Mittelstandsanleihen: Totalverlust statt Triumph
Die Börse Stuttgart will sich aus dem von Skandalen gezeichneten Segment verabschieden. Für Anleger ein Warnzeichen: Sie sollten hier nur sehr selektiv investieren.
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von Thomas Strohm, Euro am Sonntag
Der Erfinder erklärt den Markt für tot. Christoph Lammersdorf, Chef der Börse Stuttgart, die 2010 als erste hierzulande mit BondM eine Plattform für Mittelstandsanleihen startete, rechnete diese Woche mit dem skandal- und pleitegeplagten Segment ab. Gut aufgestellte kleine und mittlere Firmen bekommen nach seiner Ansicht von Banken inzwischen so gute Konditionen für Kredite, dass sie sich nicht am Anleihemarkt Geld leihen müssten. Und weniger solide, die andernorts kein Geld mehr bekommen, sind auch für die Börse nicht attraktiv.
Konsequenz: Lammersdorf will nicht mehr um neue Emittenten buhlen, sondern BondM parallel zu den dort derzeit gelisteten Anleihen nach und nach auslaufen lassen. Das ist ein Paukenschlag, der ihm auch darum leicht gefallen sein mag, weil den schwäbischen Pionieren längst die Deutsche Börse den Rang abgelaufen hat. Wer in den vergangenen Monaten eine Mittelstandsanleihe emittieren wollte, ging in den Entry Standard nach Frankfurt. Dort haben die Börsenmanager es stets tunlichst vermieden, das Wort "Mittelstand" in den Mund zu nehmen, das bei vielen Anlegern den Eindruck von Solidität geweckt und den Blick auf die Unwägbarkeiten bei Schuldtiteln kleinerer Firmen verstellt hat. Aus dem Grund überlegt man auch bei der Börse Düsseldorf, dem "Mittelstandsmarkt" einen neuen Namen zu geben - aufgeben wollen die Verantwortlichen ihr Segment nicht. Für negative Schlagzeilen hat zuletzt indes gerade ein Bond gesorgt, der in Düsseldorf notiert. Nur wegen des geringen Volumens nicht im speziellen Mittelstandsegment, sondern im Freiverkehr.
Penell, Elektrogroßhändler aus Südhessen, hatte im Mai dieses Jahres einen Minibond über fünf Millionen Euro emittiert und dabei Anleger mit der angeblich soliden Besicherung geködert. Der Wert des Kupfers in gelagerten Kabeln wurde auf 7,3 Millionen Euro beziffert. Nun hat sich herausgestellt, dass diese Summe offenbar nicht einmal annähernd stimmt. Mit Veränderungen beim Kupferpreis ist das nicht zu erklären. Es darf gemutmaßt werden, dass die zugesicherte Kupfermenge nie in den Lagern vorhanden war. Welcher Wert dort aktuell liegt, bleibt im Dunkeln - Penell nennt nur die Summe von 5,5 Millionen Euro, die mit einer Nachbesicherung erreicht werden soll. Auch dieser Betrag bleibt unter der im Prospekt zugesagten Mindestbesicherung von 6,25 Millionen Euro. Anfang Januar soll es deshalb eine Gläubigerversammlung geben.
Der Schwund wirkt sich nicht nur auf die Sicherheiten der Anleihe aus, die Bilanzstruktur von Penell gerät ins Wanken. Das Eigenkapital dürfte aufgezehrt sein, sollte kein neues Kapital fließen, könnte das Aus drohen. Die Ratingagentur Feri hat ihre bereits bei Emission schlechte Note "B+" auf "CC" gesenkt. Im Klartext: höchstes Verlustrisiko. Die nächste Stufe wäre "D": Ausfall. Aktuell notiert die Penell-Anleihe noch bei 70 Prozent des Nennwerts.
Die fehlerhafte Erfassung von Lagerbeständen erinnert an den Fahrradhersteller Mifa, bei dem Anfang des Jahres ähnlich Ungereimtes ans Licht kam, das Unternehmen schlitterte in die Pleite. Ein neuer Investor ist dort inzwischen gefunden. Das dürfte aber kaum etwas an den herben Verlusten für Inhaber der 25-Millionen-Euro-Anleihe ändern. Aktueller Kurs: rund 15 Prozent.
SAG Motion bläst Emission ab
Ein Vielfaches des Penell-Volumens könnten Anleger wiederum mit der Anleihe der MS Deutschland versenkt haben: Der inzwischen insolvente Betreiber des aus der ZDF-Serie bekannten "Traumschiffs" hat Ende 2012 immerhin 50 Millionen Euro eingesammelt. Zurzeit wechselt der mit dem Dampfer besicherte Titel für 17 Prozent den Besitzer.
Derlei schlechte Nachrichten, die sich zuletzt wieder häuften, drücken auf die Stimmung der Investoren. Der österreichische Autozulieferer SAG Motion hat deshalb in der vergangenen Woche mitten in der Zeichnungsfrist seine Emission abgeblasen. 30 Millionen Euro wollte das Unternehmen mit der Anleihe, die in Frankfurt gelistet werden sollte, einsammeln. Auch eine erfolgreiche Emission der Österreicher hätte indes die Jahresbilanz 2014 des Mittelstandsanleihemarkts nicht retten können - die Zeiten, in denen Anleger sämtlichen Emittenten die Anleihen binnen Minuten aus der Hand rissen, sind lange vorbei.
Refinanzierungswelle ab 2015
Die zunehmende Skepsis liegt auch daran, dass ab nächstem Jahr viele Anleihen, die ab 2010 mit einer Laufzeit von oft fünf Jahren begeben wurden, fällig werden. Man muss kein Schwarzmaler sein, um vorherzusagen, dass einige Emittenten Probleme bekommen werden, die Anschlussfinanzierung zu stemmen und ihre Anleihe zurückzuzahlen.
Unternehmen, die sich das leisten können, gehen die Frage rechtzeitig an. Ein Extrembeispiel dafür ist die Immobilienfirma Grand City Properties, die ihre bis 2020 laufende Anleihe zum 5. Januar 2015 gekündigt hat. Das Unternehmen hat sich frisches Kapital mit einem neuen Bond zu weit günstigeren Konditionen besorgt - mit Mindestanlagesumme von 100.000 Euro bei institutionellen Investoren. Dem Markt für Mittelstandsanleihen kehrt die Firma den Rücken. Die alte Anleihe notierte im Prime Standard in Frankfurt, die neue im Freiverkehr.
Bis zur letzten Minute hat Golden Gate dagegen gewartet. Die Anleihe der Immobilienfirma wäre im Oktober als erste Mittelstandsanleihe zur Tilgung angestanden. Dazu kam es nicht, Golden Gate ist pleite. Ex-Chef Uwe Rampold hatte bis zuletzt beteuert, zur Not aus der eigenen Tasche zu tilgen; nun ist Privatinsolvenz beantragt. Der Golden-Gate-Insolvenzverwalter macht zumindest Hoffnung auf eine Quote von 53 bis 78 Prozent.
€uro am Sonntag hat angesichts der Turbulenzen eine Liste (siehe unten) mit Mittelstandsanleihen zusammengestellt, von denen Anleger lieber gleich die Finger lassen sollten. Beispiel Sympatex: Beim Hersteller von Funktionstextilien wird der Verlust in diesem Jahr wohl die Hälfte des Stammkapitals aufzehren.
In der positiven Liste finden sich Werte, die als Beimischung in einem breit aufgestellten Depot einen Blick wert sind. Ein Auswahlkriterium war eine Mindestrendite von vier Prozent. Zudem wurde darauf geachtet, Bonds aus verschiedenen Branchen zu nennen.
So gibt es einige interessante Anleihen aus dem Automotivesektor wie Alfmeier, Hörmann, MS Spaichingen und NZWL, Favorit der Redaktion ist hier aber Paragon. Ähnlich sieht es im Bereich Immobilien und Bau aus, wo Helma Eigenheimbau das beste Verhältnis von Chance und Risiko aufweist.
Interessant ist auch die Anleihe von Constantin Medien. Investierte Anleger sollten die Entwicklung dieser Firmen dennoch auch im Auge behalten.
Beimischung: Anleihen mit JubelPotenzial
Name ISIN Rating Rendite Laufzeit
Adler Real Estate DE000A1R1A42 BB- (SC) 5,66 % 03.04.2018
Constantin Medien DE000A1R07C3 - 6,07 % 23.04.2018
German Pellets DE000A1TNAP7 BB (CR) 6,52 % 09.07.2018 1)
Helma Eigenheimbau DE000A1X3HZ2 BBB (CR) 4,13 % 19.09.2018 1)
Paragon DE000A1TND93 BBB- (CR) 5,33 % 02.07.2018
S & T DE000A1HJLL6 - 5,05 % 22.05.2018
Sanha DE000A1TNA70 BB (CR) 7,89 % 04.06.2018
Senivita DE000A1KQ3C2 BB+ (CR) 5,08 % 17.05.2016
Steilmann-Boecker DE000A1PGWZ2 BBB (CR) 5,22 % 27.06.2017
Vedes DE000A11QJA9 BB (FE) 6,00 % 24.06.20191
1) vorzeitig vom Emittenten kündbar; CR = Creditreform, FE = Feri, SC = ScopeQuelle: Börsen
Vorsicht: Anleihen zum Davonlaufen
Name ISIN Rating Rendite Laufzeit
BDT Media DE000A1PGQL4 CCC (CR) 27,38 % 09.10.2017
Ekotechnika DE000A1R1A18 CCC (CR) 66,81 % 10.05.2018 1)
Friedola DE000A1MLYJ9 B (SC) 58,75 % 11.04.2017
Laurel DE000A1RE5T8 B (CR) 53,51 % 16.11.2017
MAG IAS DE000A1H3EY2 B+ (CR) 62,88 % 08.02.2016 1)
More & More DE000A1TND44 CCC (CR) 47,34 % 11.06.2018 1)
PosterXXL DE000A1PGUT9 B+ (CR) 16,91 % 27.07.2017 1)
Singulus DE000A1MASJ4 - 54,13 % 23.03.2017 1)
Sympatex DE000A1X3MS7 B- (CR) 22,14 % 03.12.2018
Travel24 DE000A1PGRG2 - 56,75 % 16.09.2017
1) vorzeitig vom Emittenten kündbar; SC = Scope, CR = CreditreformQuelle: Börsen
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Der Hebel muss zwischen 2 und 20 liegen
Name | Hebel | KO | Emittent |
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Bildquellen: Claudio Divizia / Shutterstock.com
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30.07.2015 | Kontron Sell | Hauck & Aufhäuser Privatbankiers KGaA | |
06.05.2015 | Kontron Sell | Hauck & Aufhäuser Privatbankiers KGaA | |
24.04.2015 | Kontron Sell | Hauck & Aufhäuser Privatbankiers KGaA | |
13.04.2015 | Kontron Sell | Hauck & Aufhäuser Privatbankiers KGaA | |
20.03.2015 | Kontron Sell | Hauck & Aufhäuser Privatbankiers KGaA |
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