Kommt nach der „Griechischen Tragödie“ die „Spanischen Grippe“?
Ungeachtet der weiterhin schwelenden Schuldenkrise und einer drohenden Abschwächung der Weltwirtschaft haben die Aktienmärkte weltweit einen guten Jahresstart hingelegt.
von Gregor Müller, Leiter Portfoliomanagement bei Novethos
Ungeachtet der weiterhin schwelenden Schuldenkrise und einer drohenden Abschwächung der Weltwirtschaft haben die Aktienmärkte weltweit einen guten Jahresstart hingelegt.
Zwar trübten Anfang März Sorgen um das tatsächliche Gelingen der Umschuldung Griechenlands kurzfristig die Stimmung an den Märkten, der letztendlich doch erfolgreich umgesetzte Schuldenschnitt beflügelte dann schnell wieder die Kauflaune der Investoren. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob Griechenland seine Staatsfinanzen wieder auf ein tragfähiges Fundament stellen kann, ohne die Wirtschaft komplett abzuwürgen.
Die „Big Bertha“ der EZB, die geldpolitische Wunderwaffe, hatte nur kurz zur Beruhigung beigetragen. Insgesamt wurden den Banken in zwei Tranchen über 1 Billion EUR über die sogenannten LTRO´s für drei Jahre zu günstigen Konditionen zur Verfügung gestellt.
Vor allem italienische Banken, die 255 Mrd. EUR aus diesem Programm erhielten, haben in großem Stil heimische Staatsanleihen gekauft und das Renditeniveau deutlich gedrückt. Die eigentlichen Probleme - hohe Verschuldung und die schwache Konjunktur in den südeuropäischen Ländern – können damit jedoch nicht gelöst werden.
Grafik 1: Rendite 10-jähriger Staatsanleihen Italien (schwarze Kurve) und Spanien (orange Kurve); Quelle: bloomberg
Ein Grossteil der zugeteilten Gelder ist nämlich postwendend wieder bei der EZB als Tagesgeld geparkt worden – die Summe hat sich seit Dezember von 200 Mrd. EUR auf 784 Mrd. EUR nahezu vervierfacht. Die Gelder stehen damit nicht dem Interbankenmarkt oder der realen Wirtschaft zur Verfügung.
Grafik 2: Volumen LTRO (schwarze Kurve), Volumen Einlagenfazilität bei der EZB (orange Kurve); Quelle: bloomberg
In den letzten Tagen ist nun Spanien in den Fokus der Investoren gerückt. Der neue Premier Spaniens hat die zugesagte Defizitgrenze von 4,4 Prozent kassiert und das erwartete Defizit für dieses Jahr auf 5,7 Prozent beziffert. Zwar liegt Spanien mit einer Gesamtverschuldung von 70 Prozent des Bruttosozialproduktes noch unter dem EU-Durchschnitt, doch die geplanten Einsparungen von 37 Mrd. EUR werden die spanische Wirtschaft stark belasten und die Staatsverschuldung nur weiter nach oben treiben. Eigene Wirtschaftskraft besitzt das Land jedoch kaum - fast jeder vierte Spanier ist arbeitslos, bei den Jugendlichen sogar jeder Zweite, die Industrieproduktion ist rückläufig, die Leistungsbilanzdefizite stark ansteigend. Investoren zweifeln an der Fähigkeit des Landes, die staatlichen Finanzen in den Griff zu bekommen. Die Aktienmärkte legten daraufhin den Rückwärtsgang ein und an den Bondmärkten haben sich die Zinsaufschläge wieder deutlich ausgeweitet.
Nach dem guten Jahresstart kommen die Märkte in etwas raueres Fahrwasser. Neben den Sorgen um Spanien rückt die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen in Frankreich, die Parlamentswahlen in Griechenland sowie das irische Referendum zum Fiskalpakt in den Fokus. Bis dahin sollten Investoren nur sehr vorsichtig agieren, da alle Assetklassen in der nächsten Zeit eher durch die politische Nachrichtenlage als durch fundamentale Faktoren beeinflusst werden.
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