"S&P 500 wird vorerst kein neues Hoch markieren": Fondsmanager Leon Cooperman sieht Börsenlage kritisch - was er Anlegern rät
Das Börsenjahr 2023 lief für viele Beobachter überraschend stark an. Der Aufwärtstrend geriet seit August jedoch ins Stocken, anhaltende Zinsängste und geopolitische Unsicherheiten bremsten die Kauflaune der Anleger. Wird es dennoch zu einer Jahresendrally kommen? Fondsmanager Leon Cooperman kommt zu einer klaren Einschätzung.
Werte in diesem Artikel
• Hedgefondsmanager Cooperman hält S&P 500 für überbewertet
• Cooperman empfiehlt den Kauf von unterbewerteten Einzelaktien
• Besonders im Energie-Sektor wittert der US-Investor gute Investmentchancen
Der breite US-Index S&P 500 gilt als der beste Indikator für die Börsenlage in den USA, fasst er doch die 500 größten börsennotierten US-Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen. Die Entwicklung des Index wird von Experten deshalb mit Argusaugen verfolgt. Ein genauerer Blick auf die jüngste Performance des S&P 500 zeigt, dass die US-Börsen trotz der alles andere als einfachen Börsenlage - verwiesen sei an dieser Stelle auf die hartnäckige Inflation, das hohe Leitzinsniveau, die globale Konjunkturflaute oder die zunehmenden geopolitischen Spannungen - auf Jahressicht ordentlich im Plus liegen.
So hat der S&P 500 bei einem derzeitigen Stand von 4.278,00 Einheiten (Stand: Schlusskurs vom 19. Oktober 2023) seit Anfang Januar um 11,42 Prozent zulegen können. Allerdings: Von seinem bisherigen Jahreshoch, das der S&P 500 am 27. Juli 2023 bei 4.607,07 Punkten markiert hatte, hat sich der US-Index inzwischen merklich distanziert. Die große Frage lautet nun, ob Anleger den Kursrücksetzer nutzen und auf eine vermeintlich bevorstehende Jahresendrally spekulieren sollten. Leon Cooperman, Vorsitzender und CEO der New Yorker Vermögensverwaltung Omega Advisors, rät von dieser Strategie eindringlich ab.
Cooperman: S&P 500 wegen hoher Bewertung "uninteressant"
In einem Interview auf dem Financial Advisor Summit von "CNBC" bezeichnete Cooperman den S&P 500 als "uninteressant". Anschließend stellte er den Zuhörern die rhetorische Frage, ob sie "bereit wären, das 20-Fache der Gewinne für den S&P zu zahlen", wie "MarketWatch" aus dem Interview zitiert. Der Investor beantwortete dann seine eigene Frage, indem er erklärte, dass "das 20-Fache im Verhältnis zum makroökonomischen Umfeld und zu den Zinssätzen zu hoch ist". In Anbetracht des historisch betrachtet hohen Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV) und der schwachen Konjunkturentwicklung wäre er überrascht, wenn der S&P 500 in absehbarer Zukunft die 4.600-Punkte-Widerstandsmarke, an der der Index Ende Juli dieses Jahres abprallte, nachhaltig übersteigen könnte. Das bisherige Allzeithoch des Index, das er am 4. Januar 2022 bei 4.818,62 Punkten markiert hatte, dürfte damit nach Coopermans Einschätzung noch einige Zeit Bestand haben.
Cooperman ist ein Verfechter des Stock-Picking-Ansatzes - besonders momentan
Aus diesem Grund suche Cooperman nach "Dingen, die ich mag und die falsch bewertet sind", und stellte fest, dass Anleger derzeit "viele preiswerte Aktien" finden können. Statt einem Investment in den breiten Markt - börsengehandelte ETFs auf große Indizes wie den S&P 500, den Dow Jones Industrial Average (DJIA) oder den MSCI World stellen hierfür klassische Anlageprodukte dar - riet er den Zuhörern zu einer Stock-Picking-Strategie, also dem gezielten Auswählen einzelner Unternehmensaktien mit vermeintlich vielversprechenden Renditeaussichten.
Der Hedgefonds-Chef verglich das derzeitige Marktumfeld mit den Anfängen seiner Karriere im Jahr 1967. Zu diesem Zeitpunkt hätte man jahrelang keine Gewinne gemacht, wenn man schlicht in einen großen Index investiert hätte. 1967 habe der Dow Jones bei etwa 1.000 Zählern gelegen. "Im Jahr 1982 lag er bei etwa 1.000. Ich habe mein Geld mit der Auswahl von Aktien verdient, und das ist meiner Meinung nach das Umfeld, in dem wir uns befinden", meint er. Tatsächlich gelang es Cooperman, mit seinem Warren Buffet-ähnlichen Value-Investing-Ansatz über Jahrzehnte besser als der Gesamtmarkt zu performen. Sein 1991 gegründeter, mittlerweile milliardenschwerer Hedgefonds Omega Advisors, den er 2018 in eine private Gesellschaft verwandelte, verzeichnete seit seiner Gründung ein durchschnittliches Jahreswachstum von 12,5 Prozent, wie "Forbes" schreibt.
Langfristige Anleihen machen "angesichts der Ereignisse in der Welt" wenig Sinn
Ein von vielen Experten nahegelegtes Investment in langfristige Anleihen lehnt Cooperman - trotz der deutlich höheren Rendite, die selbst als äußerst sicher geltende Staats- und Unternehmensanleihen liefern, hingegen ab. Cooperman kritisierte die Aussicht, in langfristige Anleihen zu investieren, und sagte, dass diese "angesichts der Ereignisse in der Welt" wenig Sinn machen - auch wenn er glaubt, dass die Zinssätze nicht sinken, sondern "wahrscheinlich steigen werden". Der erfahrene Vermögensverwalter sagte, dass es kaum Argumente für Investitionen in langfristige Anleihen gibt, die eine Rendite von unter 5,5 Prozent bieten, und er würde mit dem Kauf von Anleihen warten, bis die Zinssätze deutlich über 5 Prozent steigen. "Langfristig ist man mit Aktien viel besser dran, und man kann viele attraktive Aktien finden", sagte er.
So werden sich die US-Börsen laut Cooperman künftig bewegen
Bezüglich der weiteren Börsenmarktentwicklung rechnet Cooperman mit einer monatelangen Seitwärtstendenz. Er sagte, dass er zwar "keine großen Aufwärtsbewegungen am Markt" erwarte, aber auch - anders als andere Marktbeobachter - keine "großen Abwärtsbewegungen". Es sei denn, die schon oft angekündigte Rezession trete wirklich ein. Eine solche Rezession hält Cooperman aufgrund der "sehr aggressiven Fiskalpolitik" vonseiten der US-Regierung jedoch für unwahrscheinlich. Darin unterscheidet sich der Omega-CEO von einigen weiteren Marktexperten. Beispielsweise meint Anleihenkönig Jeffrey Gundlach, dass die US-Konjunktur in der ersten Hälfte des kommenden Jahres in eine Rezession abgleiten werde.
Cooperman befürchtet internationale Finanzkrise
Beim Interview mit "CNBC" beschränkte sich Cooperman aber nicht nur auf Einschätzungen zur gegenwärtigen Lage auf den internationalen Börsenparketts. Vielmehr äußerte sich der Hegefonds-Milliardär kritisch zur US-Innenpolitik und zur Wirtschaft, insbesondere zu dem, was er als "sehr beunruhigenden" Schuldenanstieg ansieht. Er merkte an, dass viele so sehr auf die Inflation fixiert seien, dass sie die größere Gefahr einer potenziellen Finanzkrise nicht sehen könnten. Eine solche gewaltige Finanzkrise könne jederzeit entstehen, da die USA so sehr von anderen Staaten abhängig sei, die ihnen Geld zu "attraktiven Preisen" leihen würden. Cooperman sagte auch voraus, dass die US-Wirtschaft vor einer "Schrumpfungsinflation" stehe, da die Verbraucher Mühe hätten, mit den Preisen Schritt zu halten. "Und ich denke, was wir hier sehen, ist eine monetäre Illusion", sagte er.
Diese konkreten Aktientitel empfiehlt Cooperman
Umso wichtiger sei es für die US-Haushalte, die ihnen zur Verfügung stehenden Vermögen gut zu investieren, damit die Kaufkraft nicht wegschmilzt, sondern langfristig die Inflationsraten übersteigt. Coopermans wichtigster Ratschlag lautet, "billige Aktien" zu kaufen, und wird daraufhin konkreter mit seinen Tipps. Einer seiner Aktienlieblinge sei das kanadische Öl- und Gasunternehmen Paramount Resources. Cooperman ist begeistert von den Aussichten des Öl-Konzerns, da das Unternehmen mit Hauptsitz in Calgary derzeit Öl zu einem Preis von etwa 31 US-Dollar pro Barrel fördere und das Rohöl somit mit einer hohen Gewinnmarge am internationalen Rohstoffmarkt verkaufen könne. Allgemein hält Cooperman viel von Öl-Aktien, die zusammen etwa 20 Prozent seines Depots ausmachen. Beispielsweise hält der Investor ein bedeutsames Aktienpaket vom US-Konzern ExxonMobil. Über dessen geplante Milliardenübernahme von Pioneer Natural Resources zeigte sich Cooperman begeistert.
Zu weiteren Aktien-Favoriten Coopermans gehören auch die seiner Meinung nach vergleichsweise günstigen Tech-Giganten Microsoft und Alphabet, die Gesundheitsunternehmen Elevance Health und Cigna, die Private-Equity-Firma Apollo Global Management und die US-Bank Citigroup.
Redaktion finanzen.net
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