Finanzmarktregulierung und Finanzstabilität positionieren will.

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Zunächst einmal kann man ihr Team als vielfältiger bezeichnen als das ihrer Vorgänger. Einzigartig ist, dass sie ­darauf abzielt, ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis zwischen den 27 vorgeschlagenen EU-Kommissaren zu erreichen.

Kommissar Dombrovskis will
bessere Finanzdienstleistungen

Mehr politische Vielfalt ist ebenfalls ein Thema. Dies zeigt die Zusammensetzung der obersten Leitung ihrer Kommission. Von der Leyen hat unter sich ein Triumvirat von drei sogenannten ­Exekutiv-Vizepräsidenten geschaffen, welche die drei wichtigsten politischen Gruppierungen im Europäischen Parlament vertreten. Das Trio besteht aus dem Ersten Vizepräsidenten Frans Timmermans (S & D-Fraktion) aus den Niederlanden, der Dänin Margrethe Vestager (Renew Europe) und Valdis Dombrovskis (EPP), der als Lette sowohl die kleineren wie auch osteuropäischen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union repräsentiert.

Jean-Claude Juncker hatte das System der handlungsfähigen Vizepräsidenten eingeführt. Von der Leyen behält es bei, gibt aber darüber hinaus jedem der drei Executive Vice-Presidents ein explizites Portfolio. Dazu gehört beispielsweise das Finanzdienstleistungsportfolio von Dombrovskis, der nun eine "Wirtschaft, die für die Menschen arbeitet" verantwortet und damit der Hauptkoordinator für makroökonomische und finanzielle Fragen wird.

Wie wird von der Leyen nun ihr Team bei Themen, die für Investoren wichtig sind, positionieren? Die bisherigen Signale deuten darauf hin, dass sie sich wünscht, dass der Euro eine stärkere ­internationale Währung wird, zum ­Beispiel für die Ausgabe von Schuld­verschreibungen. Sie will auch die europäische Wirtschaft stabilisieren, indem sie ihre Widerstandsfähigkeit gegen Schocks erhöht. Dies würde dadurch erreicht, dass die hohe Verschuldung ­sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor angegangen wird. Sie unterstützt jedoch die volle Nutzung der Flexibilität, die nach den Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts möglich ist, sofern die Haushaltsverantwortung gewährleistet ist.

Das Einlagensicherungssystem ist
weiterhin ein Streitpunkt

Sie wird auch ein europäisches Rückversicherungssystem für Arbeitslosenunterstützung vorschlagen, um den Druck auf die öffentlichen Finanzen bei ex­ternen Schocks zu verringern. Was die Finanzstabilität betrifft, so verpflichtet sich von der Leyen zur Vollendung der Bankenunion, einschließlich eines gemeinsamen Backstops für den Einheitlichen Entschädigungsfonds und zur Einigung über ein Europäisches Einlagensicherungssystem, womit sie die Bemühungen ihrer Vorgängerin in dieser Richtung fortsetzt. Es ist jedoch kein Geheimnis, dass bis jetzt, trotz intensiver Verhandlungen, die Mitgliedstaaten noch nicht in der Lage waren, über diese sensiblen Themen eine Einigung zu finden.

Als positives Signal an die Anleger will sie die Arbeit an einer Kapitalmarkt­union beschleunigen und damit grenz­überschreitende Investitionen erleichtern, das Aufsichtssystem verbessern und Insolvenz- und Steuerverfahren besser harmonisieren.

Gleichzeitig erhielt Vizepräsident ­Maroš Šefčovič aus der Slowakei, der in das Ressort ­"Interinstitutionelle Beziehungen und bessere Rechtsetzung" versetzt wurde, den Auftrag, ein Instrument zur Anwendung des "One in, one out"-Prinzips zur Verringerung des regulatorischen Aufwands für neue Politikvorschläge zu entwickeln. Dieses Prinzip, das auf der einfachen Idee beruht, dass jeder Anstieg der Regulierungslast durch neue Vorschriften mit einer entsprechenden Verringerung der Belastung an anderer Stelle ausgeglichen werden sollte, wird die Umsetzung in der vielschichtigen legislativen Entscheidungsstruktur der Europäischen Union nicht einfach machen.

Die Intention ist jedoch klar: Die Kommission, das Europäische Parlament und die nationalen Regierungen sollen motiviert werden, bürokratische Belastungen für Unternehmen, Bürger und die öffentliche Verwaltung abzubauen. Die Kommission müsste dieses Ziel in ihre Vorlagen aufnehmen, das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten müssten diese in ihrer Rolle als Gesetzgeber respektieren, und die nationalen Regierungen müssten diese Vorgaben in nationales Recht umsetzen, ohne weitere regulatorische Belastungen hinzuzufügen.

Drei designierte Kommissare fielen
vor dem Parlament durch

Mit dem Vorschlag ihrer Geopolitischen Kommission scheint von der Leyen ein starkes Signal zu setzen, die Interessen der EU weltweit zu vertreten und gleichzeitig gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten. Ein neu gebildetes Team von engen Beratern ihrer ­Kommissare wird die externen Auswirkungen ihrer Politik wöchentlich überprüfen, um strategische Diskussionen im Kollegium der Kommissare vorzu­bereiten.

Aber zuerst muss sie ihr endgültiges Team mit einer Gesamtzustimmung in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments bestätigen lassen. Denn noch vor Beginn der offiziellen Anhörungen der designierten Kommissare fielen die rumänische Anwärterin Rovana Plumb und ihr ungarischer Kollege Laszlo Trocsanyi wegen Korruptionsvorwürfen durch. Auch die Französin Sylvie Goulard, die in von der Leyens Truppe für Industriepolitik, Binnenmarkt und Verteidigungsindustrie zuständig sein sollte, wurde abgelehnt. Die ursprünglich für den 23. Oktober geplante Sitzung wurde verschoben. Nun ist der Neustart der gesamten EU-Kommission wohl erst am 1. Dezember.

Kurzvita

Alexander Italianer, Senior Advisor
bei Arnold & Porter

Italianer, ehemaliger Generalsekretär und Generaldirektor für Wettbewerb der Europäischen Kommission, arbeitet bei der Wirtschaftskanzlei Arnold & Porter als Senior International Policy Advisor.

Mit fast 1.000 Anwälten, die in 14 Büros auf der ganzen Welt tätig sind, betreut Arnold & Porter Mandanten in verschiedenen Rechtsgebieten. Die Kanzlei verfügt über 100 Jahre Erfahrung.







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Bildquellen: Denis Vrublevski / Shutterstock.com, Arnold & Porter