Baader Bond Markets-Kolumne Klaus Stopp

Beim Euro haben wir die Wahl zwischen Pest und Cholera

16.12.10 12:14 Uhr

Beim Euro haben wir die Wahl zwischen Pest und Cholera | finanzen.net

2011 wird an den Kapitalmärkten das Jahr der Wahrheit.

Bei der Frage, wie es mit dem Euro-Rettungsschirm weiter geht, und dem Problem, wie man wieder aus dem aufgebauten Schuldenturm heraus kommen könnte, muss es zum Schwur kommen. Es sollte uns Deutschen klar sein, dass wir durch das Einstehen für andere Euroländer versuchen, unsere Exportmärkte am Leben zu halten. Bei einer Finanzierung über Euro-Bonds würden die starken Euroländer die Risikoprämie für die schwachen mitbezahlen und so die eigene Schuldenspirale weiter drehen.

So mancher Händler fühlt sich da an Situationen erinnert, in denen eine eigene Position immer mehr an Wert verliert, bis er schließlich die Reißleine zieht. Würde dies auch die Bundesrepublik als starker Euro-Staat tun, in dem sie den Rettungsschirm zuklappt und sich auf die D-Mark zurückbesinnt, würde das Euro-System kollabieren. Und eine wieder eingeführte D-Mark würde dermaßen aufgewertet werden, dass die deutsche Exportwirtschaft massiv an Wettbewerbsfähigkeit einbüßen. Dies erinnert an eine Situation, in der man nur mehr die Wahl hat, die Pest mit der Cholera auszutreiben.

Kein Wunder also, dass sich die Käufer am Rentenmarkt rar gemacht haben. Es kommt kaum mehr Material „heraus“, während nur wenige „dagegen halten“. Will heißen: Verkäufer gibt es zwar am Markt, aber kaum einer, der so recht kaufen will. Nennenswerte Umschichtungen nehmen Anleger dagegen zu Gunsten von kurz laufenden Bundestiteln vor, um sich gegen Inflationsrisiken zu schützen. Dies erscheint manchem Anleger vor allem dann als sinnvoll, wenn er seine Langläufer zu Zeiten niedriger Kurse eingekauft hat und seine Bonds nun mit Gewinn veräußern kann.

2011 wird das Jahr der Entscheidung

Viele Analysten stellen sich immer wieder im Zusammenhang mit der hohen europäischen Staatsverschuldung die „Drei W-Fragen“. Die Frage nach dem wie, wer und wann diese Krise beseitigt werden kann, beschäftigt auch erfahrene Ökonomen wie Nouriel Roubini. Der Professor für Ökonomie ist durch seine korrekte Voraussage der Finanz- und Wirtschaftskrise in aller Munde. Nun äußerte er sich auch zur Euro-Krise und fordert eine deutliche Vergrößerung des Rettungsschirmes und eine Vereinheitlichung der Steuerpolitik. Nur so ist seines Erachtens ein Zusammenbruch der Eurozone zu vermeiden.

Die Forderung nach mehr Geld für den Euro-Rettungsschirm ist sicherlich auf amerikanischem Gedankengut entstanden. Diese Diskussion hat vor nicht allzu langer Zeit die Verunsicherung der Märkte neu entfacht. In dieser kritischen Phase zeigt sich, dass die Notenbanken zu halbherzig den Märkten ihre Grenzen aufzeigen wollten. Eine klare Ansage an die Märkte wäre sinnvoller gewesen. Interventionen hatten bereits an den Devisenmärkten immer nur kurze Verschnaufpausen bewirkt.

Die Vereinheitlichung der Steuerpolitik zielt in die Richtung einer Aufgabe nationaler Hoheitsgebiete und ist grundsätzlich nur in Zeiten des kollektiven Wohlstands zu realisieren. Nun in der Phase der Krise solche Forderungen zu stellen, ist wenig erfolgversprechend.

Sollte es darüber hinaus noch zu Umschuldungen einzelner Staaten kommen, so wäre meines Erachtens der Austritt verschiedener vermeintlich starker Staaten die logische Konsequenz. Dies würde ein Zusammenbrechen der Gemeinschaft bedeuten und das gilt es zu vermeiden.

TUI, Roche und Peugeot ragen aus impulslosem Handel heraus

Weit gehend unberührt von den aktuellen Meldungen präsentiert sich der Markt für Corporates und High-Yield-Anleihen nahezu impulslos. Eine allgemeine Ausweitung der Geld/Brief-Spanne lässt jedoch erkennen, dass die Marktteilnehmer zum Jahresende zunehmend risikoavers werden. Eine Ausnahme stellten in den vergangenen Tagen die Anleihen der TUI AG dar, die positive Zahlen verkündet hatte. Auch französische Titel wie Roche oder Peugeot waren gefragte Papiere.

Anleger auf Blindflug

Mittlerweile hat das anhaltend hohe Interesse an hochverzinslichen Unternehmensanleihen, die ohne oder mit schlechtem Rating an den Markt gebracht wurden, erste Kritiker auf den Plan gerufen, die von solchen ungerateten Papieren abraten. So mancher Institutionelle stellt sich die Frage, ob eine alte Regel vergessen wurde: Je höher die Rendite, desto höher das Risiko.

Paradebeispiel für diesen Blindflug ist die Dürr AG. Sie hatte zuletzt den Ratingvertrag mit S&P gekündigt und emittierte in den vergangenen Monaten über 225 Millionen Euro. Dass die letzte Bonitätsnote bei „B mit negativem Ausblick“ war, interessierte wohl nur wenige Investoren. Und deshalb erkennen einige Experten auch eine mögliche Blasenbildung in diesem Bereich. Dies würde sich mit der Aussage von Standard & Poors decken. Die Ratingagentur erwartet ab 2012 einen Anstieg der Ausfallquoten auf 5,5 bis 7,5 Prozent. Besonders spürbar würde solch ein Szenario, wenn die Zinsen steigen.

Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de

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