Alpha Anleihen Kolumne Carsten Müller

Interview: Neue ZWL Zahnradwerke Leipzig als Eisbrecher für das Mittelstandssegment?

19.02.14 10:42 Uhr

Interview: Neue ZWL Zahnradwerke Leipzig als Eisbrecher für das Mittelstandssegment? | finanzen.net

Die Platzierung der Anleihe von Neue ZWL Zahnradwerke Leipzig (NZWL) war ein voller Erfolg.

Bereits um 10.00 Uhr am ersten Zeichnungstag mussten die Bücher wegen der hohen Nachfrage geschlossen werden. Am Ende gab es für die aufgegebenen Orders ein losverfahren und eine Zuteilungsquote.

Als Chefredakteur des "alpha anleihen & zinsen" hatte ich Gelegenheit, mich mit Dr. Michael Bormann zur Emission der Mittelstandsanleihe und zur Lage am Mittelstandssegment zu unterhalten. Er ist Finanzierungsexperte bei bdp Bormann Demant & Partner und hat die Platzierung der NZWL mit begleitet.

alpha anleihen & zinsen: Der Ruf von Mittelstandsanleihen ist angekratzt. Rund jeder zehnte Emittent ist bereits pleite. Nach Monaten der Flaute fungierte jetzt der Autozulieferer Neue ZWL Zahnradwerke Leipzig (NZWL) als Eisbrecher. Die Platzierung der Anleihe in einem Volumen von 25 Mio. Euro konnte schon am ersten Tag der Zeichnungsfrist erfolgreich abgeschlossen werden. Wie risikoreich ist das Marktsegment für den Anleger tatsächlich?

Bormann: Die Qualität der Emissionen beziehungsweise Emittenten ist tatsächlich extrem heterogen. Dabei erhöht es nicht gerade die Visibilität, dass die meisten Mittelstandsanleihen mit einem Kupon zwischen sieben und acht Prozent ausgestattet sind. Da wird meines Erachtens das Risiko zu wenig differenziert. Die Renditen unterscheiden sich meistens erst dann signifikant, wenn die Papiere bereits eine Zeit lang an der Börse notierten.

alpha anleihen & zinsen: Wie kann sich der Anleger ein Bild machen, ob es sich bei einer Emission um ein konservatives Investment handelt, was der Begriff Mittelstandsanleihe suggeriert, oder doch eher um einen hochrisikoreichen Junk Bond?

Bormann: Wichtig ist natürlich zuerst ein Blick in die Kennzahlen. Ist das Unternehmen finanziell so ausgestattet, dass es auch bei einer weniger erfolgreichen Geschäftsentwicklung, den Zins- und Tilgungsdienst leisten kann? Bei der von uns begleiteten NZWL entstehen mit der neuen Anleihe jährliche Zinsverpflichtungen von 1,875 Mio. Euro. In den ersten neun Monaten das abgelaufenen Jahres steigerte die NZWL den Umsatz um 8,4% auf gut 52 Mio. Euro und erhöhte den Gewinn nach Steuern, also den Periodenüberschuss, um 8,1% auf 2,4 Mio. Euro. Da müsste also einiges schiefgehen, bevor die Anleihe nicht mehr bedient werden könnte. Außerdem ist der Bond Anleihe zu 50% besichert.

alpha anleihen & zinsen: Entscheidend ist natürlich auch die Mittelverwendung?

Bormann: Es gibt vor allem zwei Bereiche, in die sinnvollerweise das eingeworbene Fremdkapital fließen kann. Erstens in die Finanzierung von Wachstum. Die NZWL verwendet rund 60% des Emissionserlöses für den Bau eines neuen Werks in China, wo sogenannte Synchronisierungen für Doppelkupplungsgetriebe gebaut werden. Diese werden von der Automobilindustrie immer stärker nachgefragt. Das Unternehmen investiert damit in einen absoluten Wachstumsmarkt. Weitere 27% gehen in verschiedene europäische Wachstumsprojekte. Zweitens macht es grundsätzlich Sinn, höher verzinste Verbindlichkeiten abzulösen. Hierfür entfallen bei der NZWL circa 13% des Emissionserlöses.

alpha anleihen & zinsen: Ist nicht gerade eine Investition in China mit erhöhten Risiken behaftet?

Bormann: Die NZWL hat mit Doppelkupplungsgetrieben schon umfangreiche Erfahrungen gesammelt. Damit im kommenden Jahr die Produktion in China reibungslos starten kann, werden die dortigen Arbeiter vorher im Leipziger Werk ausgebildet und geschult. Gleichzeitig begleiten wir die NZWL mit unserer Niederlassung in China vor Ort, um alle steuerlichen und administrativen Hürden aus dem Weg räumen.

alpha anleihen & zinsen: Die Platzierung scheint ein Selbstläufer gewesen zu sein?

Bormann: Das sieht nur auf den ersten Blick so aus. Gerade nach den zum Teil schlechten Erfahrungen bei Mittelstandsanleihen war es auch bei der NZWL unverzichtbar, auf verschiedenen Roadshows interessierten Investoren das Geschäftsmodell und die geplante Mittelverwendung im direkten Gespräch zu erläutern. Um eine Platzierung erfolgreich umzusetzen, reicht ein einfaches Listing an der Börse heute nicht mehr aus.

alpha anleihen & zinsen: Besten Dank für das Gespräch.

Seit fast 20 Jahren befasst sich Carsten Müller publizistisch mit den verschiedenen Aspekten der internationalen Kapitalmärkte. Dabei hat er als freier Journalist für einige der bekanntesten Börsenbriefverlage (u.a. Bernecker & Cie., Fuchsbriefe) geschrieben. Aktuell ist er als Herausgeber der Alphabriefe (www.alphabriefe.de) tätig. Hierbei liegen die Schwerpunkte auf Anleihen und Nebenwerten. Dabei stehen bei ihm in der jeweiligen Analyse fundamentale Aspekte im Vordergrund. Regional legt er besonderen Schwerpunkt auf die drei deutschsprachigen Märkte Deutschland, Österreich und die Schweiz.

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