Türkei-Anleihen: Beimischung für mutige Anleger
Die Dollaranleihe ist eine attraktive Alternative zu Staatsanleihen in lokaler Währung. Doch nur risikofreudige Investoren engagieren sich.
Werte in diesem Artikel
von Jörg Billina, Euro am Sonntag
Von seinen einmal gewonnenen geldpolitischen Überzeugungen weicht der türkische Staatspräsident Tayyip Recep Erdogan nicht ab: Zinssenkungen fördern seiner Ansicht nach Investitionen und Konsum. Das ist richtig. Sie senken seiner Meinung nach auch die Inflation. Diese Ansicht teilen Investoren jedoch nicht.
Anfang Juni forderte Erdogan die Notenbank öffentlich auf, spätestens im August die Zinsen zu senken. Allerdings fällt die Inflationsrate in der Türkei bereits seit drei Jahren zweistellig aus. Aktuell beträgt sie fast 19 Prozent. Insbesondere Nahrungsmittel und Benzin kosten mehr. Zinssenkungen würden mit hoher Wahrscheinlichkeit die türkische Währung weiter schwächen und Importe zusätzlich verteuern.
Notenbankchef Sahap Kavcioglu kam der Aufforderung Erdogans daher bislang nicht nach. Der Leitzins steht weiterhin bei 19 Prozent. Kavcioglu will erst dann die Zinszügel lockern, wenn er starke Anzeichen für ein dauerhaftes Sinken der Inflationsrate erkennen kann. Eine mutige Entscheidung - in den vergangenen zwei Jahren hat Erdogan bereits drei Notenbankchefs gefeuert. Wie lange Kavcioglu dem Druck des Staatspräsidenten standhalten kann, ist derzeit völlig unklar.
Konjunktur springt kräftig an
Anleger begrüßen derweil den Kurs der Zentralbank, sehen sie darin doch einen - zumindest vorläufigen - Beweis ihrer Unabhängigkeit. Die türkische Lira reagierte zwischenzeitlich mit leichten Gewinnen. Zuvor hatte die Devise seit dem Jahr 2018 gegenüber Dollar und Euro massiv verloren.
Gegen eine Zinssenkung zum aktuellen Zeitpunkt spricht auch die starke konjunkturelle Erholung der Wirtschaft nach dem Corona-bedingten Einbruch von rund drei Prozent im vergangenen Jahr. Im zweiten Quartal dieses Jahres legte die gesamtwirtschaftliche Leistung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 18 Prozent zu. Im internationalen Vergleich ist das eine der höchsten Zuwachsraten überhaupt. Für das Gesamtjahr 2021 wird ein Plus von rund acht Prozent erwartet. Auch die Arbeitslosenrate sinkt. Anfang Januar waren noch über 13 Prozent der Erwerbsfähigen ohne Job, im Juni ging die Quote auf 10,4 Prozent zurück.
Stabiler Ausblick
Mitte August bestätigte Fitch die spekulative Kreditnote "BB-". Auch der Ausblick wird nach wie vor mit "stabil" eingestuft. Eine weitere Herabstufung der Bonität droht vorerst also nicht. Fitch verweist auf die relativ niedrige Gesamtverschuldung von rund 36 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Zudem haben sich die Währungsreserven der Türkei dank steigender Exporte und eines sich allmählich wiederbelebenden Tourismusgeschäfts erholt.
Dennoch sind insbesondere Bonds in lokaler Währung zu meiden. Eine risikoärmere Alternative ist die auf Dollar lautende Staatsanleihe (siehe unten). Der Greenback schwankt weit weniger als die türkische Lira.
Türkei:
Der Bond notiert
in Dollar. Hohe
Verzinsung, aber
spekulativ. Bislang kein weiteres Downgrade
in Sicht.
ISIN: US900123BB58
_____________________________
Weitere News
Bildquellen: dgcampillo / Shutterstock.com, SVLuma / Shutterstock.com