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Türkische Lira: Chance für Antizykliker

25.10.17 17:30 Uhr

Türkische Lira: Chance für Antizykliker | finanzen.net

Die Bosporus-Devise ist wegen der politischen Risiken historisch günstig. Spekulative Anleger setzen auf eine Gegenbewegung.

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von Emmeran Eder, Euro am Sonntag

Die Kritiker Lügen straft die Türkei. Nach dem Putschversuch und den Konflikten mit Deutschland hatten Wirtschaftsexperten einen deutlichen Rückgang des Wachstums prognostiziert. Der trat zwar ein, aber nur kurzzeitig. Nach dem misslungenen Putsch im Vorjahr halbierte sich das Wachstum von 2015 auf 2016 - auf fast 2,9 Prozent.

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Nun brummt die Wirtschaft aber wieder. Auf 5,5 Prozent taxiert das türkische Statistikamt den BIP-Zuwachs für 2017. Damit zählt die Türkei zu den am stärksten wachsenden Staaten der Welt.

Das ist erstaunlich. Tut Staatschef Recep Tayyip Erdogan doch alles, um Investoren abzuschrecken. Politische Spannungen und die Aushebelung einer unabhängigen Justiz wirken nicht gerade einladend. "Wenn ich als Investor nicht weiß, ob ich noch einreisen und meine Fabrik besichtigen kann, ist das natürlich problematisch", sagt Wolf-­Fabian Hungerland, Ökonom und Türkei-Analyst der Privatbank Berenberg.

Ausländische Investitionen sind daher um acht Prozent gefallen. Auch der wichtige Tourismus leidet. Vor allem Deutsche verzichten auf Urlaub am Bosporus. Viele Russen reisen aber wieder in die Türkei und gleichen die Einnahmeausfälle teilweise aus. Die zeitweise abgekühlten russisch-türkischen Beziehungen haben sich normalisiert. Geholfen hat der Reisebranche, dass die Regierung bis Ende 2017 Ferienfliegern 6.000 Dollar Kerosinzuschuss zahlt.

BIP-Berechnung modifiziert

Auch sonst hat der Staat der Wirtschaft kräftig unter die Arme gegriffen. Nach dem Putsch wurden 300.000 Unternehmen Kredite in Höhe von 50 Milliarden Dollar als Soforthilfe zur Verfügung gestellt. Zudem wurden mit Konjunkturprogrammen Bau- und Infrastrukturmaßnahmen angeschoben.

Das beeinflusst auch die BIP-Höhe. Denn seit Ende 2016 hat das Statistikamt die Messmethode dafür verändert. Der Bausektor wird nun deutlich höher gewichtet. "Ein großer Teil des Wirtschaftswachstums wird durch Staatsausgaben getrieben", so Hungerland. Daher zweifeln viele Experten, dass das Wachstum nachhaltig ist.

Aber es sind nicht allein Staatshilfen. Auch der Export spielt eine beträchtliche Rolle. Der legte im zweiten Quartal um 10,5 Prozent zu und profitierte von der stark gesunkenen Landeswährung Türkische Lira (TYR). Die befindet sich mit 4,33 EUR/TYR nahe dem historischen Tiefststand. Das verbilligt Waren aus Kleinasien in Europa erheblich.

Während das Vertrauen in die Lira an den Märkten gering ist, haussiert die Börse in Istanbul. Der Leitindex BIST 30 ist nahe dem Allzeithoch. Die Aktionäre blicken optimistisch auf die weitere Entwicklung der Wirtschaft am Bosporus. Auch die aktuell auf dem EU-Gipfel in Brüssel beschlossene Kürzung der Beitrittshilfen der EU für die Türkei beeindruckte die Anleger nicht. Der Index blieb stabil. Auch, weil die Beitrittsverhandlungen fortgeführt werden.

Währung interessanter als Aktien

Der Kauf von Aktien scheint derzeit angesichts des hohen Niveaus der Börse und der unsicheren politischen Lage jedoch gewagt. Anleger sollten besser einen Blick auf die Währung werfen. Die Lira hat zuletzt von ihrem schon sehr niedrigen Level aus noch einmal einen Push nach unten erhalten, weil die Türkei Konsulatsangestellte der US-Botschaft mit der Begründung inhaftierte, diese arbeiteten mit dem Gülen-Netzwerk zusammen. Das führte zu heftigem Streit mit der US-Regierung und gegenseitigen Reisesanktionen.

Antizyklische Investoren können nun auf eine Gegenbewegung der Lira zum Euro setzen. Die Chancen dafür stehen gut. Die türkische Währung ist enorm überverkauft. Zudem offeriert das Land von allen OECD-Ländern die höchsten Kupons für Staatsanleihen. "Während das Zinsniveau in fast allen Schwellenländern zurückgeht, ist es in der Türkei zuletzt gestiegen. Türkische Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit rentieren mittlerweile bei elf Prozent", sagt Schwellenländerprofi Gerhard Heinrich vom Research-Haus Emerging-­Markets-Trader. Das dürfte bald Käufer anlocken, da die Türkei eine vergleichsweise geringe Staatsverschuldung aufweist. Hinzu kommt das überraschend hohe Wirtschaftswachstum. Spezialisten mehrerer Finanzinstitute sehen die Lira als die aktuell am meisten unterbewertete Devise aller Industrieländer.

Für spekulative Anleger eröffnet das Chancen. Mit dem EUR/TRY-Mini-Future-Short-Zertifikat der Société Générale (ISIN: DE 000 SC4 36L 0) setzen sie mit Hebel fünf auf eine zum Euro sich erholende Lira. Die Knock-out-Schwelle bei 5,08 EUR/TRY ist 17 Prozent vom aktuellen Kurs entfernt. Für weniger risikobereite Anleger bietet sich das türkische Lira-Zins-Zertifikat von BNP Paribas (ISIN: DE 000 918 722 9) an. Es simuliert eine Investition in türkische Tagesgeldzinsen. Aktuell betragen diese 6,25 Prozent. Sie puffern einen weiteren Kursverfall der Lira zum Euro teilweise ab - umgekehrt profitieren Käufer von einer zum Euro steigenden Lira zusätzlich zu den attraktiven Zinsen. Die Jahresgebühr ist ein Prozent.

Verfolgt Erdogan seine Politik der Isolation weiter, dürfte die Lira langfristig weiter fallen. Kurz- und mittelfristig stehen die Chancen für eine Gegenbewegung auf dem tiefen Niveau aber gut.

Bildquellen: Faraways / Shutterstock.com, dgcampillo / Shutterstock.com