Interview: Die Zukunft liegt in digitalen Geldeinheiten
Digitale Währungen sind in aller Munde. Doch was genau steckt hinter dem virtuellen Geld? Prof. Dr. Thomas Mayer, Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institute und ehemaliger Chefvolkswirt der Deutschen Bank, äußerte sich im Interview zu den möglichen, durch die Digitalisierung bewirkten, Veränderungen unseres Geldsystems. Darüber hinaus sprach er über die Überlebensfähigkeit des Euros, der Kunst, Geld anzulegen und über Folgen der laxen Notenbankpolitik.
Herr Professor Mayer, das Geschehen auf den Finanzmärkten ist komplex. Was gab bei Ihnen den Ausschlag, sich eingehender mit diesen Themen zu befassen?
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Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Die Finanzkrise war für mich ein Weckruf. Offensichtlich war davor einiges schiefgelaufen. Ich habe mich dann wieder mit der Volkswirtschaftslehre und der Finanztheorie beschäftigt. Dabei bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Wirklichkeit viel besser mit der österreichischen Schule der Ökonomie erklärt werden kann als mit der herrschenden Lehre.
Welchen Bezug haben Sie persönlich zum Geld; eher akademischer Natur oder doch real?
Ich bin Schwabe, und die haben ja bekanntlich einen genetischen Bezug zum Geld. Abgesehen davon beschäftige ich mich theoretisch mit Geld, weil die herrschende Lehre das viel zu wenig tut. Wie aber soll man "Geldpolitik" betreiben oder Geld anlegen, wenn man das Medium Geld nicht wirklich versteht?
Sie sind Verfasser mehrerer Bücher. Ihr neuestes Werk trägt den Titel "Die neue Kunst, Geld anzulegen". Was hat Sie dazu bewogen?
Ich gebe einen Kurs in "Finance" an der Universität Witten/Herdecke. Dort habe ich meinen Studenten lang und breit erklärt, dass die herrschende Lehre in diesem Gebiet nichts taugt. Das war nicht nur so dahergesagt, sondern ich konnte mich täglich bei meiner Arbeit mit den Kollegen im Portfoliomanagement bei Flossbach von Storch davon überzeugen. Aber es reicht ja nicht, den Studenten immer nur zu sagen, was nicht geht. Man muss ihnen ja auch mal sagen, was gehen könnte. So kam es zu dem Buch.
Wie lauten denn Ihre Lehren zur neuen Kunst, Geld anzulegen?
Die habe ich kürzlich zusammengefasst:
1. Trauen Sie niemandem, der behauptet, er wüsste, wo Aktienkurse oder Zinsen in einem Jahr stehen. Auch Finanzexperten haben keine Kristallkugel.
2. Und glauben Sie niemandem, der sagt, er könne die Risiken einer Anlage messen; Risiken lassen sich nicht messen - im besten Fall können wir sie abschätzen.
3. Seien Sie kein Truthahn! Der lebt scheinbar ohne Risiko, bis er geschlachtet wird. Lernen Sie echte Risiken von den vermeintlichen zu unterscheiden. Kursschwankungen zum Beispiel sind kein Risiko. Sie gehen vorüber. Man braucht nur Geduld. Die falsche Aktie im Depot dagegen ist sehr wohl ein Risiko.
4. Teilen Sie ihre Ersparnisse: Ein Teil als Rücklage für größere Anschaffungen - den Kauf einer neuen Waschmaschine oder die Reparatur ihres Autos - lassen Sie auf dem Konto. Den anderen Teil nehmen Sie für den langfristigen Vermögensaufbau.
5. Legen Sie einen Teil ihres Vermögens in Gold an (5 -10 %). Als Versicherung gegen die Folgen der laxen Notenbankpolitik. Gold ist ultimatives Geld!
6. Seien Sie froh, wenn Sie bereits eine Immobilie besitzen. Aber jagen Sie nicht dem Markt hinterher, um Zinshäuser zu kaufen. Das Risiko, zu viel zu bezahlen, ist groß.
7. Haben Sie keine Angst vor Aktien, auch wenn die Kurse kräftig schwanken! Langfristig werden Sie mit einer Auswahl erstklassiger Unternehmen deutlich attraktivere Renditen erzielen können als mit anderen Anlageformen.
8. Meiden Sie Staatsanleihen! Sie bekommen keine Zinsen mehr - und die Wahrscheinlichkeit, dass deren Kurse während der Laufzeit fallen, ist nicht gerade klein.
9. Suchen Sie sich einen Vermögensverwalter, dem Sie 100%ig vertrauen. Sie kennen keinen? Dann stecken Sie ihr Geld in einen globalen Aktienindexfonds, der wenig Gebühren verschlingt.
10. Sie kennen doch einen Vermögensverwalter, der sich um ihr Geld kümmert, als sei es sein eigenes? Dann schauen Sie nach günstigen Angeboten der Fonds dieses Verwalters. Die meisten Fonds werden von Banken und Finanzberatern vertrieben. Die Ausgabeaufschläge sind verhandelbar.
Sie treten vehement für eine neue Geld- und Finanztheorie ein. Hat das alte System versagt? Wie gelangen wir zu dieser neuen Ordnung?
Das Kreditgeldsystem ist eine Quelle wirtschaftlicher Instabilität und braucht Inflation, um funktionieren zu können. Daher sollten wir über Alternativen dazu nachdenken. Allerdings werden weder Banken noch Politik einen Systemwechsel bewusst herbeiführen. Dieser wird möglicherweise durch eine neue Finanzkrise, die sich dann zu einer Krise unseres Geldsystems ausweiten könnte, erzwungen. Oder der Aufstieg von Kryptowährungen verdrängt mit der Zeit das von den Banken über Kreditvergabe geschaffene Kreditgeld.
Ist demnach die Währungsunion zum Scheitern verurteilt?
Ja. Der Euro ist eine Fehlkonstruktion, da er im Kreditgeldsystem ohne den für dieses System notwendigen beschützenden Staat eingeführt wurde. Um den Euro zu retten, wurde daher ein Schattenstaat kreiert, der aus einem Geflecht von Rettungsinstitutionen und vertraglichen Verpflichtungen zum Wohlverhalten besteht. An der Spitze des Schattenstaats steht die EZB sozusagen als geschäftsführende Regierung von Euroland. Nur halten sich die Mitgliedsländer der EWU nicht an die Regeln des Schattenstaats.
Sehen Sie denn Alternativen zum Fortbestand des Euros?
Statt als Einheitswährung mit Einführungszwang müsste der Euro als optionale Gemeinschaftswährung aufgestellt werden, die neben anderen Währungen benutzt werden kann, wenn sich das lohnt. Dann müsste sich die EZB nicht mehr um die Finanzierung maroder Staaten und Banken kümmern, sondern sie könnte sich ausschließlich darauf konzentrieren, den Nutzen des Euro für die Bürger zu steigern.
Was ist der Euro in Ihren Augen international wert?
Das kommt ganz auf den Standpunkt an. Für die meisten EWU-Länder bringt der Euro zusätzliches Prestige und Einfluss, denn ihre nationalen Währungen waren weniger gut angesehen. Für Deutschland bedeutet der Euro einen Verlust an Prestige und Einfluss, denn die D-Mark hatte einen besseren Ruf als der Euro.
Was halten Sie von der Diskussion um die Abschaffung des Bargelds?
Die Forderung nach dem Bargeldverbot ist die Bankrotterklärung der Geldpolitik im Kreditgeldsystem. Die Negativzinspolitik hat nicht funktioniert. Daraus zieht man nun den Schluss, dass man durch ein Bargeldverbot die letzte Ausweichmöglichkeit blockieren muss. Es ist, als ob man die Dosierung eines Medikaments immer weiter erhöht, weil das Medikament nicht wirkt. Am Ende stribt der Patient an den Nebenwirkungen.
Wer braucht Kryptogeld?
Alle diejenigen, die weniger für Geldüberweisungen bezahlen wollen. Mit Kryptogeld kostet die Überweisung von Frankfurt nach Stuttgart genau so viel wie von Frankfurt nach Kabul.
Angesichts aller Veränderungen stellt sich die Frage nach der Zukunft der Banken. Worin liegt künftig das Geschäftsmodell der Finanzinstitute?
Im Kapitalmarktgeschäft, denn dort wird wirklich zwischen Sparern und Investoren vermittelt.
Die Regulierung treibt die Finanzbranche um. Würden Sie eher mehr oder weniger Regulierung befürworten?
Die Regulierung leidet an der Anmaßung von Wissen durch den Regulierer. Statt die Finanzbranche durch Regulierung zentral zu planen - und dabei den gleichen Schiffbruch zu erleiden wie die Planer im real existierenden Sozialismus - muss die Verbindung von unternehmerischer Freiheit und Haftung durch allgemein gültiges Recht wieder hergestellt werden.
Wie stehen Sie zu Verboten von Finanzprodukten?
Wie der mündige Bürger zur Gängelung durch den Staat.
Welche Schlussfolgerungen haben Sie aus dem Gesagten für ihre eigene Geldanlage gezogen?
Das können Sie leicht nachvollziehen, wenn Sie sich die Anlagepolitik der Fonds von Flossbach von Storch ansehen.
Zu guter Letzt: Welchen Rat würden Sie jungen Menschen für ihren Vermögensaufbau geben?
Vor allem den siebten meiner zehn Tipps für die Geldanlage: "Haben Sie keine Angst vor Aktien, auch wenn die Kurse kräftig schwanken! Langfristig werden Sie mit einer Auswahl erstklassiger Unternehmen deutlich attraktivere Renditen erzielen können als mit anderen Anlageformen."
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