Hochzinsanleihen-Experte Gerhard: "Hauptsache, die Landebahn ist frei"

BNY-Mellon-Fondsmanager Ulrich Gerhard im Interview über dumme Angewohnheiten und Rentenpapiere, die auf den Müll gehören.
von Christoph Platt, Euro am Sonntag
Ulrich Gerhard:
€uro am Sonntag: Der Konjunkturzyklus steckt in seiner Spätphase, das Wirtschaftswachstum nimmt ab. Kein guter Zeitpunkt, um in Hochzinsanleihen zu investieren, oder?
Hochzinsanleihen werden auch Ramschanleihen genannt ...
Es gibt Hochzinsanleihen, und es gibt Ramschanleihen. In die einen kann man investieren, die anderen gehören auf den Müll. Wir gehen sehr selektiv und rigoros bei der Entscheidung vor, wer in unser Portfolio kommt.
Auf welche Daten achten Sie besonders bei der Titelauswahl?
Entscheidend ist, dass eine Firma einen stabilen Cashflow produziert. Die Kurse einer Anleihe dürfen ruhig auch mal schwächer werden, doch das ist uns egal, solange das Unternehmen bestehen bleibt und seine Schulden zurückzahlen kann. Ich vergleiche das mit einem Flugzeug: Hauptsache, die Landebahn ist frei. Gehypte Unternehmen wie Netflix oder Tesla kaufe ich deshalb nicht, denn sie verbrennen Geld.
Was ist noch wichtig auf der Suche nach geeigneten Anleihen?
Der wichtigste Bestandteil unserer Analyse war schon immer die Governance. Wenn ein Unternehmen verantwortungsvoll geführt wird, kommt es als Investment infrage, sonst nicht.
Können Sie das präzisieren?
Entscheidend ist, wie der Finanzvorstand eines Unternehmens mit den eigenen Anleihen umgeht. Bei Hochzinsanleihen haben die Emittenten oft die Möglichkeit, die Papiere vorzeitig zurückzuzahlen. Und das wird intensiv genutzt. Gleichzeitig werden neue Bonds ausgegeben. Wenn mir ein Finanzvorstand sagt, die Umschuldung habe doch noch Zeit bis zur Fälligkeit, fliegt das Papier aus dem Portfolio. Denn dann ist mir das Risiko zu hoch: Falls ein Unternehmen bis zum Ende der Laufzeit wartet und der Markt dann dicht ist, sich also keine neue Anleihe platzieren lässt, geht es bankrott.
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