Kommt der Brasilianische Real unter Abwertungsdruck?
Nach der Finanzkrise 2008 hat die Regierung in Brasilia die westlichen Länder, allen voran die USA, hart für ihre Geldpolitik kritisiert.
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Die Senkung der Leitzinsen auf ein Minimum sowie das Überschwemmen der Märkte mit Liquidität hatte auch massiven Abwertungsdruck auf die Währungen der Industrieländer zur Folge. Von den Regierungen in Washington, Tokio und Europa war das durchaus gewünscht, kommt eine schwache Währung doch der Exportwirtschaft zugute. Letztlich wurde allerdings ein Abwertungswettlauf inszeniert, der bis heute anhält. Wer den gewinnt, ist ungewiss. Sicher ist aber, wer die Verlierer sind: Schwellenländer wie Brasilien, China, Indien und andere. Deren Währungen sind als Alternativen zu Dollar & Co. gefragt, kommen unter Aufwertungsdruck und das schadet letztlich der dortigen Exportwirtschaft. So argumentiert jedenfalls die brasilianische Regierung, deren Präsident Lula Da Silva ohnehin als vehementer Kritiker der aktuellen Ordnung der Weltwirtschaft und der Vorherrschaft der Industrieländer bekannt ist.
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Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Die Regierung kämpft gegen die Aufwertung des Reals
Und er hat durchaus Recht. Aber die Schwellenländer leiden auch unter dem Fluch des eigenen Erfolgs. Brasilien z.B. hat in den letzten Jahren eine in weiten Teilen solide Finanzpolitik betrieben und die Wirtschaft wächst robust. Die Inflationsrate ist mit 5,6 Prozent zwar erheblich, aber der Leitzins von 9,75 Prozent für ausländische Anleger dennoch verlockend, vor allem wenn sie von einer Aufwertung des Reals ausgehen können. Aber Regierung und Notenbank in Brasilien sehen das Wirtschaftswachstum in Gefahr und haben in den letzten Monaten u.a. mit einer Leitzinssenkung um 2,75 Prozentpunkte schwere Geschütze aufgefahren, um den Aufwertungsdruck auf den Real zu verringern – mit Erfolg! Gegenüber dem US-Dollar wurde der Abwärtstrend ab August 2011 umgekehrt und USD/BRL tendiert seitdem seitwärts zwischen 1,7 und 1,9 BRL. Der Wechselkurs EUR/BRL legte gerade in den letzten Wochen wieder deutlich zu und hat sich mit 2,43 BRL von den Tiefstständen der Jahre 2010 und 2011 bei 2,20 BRL deutlich entfernt.
EUR/BRL kurzfristig im Aufwärtstrend
Setzt dich dieser Abwertungsdruck fort? Jedenfalls wird Brasilien weiter gegen die Stärke des Reals kämpfen. Ein Mittel dazu ist die Erschwerung von Kapitalzuflüssen aus dem Ausland durch zusätzliche Steuern, das andere ist eine weitere Senkung des Leitzinses. Gut möglich, dass die Notenbank den Leitzins in den nächsten Monaten noch bis zum bisherigen Rekordstief bei 8,75 Prozent senkt. Eine Beschleunigung der Inflation würde sie in Kauf nehmen. Dennoch wird es auf Dauer allenfalls gelingen, den Aufwertungsdruck zu stoppen, nicht aber den Real deutlich abzuwerten. Es ist einfach für ausländische Anleger zu attraktiv, in Ländern wie Brasilien zu investieren. Das relativ hohe Wachstum ermöglicht Renditen, die in den alten Industrieländern kaum noch zu finden sind. EUR/BRL kann daher in den nächsten Wochen noch bis auf 2,6 BRL oder darüber hinaus steigen, wird aber langfristig wieder abwärts tendieren.
Dr. Detlef Rettinger ist Chef-Redakteur von Deutschlands einzigem reinen Devisen-Börsenbrief mit Musterdepot, dem Devisen-Trader. Der promovierte Volkswirt besitzt langjährige Erfahrung in der Analyse des Devisenmarktes und im Handel mit Derivaten. Weitere Infos: www.devisen-trader.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.