Anleihen

WGF: Unlautere Handlungen Dritter

aktualisiert 22.07.11 12:26 Uhr

Nach Ratingabstufungen stehen WGF-Hypothekenanleihen erheblich unter Druck.

von Jens Castner, €uro am Sonntag

Noch am Montag sprach Pino Sergio, Vorstandschef der Westfälischen Grundbesitz und Finanzverwaltung (WGF), in bester Laune über die Vorreiterrolle seines Unternehmens bei bankenunabhängigen Finanzierungskonzepten. Mit der guten Laune war es einen Tag später vorbei. Da ging es mit den Kursen sämtlicher WGF-­Anleihen steil bergab. Einige der Papiere verbuchten in der Spitze Kursverluste von 30 Prozent.

Der Düsseldorfer Anwalt Klaus Dittke hatte öffentlich kritisiert, dass WGF die in den vergangenen Wochen erfolgte Herabstufung der Creditreform-Ratings von mehreren Anleihen verschwiegen hat. Im kürzlich veröffentlichten Geschäftsbericht für das vergangene Jahr war noch der Stand der Ratings vom 31. Dezember 2010 angegeben (was rechtlich zulässig ist und nach Unternehmens­angaben mit den Wirtschaftsprüfern so abgestimmt war).

Trotzdem räumt Pressesprecher Heinrich Raatschen das Versäumnis ein, nicht ausdrücklich auf die zwischenzeitlich erfolgten Herab­stufun­gen hingewiesen zu haben. Immerhin wurde den Anleihen bis zum Abschluss der laufenden Neubewertung der Investment-Grade-Status entzogen, was eine entscheidende Information für Anleger gewesen wäre.


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Creditreform begründet die Her­abstufung mit fehlenden Angaben, die sich offenbar aus der Umstrukturierung des Geschäftsmodells ergeben haben. Das von Anlegeranwalt Dittke bemängelte Fehlen eines Konzernabschlusses dürfte dabei eine Rolle gespielt haben. WGF hatte Umsätze und Gewinne aus Geschäften mit hundert­prozentigen Tochtergesellschaften verbucht – in einem Konzernabschluss müssen solche Transaktionen herausgerechnet werden. Im vorgelegten AG-Abschluss sieht die wirtschaftliche Situation also besser aus, als es in einem Konzernabschluss der Fall wäre.

Hat das aber Relevanz für die Sicherheit der Anleihen? Die Mündelsicherheit mehrerer WGF-Anleihen sei von Gerichten unabhängig von der Ratingnote festgestellt worden, sagt Sprecher Raatschen, der wie Vorstandschef Sergio nicht müde wird zu betonen, dass man sich voll im Plan befinde, die Ziele für 2011 zu erfüllen. Dazu zähle auch die im Rahmen der Finanzplanung vorgesehene Rückzahlung der Anleihe mit der ISIN: DE 000 A0J RUK 0, die am 15. November dieses Jahres fällig wird. Die Mündelsicherheit der WGF-Anleihen resultiert aus der erstrangigen Besicherung im Grundbuch: Im Fall einer Insolvenz des Unternehmens hätten die Anleihegläubiger Zugriff auf den Immobilienbestand. Jede Anleihe ist mit 125 Prozent quasi überbesichert.

Die Verwertung eines Immobilienportfolios kann sich aber lange hinziehen. Außerdem ist fraglich, ob im Fall eines Notverkaufs Preise erzielt werden können, die den ­Verkehrswerten entsprechen. Im Haifischbecken Immobilienbranche bleibt potenziellen Käufern nicht verborgen, warum ein Portfolio auf den Markt kommt. Entsprechend heftig dürften die Versuche ausfallen, die Preise zu drücken, weshalb keineswegs klar ist, ob 25 Prozent Überbesicherung im Ernstfall ausreichen.

Ironie des Schicksals: Gerade auf solche sogenannten Distressed-Situationen hatte es WGF-Boss Sergio abgesehen, als er das ursprüngliche Geschäftsmodell mit Schwerpunkt Wohn­immobilien immer mehr erweiterte und neue Tochterunternehmen gründete, die nun mit zur Herabstufung der eigenen Bonitätsnote beitrugen. Allerdings ist darüber das letzte Wort noch nicht gesprochen. Noch besteht Hoffnung, dass Creditreform die Ratings wieder auf Investment-Grade anhebt, wenn WGF die fehlenden Angaben liefert. Denn von „mittlerem Insolvenzrisiko“, wie es die aktuellen Ratings suggerieren, will Unternehmenslenker Sergio nichts wissen. Vielmehr sei das Risiko deutlich gesenkt, indem zum einstigen Schwerpunkt Wohnen die Standbeine Gewerbe- und Hotel­immobilien aufgebaut wurden.

Da er „unlautere Handlungen Dritter“ hinter den heftigen Kurseinbußen bei ungewöhnlich hohen Umsatzvolumina vermutet, hat er die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) eingeschaltet. Die soll klären, ob eine strafbare Marktmanipulation vorliegt.