Nordex vor dem Comeback: Die neue Strategie
Der Hersteller von Windkraftanlagen, Nordex, folgt neuerdings dem Motto „Weniger ist mehr“. Die Strategie zahlt sich aus, die Firma ist im Aufwind. Das macht auch die Aktie wieder interessant.
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von Joachim Spiering, Euro am Sonntag
Die Reaktion der Börse war eindeutig: Als Nordex am Montag die Zahlen für 2012 und einen Ausblick auf 2013 veröffentlicht hatte, legte die Aktie den Turbo ein. Am Ende blieb ein Tagesplus von 15 Prozent. Die Euphorie hat einen einfachen Grund: Nach jahrelangen Problemen, Verlusten und Fehlentscheidungen hoffen Börsianer auf die langersehnte Wende.
Die Hoffnung hat sogar ein Gesicht: Jürgen Zeschky. Der frühere Manager von Voith Turbo steht seit März vergangenen Jahres an der Spitze des Windanlagenbauers, nachdem sein eher glückloser Vorgänger Thomas Richterich den Sessel geräumt und dabei bemerkenswert offen gesagt hatte: „Es wäre sinnvoll, wenn der neue Chef diesmal einen technischen Hintergrund hätte. Schließlich gibt es für die Windindustrie in Zukunft auch eine Reihe von technischen Herausforderungen.“ Richterich hatte als studierter Betriebswirt zunächst das Finanzressort übernommen und war im August 2005 zum Vorstandschef aufgestiegen.
Mit Zeschky, der Maschinenbau studiert und über Gasturbinen promoviert hat, steht jetzt also tatsächlich ein Technik-Mann an der Spitze, und der 52-Jährige räumt kräftig auf. Weil in dem erst vor gut zwei Jahren eröffneten US-Werk in Jonesboro/Arkansas die Auslastung im vergangenen Jahr nur bei 30 Prozent lag und auch eine Fabrik für die Fertigung von Rotorblättern in China viel zu wenig Arbeit hatte, wird das Werk in China geschlossen und die Fabrik in Jonesboro deutlich verkleinert.
Für 2012 muss Nordex deshalb Sonderaufwendungen in Höhe von 75 Millionen Euro verbuchen. Unter dem Strich schrieben die Norderstedter damit über 94 Millionen Euro Verlust bei 1,075 Milliarden Euro Umsatz. Eigentlich ein Horror. Doch operativ läuft es bei Nordex gar nicht so schlecht — und das machte den Börsianern Mut. Laut Zeschky könnte der Umsatz dieses Jahr auf bis zu 1,3 Milliarden Euro steigen, eine Bruttomarge von bis zu drei Prozent sei drin. Mit einer weiteren Sonderbelastung rechnet er nicht.
Auffallend ist, dass vor allem in Europa sowie Südafrika die Geschäfte gut laufen. 94 Prozent aller Neubestellungen kommen aus diesen Regionen. Dabei mischt Nordex als Mittelständler im vermeintlich aussichtsreichsten Markt — Windparks auf hoher See — gar nicht mit. Weil die Norddeutschen keinen Partner für das kapitalintensive Geschäft gefunden hatten, gab Zeschky kurz nach seinem Dienstbeginn die Offshore-Sparte auf. Stattdessen konzentriert sich Nordex nun auf einige wenige, qualitativ ausgezeichnete Anlagen, die für die Ausstattung neuer Windparks zu Lande und den Ersatz alter Windmühlen geeignet sind.
Ein Sorgenkind bleibt aber nach wie vor China, der neben den USA größte Markt für Windräder. 2012 wurden dort Anlagen mit einer Leistung von 13 Gigawatt (GW) aufgestellt. Zum Vergleich: In Deutschland waren es laut Global Wind Energy Council zwei GW. Deshalb sind auch sämtliche großen westlichen Anbieter in China am Start. Doch selbst Branchengrößen wie die dänische Vestas tun sich extrem schwer. Grund: Die Chinesen haben den Markt für Ausländer nahezu abgeschottet, 90 Prozent der Aufträge gehen an heimische Firmen. Nordex ist deshalb auf der Suche nach einem chinesischen Partner. „Allein schaffen wir es nicht“, so Zeschky. Erste Verhandlungen mit einem staatlichen Versorger sind im Sande verlaufen. Nun werden mit anderen Interessenten Gespräche geführt. Sollten auch diese nicht fruchten, wird die verbliebene Produktion auf ein Minimum heruntergefahren.
Grundsätzlich sinnlos soll das Engagement aber nicht gewesen sein. Der Standort in Peking wird nun zur Gesamtzentrale für den Raum Asien/Pazifik umorganisiert. Das ist auch eine Art von Reaktion.
Investor-Info
Die Aktie
Viele Chancen, viel Risiko
Der Auftragsbestand beträgt 1,27 Milliarden Euro. Insofern sollte das Umsatzziel von bis zu 1,3 Milliarden (2012: 1,075) eher konservativ gerechnet sein. Die Kursziele fast aller Analysten liegen unter dem aktuellen Kurs. Wir sehen das anders: Die neue Strategie wirkt, der Börsenwert ist gemessen am Umsatz gering, die Nettoliquidität beträgt 50 Millionen Euro. Bestätigt sich der positive Trend, hat die Aktie viel Potenzial. Noch aber muss man sagen: riskant!
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