Baader Bond Markets-Kolumne Klaus Stopp

Lähmende Angst vertreibt die Zuversicht

27.08.10 09:43 Uhr

Lähmende Angst vertreibt die Zuversicht | finanzen.net

Unsicherheit macht sich breit am Rentenmarkt.

Während der Bund Future durch die Decke geschossen ist und ein Allzeithoch von 134,73 erreicht hat, ist die Umlaufrendite mit 1,87% auf ihr niedrigstes Niveau zusammen geschmolzen. Soweit noch Käufer unterwegs sind, bevorzugen sie Staatsanleihen von solventen Schuldnern. Dasselbe gilt für den Aktienmarkt, wo vor allem konservative Titel wie die von Versorgern gesucht sind. All’ das deutet daraufhin, dass die Stimmung deutlich gedreht hat. Während die Anleger vor drei Wochen ihre Risikoscheu vielfach beiseite gelassen haben, macht sich nun lähmende Angst breit. Kaum einer möchte mehr ein Risiko eingehen. Das ist wie beim Mikado-Spiel: Wer sich bewegt, läuft Gefahr, das Spiel zu verlieren. Die Ursachen liegen in den größer werdenden Sorgen um die US-amerikanische Konjunktur sowie die Ankaufprogramme der Notenbanken.

Künstliche Verknappung sorgt für Öde am Markt

Dass sich der Rentenmarkt während der ausgehenden Sommerpause als nahezu ausgetrocknet präsentiert, scheint auf Grund der Flutung der Märkte mit Liquidität durch die Notenbanken auf den ersten Blick absurd. Man darf dabei aber nicht die Ankaufprogramme der Notenbanken außer Acht lassen, die für eine künstliche Verknappung des Geldes sorgen. Hinzu kommt der Umstand, dass sich die Banken zwar die Notenbank-Gelder leihen, diese aber in länger laufende Anleihen investieren und eben nicht über Kredite in den Wirtschaftskreislauf pumpen. Die Notenbanken verkommen dabei zu „Bad Banks“, die die Finanzbranche von Risiken entlasten. Dies aber ist ein Tanz auf des Messers Schneide. Denn wenn die Banken die Notenbankmittel weiterhin nicht an Unternehmen und Verbraucher weiterreichen, wird das billige Zentralbankgeld zum Keimling der nächsten Rentenblase. Ganz nebenbei werden auf der Aktienseite Übernahmenfantasien bei Unternehmen geschürt, die mit dem billigen Geld immer finanzierbarer werden.

Bei Corporates wagt sich nur SAP aus der Deckung

Auch am Markt für Corporate Bonds gibt es weiterhin wenig bis keine Liquidität. So wurde die Emissionstätigkeit von neuen Anleihen fast ganz eingestellt. Lediglich eine nennenswerte Neuemission gab es am Corporate-Bond-Markt. Der Walldorfer Softwarehersteller SAP begab zwei neue Anleihen, eine über 18 Monate und eine über drei Jahre. Insgesamt sammelte der Softwareriese 1,2 Mrd. Euro frisches Kapital ein - jeweils 600 Mio. Euro pro Tranche. Die Investoren erhalten eine jährliche Kuponzahlung von 1,75 bzw. 2,25 Prozent. Aufgrund der sehr guten Reputation und solider Finanzkennzahlen des Unternehmens kann SAP auf eine teure Benotung der Bonitätsprüfer verzichten. Die SAP-Anleihen sind daher wiederum nicht geratet.

Gebannt schauen die Marktteilnehmer nach USA

Als weiteren ernsthaften Grund für die zunehmende Risikoscheu am Markt wird die konjunkturelle Situation in den USA gesehen. Kriegen die USA die Kurve oder rutschen sie nochmals ab? Immer mehr geht die Sorge um einen solchen „Double Dip“ um. Zur Vermeidung dieses Szenarios muss die US-amerikanische Notenbank tief in die Trickkiste greifen und den Markt mit billigem Geld ersäufen. Dadurch sollen dem Konsum Beine gemacht werden. Das aber wird nur zu schaffen sein, wenn sich die Situation bei US-Immobilien und am Arbeitsmarkt aufhellen würde. Daher ist es kein Wunder, dass die Kapitalmärkte derzeit durchaus positive Wirtschaftsnachrichten aus Europa ignorieren, während miserable Zahlen aus den USA den Takt bestimmen.

Griechenland kommt bei Hausaufgaben voran – Sorge um Frankreich

Nach den Einschätzungen der EU-Kommission hat die griechische Regierung eine beeindruckende Haushaltskonsolidierung geschafft. Bei den wichtigen Strukturreformen ist man trotz der internen Widerstände zügig vorangekommen. So wurde das Haushaltsdefizit im ersten Halbjahr um 46 Prozent reduziert. Somit sind die Voraussetzungen für eine Auszahlung der zweiten Kredittranche in Höhe von 9 Mrd. Euro erfüllt.

Indessen keimen Sorgen um Frankreich auf. Die französische Regierung hat infolge der nur zögerlichen wirtschaftlichen Erholung die Wachstumsprognose im kommenden Jahr gesenkt. Für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone wird nach einer bisherigen Prognose von plus 2,5 Prozent nur noch von einem Zuwachs von 2 Prozent ausgegangen. Ob dieses Ziel realistisch ist, kann zurzeit noch nicht beantwortet werden. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass zur Erreichung des angestrebten Sparziels von 110 Mrd. Euro und damit zur Erfüllung der EU-Kriterien, alles optimal verlaufen muss. Sollte dies nicht gelingen, wird Frankreich in der Schuldenfalle sitzen und müsste aufpassen, nicht seine Kreditwürdigkeit einzubüßen.

Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de

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