Droht dem Rubel ein Ausverkauf wie 2008/2009?
Die Anleger fliehen seit Wochen aus dem Risiko. Das trifft nicht nur die Börsen, sondern auch so manche Währung.
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Besonders betroffen sind die Devisen von Ländern mit hohen Defiziten in der Leistungsbilanz und im Staatshaushalt, denn diese Länder sind auf den Zufluss von Kapital angewiesen. Doch Leistungsbilanzdefizite und Exportabhängigkeit sind nur zwei Risikofaktoren für die Schwellenländer, politische Instabilität und unsolide Geldpolitik sind zusätzliche Problemfelder. Währungen wie die Türkische Lira, der Südafrikanische Rand und der Polnische Zloty standen daher in den letzten Wochen unter Verkaufsdruck.
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Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Russland profitiert von Rohstoffexporten
Auch der Russische Rubel hat unter der Flucht der Anleger aus dem Risiko gelitten. EUR/RUB stieg auf den höchsten Stand seit November 2010 und USD/RUB erreichte das höchste Kursniveau seit Jahresbeginn (ein Anstieg des Wechselkurses bedeutet eine Abwertung des Rubels). Dabei treffen die genannten Risikofaktoren auf Russland gar nicht zu: Das Land besitzt dank seiner Rohstoffexporte einen Leistungsbilanzüberschuss von fast fünf Prozent, das Haushaltsdefizit liegt bei nur 1,5 Prozent und die öffentliche Verschuldung beträgt 12 Prozent des BIPs. Die Geldpolitik ist aber angesichts einer Inflationsrate von etwa acht Prozent nicht gerade stabil, zudem ist die Notenbank de facto nicht von Weisungen der Regierung unabhängig. Auch kann sich die Wirtschaft der sich verlangsamenden Weltkonjunktur nicht entziehen. Im zweiten Quartal stagnierte das BIP gerade einmal gegenüber dem Vorquartal.
Bankensystem ist immer noch ein Risikofaktor
Darüber hinaus ist das Bankensystem nicht sehr stabil und die Wirtschaft ist stark von Krediten, auch aus dem Ausland abhängig. Das erwies sich während der Finanzkrise 2008 als fatal, als Regierung und Notenbank alle Hände voll zu tun hatten, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Der Rubel wertete innerhalb weniger Wochen um 30 Prozent ab. Allerdings hat sich die Wirtschaft seitdem deutlich erholt und auch das Finanzsystem ist stabiler geworden. Dennoch ist die Konjunktur weiterhin stark von Krediten abhängig und sollten diese wegen einer neuen Finanzkrise ausbleiben, kann dies die Wirtschaft nach unten ziehen. Ein Rückgang der Rohstoffpreise infolge der Wachstumsschwäche in vielen Industrieländern wäre ebenfalls negativ, auch für den Rubel.
Abwertungsspirale ist möglich
Allerdings betreibt die russische Notenbank Wechselkurspolitik: Die Notierung des Rubels wird gegenüber einem Basket, der zu 45 Prozent aus Euro und zu 55 Prozent aus US-Dollar besteht, festgelegt. Trotzdem sind ihre Möglichkeiten, in einer Krise eine exzessive Abwertung zu verhindern, begrenzt, wie sich auch 2008 zeigte. Der Rubel dürfte sich zwar im Krisenfall stabiler als 2008 zeigen, Abwertungsrisiken bestehen aber durchaus. Es kann wieder zu einer Abwertungsspirale kommen. Nur wenn sich die Sorge über eine drohende Rezession als übertrieben erweisen sollte, wäre der Rubel als Investment interessant, denn die Währung ist im Vergleich z.B. zum Brasilianischen Real fundamental nicht hoch bewertet. Solange die Unsicherheit anhält, lautet die Devise aber: Finger weg!
Dr. Detlef Rettinger ist Chef-Redakteur von Deutschlands einzigem reinen Devisen-Börsenbrief mit Musterdepot, dem Devisen-Trader. Der promovierte Volkswirt besitzt langjährige Erfahrung in der Analyse des Devisenmarktes und im Handel mit Derivaten. Weitere Infos: www.devisen-trader.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.