Mittelstandsanleihe des Monats: VEDES - Großakquisition noch nicht verdaut
17.08.17 17:30 Uhr
Regelmäßig untersucht €uro am Sonntag Mittelstandsanleihen. Diesmal wird die Anleihe von VEDES unter die Lupe genommen.
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von Redaktion €uro am Sonntag
Geschäft: Vedes wurde 1904 als Einkaufsgenossenschaft "Vereinigung Deutscher Spielwarenhändler" gegründet. Die Gesellschafter sind zu 99 Prozent die angeschlossenen Einzelhändler. Vedes sieht sich als führende Fachhandelsorganisation für Spiel, Freizeit und Familie in Europa, wobei der Fokus auf Deutschland liegt.
Angeschlossene Händler werden mit Serviceleistungen von Einkauf über Marketing bis IT unterstützt. Als Großhändler steht Vedes seit der Übernahme von Hoffmann Spielwaren aber auch den nicht angeschlossenen Händlern zur Verfügung. Vedes hat als zweitgrößter Spielegroßhändler in Deutschland Anfang 2014 den damaligen Marktführer Hoffmann für 14 Millionen Euro übernommen. Die Hauptziele waren Wachstum durch Erweiterung von Kundenbasis und Vertriebswegen, etwa mit Onlinehändlern, sowie eine Kostensenkung durch größere Einkaufsmacht und Synergien. Vedes leidet unter abnehmender Bedeutung des stationären Spielefachhandels und Onlinehändlern wie Amazon.
Finanziert wurde die Hoffmann-Akquisition durch eine nur ein Jahr laufende Anleihe, die Ende 2014 durch die hier betrachtete Anleihe abgelöst wurde. Durch diese Fremdfinanzierung haben sich Zinsaufwand und Schulden deutlich stärker erhöht als das Ergebnis. 2016 stammte der Nettogewinn allein aus Finanzdienstleistungen, die einen geringen Umsatzanteil haben, Großhandel & Logistik blieben defizitär. Der Umsatz stieg von 2013 bis 2016 um 109 Prozent, der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) legte bereinigt um 91 Prozent zu, der Gewinn vor Steuern fiel indes um ein Prozent. Die bilanzielle Eigenkapitalquote lag zuletzt bei 24 Prozent. Dem bilanziellen Eigenkapital stehen allerdings hoher Goodwill und aktive latente Steuern, fast nur für Verlustvorträge, gegenüber. Diese Bilanzierung unterstellt für die Folgejahre hohe Free Cashflows beziehungsweise Gewinne.
Zinszahlung: Die Zinsdeckung ist gemessen am Ebit trotz Verbesserungen nur ausreichend. Der Free Cashflow war 2016 nach zwei deutlich negativen Jahren wieder positiv. Der Cashflow vor Ertragsteuern und Zinsen lag im Schnitt der letzten fünf Jahre beim 1,8-Fachen der Zinszahlungen, 2016 beim 2,9-Fachen. Setzt sich die gute Entwicklung fort, sind bei den Zinszahlungen keine Probleme zu erwarten.
Tilgung: Die Kennzahl Nettoschulden im Verhältnis zum Gewinn (Ebitda) ist nur ausreichend. Da in der Bilanz keine Bankverbindlichkeiten stehen, scheinen zur Anleiherefinanzierung 2019 einige Möglichkeiten offen, etwa eine Kombination aus Anleihe, Schuldschein und Bankkredit. Die Anleihe notierte nur 2016 längere Zeit unter 100 Prozent, ansonsten stabil bei pari; ein Beleg fürs Anlegervertrauen.
Fazit: Mit der Integration von Hoffmann hat Vedes die bondspezifischen Kennzahlen gegenüber dem Zeitpunkt unmittelbar nach der Akquisition deutlich verbessert, das Niveau von 2013 jedoch noch nicht erreicht. Wenn es nicht zu einem Rückfall kommt (2015 und 2016 waren die Ergebnisverbesserungen weniger stark als geplant), sollten die Zinszahlungen dennoch relativ problemlos möglich sein. Die Refinanzierung 2019 scheint schon etwas schwieriger, aber wohl machbar.
ISIN: DE000A11QJA9
Anmerkung der Redaktion: Den Anleihecheck führte die URA Rating Agentur für €uro am Sonntag durch. Die URA Rating Agentur verwendet bei ihrer Anleiheanalyse eine standardisierte Methode, die sich ausschließlich an den Interessen der Investoren orientiert. Zu den Kunden zählen Vermögensverwalter und Family Offices.
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