VW-Skandal bleibt im Fokus

Unsicherheit wird 2016 die Autobranche bestimmen

23.12.15 12:31 Uhr

Unsicherheit wird 2016 die Autobranche bestimmen | finanzen.net

Die deutschen Autohersteller behalten im Jahr 2016 ein gemeinsames Thema: den Volkswagen-Abgasskandal.

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Seit die Schummeleien des Wolfsburger Konzerns bei den Stickoxid-Messungen aufgeflogen sind, müssen sich auch die übrigen Autohersteller immer wieder neuer Vorwürfe erwehren. Die Verdächtigungen gegen die VW-Konkurrenten haben sich bislang regelmäßig als haltlos erwiesen - und doch muss sich die Branche um ihren Ruf sorgen: Das Jahr 2016 wird zeigen, wie Kunden und Politiker auf die Affäre reagieren. Unter anderem davon hängt in den nächsten Monaten der Erfolg der deutschen Autohersteller ab.

Deutsche Diesel-Liebe

Bislang zeigen sich nur in den Zulassungszahlen von Volkswagen Auswirkungen des Skandals. Doch es ist nicht sicher, dass das so bleibt - denn der Abgasskandal droht das deutsche Erfolgsprodukt Dieselmotor über das Unternehmen hinaus in Verruf zu bringen. Der Selbstzünder ist zwar sparsamer als ein Ottomotor und stößt deshalb weniger CO2 aus. Zugleich aber produziert er vergleichsweise viel Stickoxid. In der Öffentlichkeit ist dies vor dem Abgasskandal kaum ein Thema gewesen, nun aber ist es in das Bewusstsein der Autokäufer gedrungen. Politiker diskutieren deshalb in vielen Ländern schärfere Gesetze. In Deutschland ist eine Erhöhung der Steuer auf Dieseltreibstoff in die Diskussion geraten.

   Die deutschen Autohersteller träfe ein dauerhafter Imageschaden für den Dieselmotor stärker als viele ausländische Konkurrenten. Sie verkaufen schließlich besonders viele Dieselmotoren. BMW etwa stattete im Jahr 2014 weltweit mehr als jedes dritte seiner Autos mit Dieselantrieb aus. Der Grund für die Diesel-Leidenschaft der deutschen Autokonzerne dürfte in der Diesel-Liebe der deutschen Kunden liegen: Rund 48 Prozent aller in Deutschland neu zugelassenen PKW waren laut Kraftfahrtbundesamt im Jahr 2014 Dieselfahrzeuge. In den USA dagegen sind Dieselfahrer Exoten. Der Marktanteil der Selbstzünder liegt in dem Land bei rund 3 Prozent.

Zweifel am Comeback von China

Doch die Diskussion um den Diesel bestimmt nicht allein über Erfolg oder Misserfolg der Autohersteller im nächsten Jahr: Hinzu kommt etwa die Entwicklung in China. In dem Land waren vor allem Volkswagen und BMW jahrelang mit enormer Geschwindigkeit gewachsen - bevor sie im Frühjahr des Jahres 2015 der Einbruch traf. Im ganzen zu Ende gehenden Jahr nahm der Neuwagenabsatz in China nach einer Berechnung von Price-Waterhouse-Coopers nur um 5,2 Prozent zu. Viele Autohersteller waren auf dem Markt zuvor zweistellige Wachstumsraten gewöhnt. Allein Daimler konnte sich dem Dämpfer entziehen. Der Hersteller stößt mit neuen Modellen zunehmend auf Interesse in China - er hat dort allerdings auch Nachholbedarf.

   Die Aussichten für das Jahr 2016 sind unsicher. Zwar rechnet etwa Price-Waterhouse-Coopers mit einem "raschen Comeback" Chinas und einem Wachstum des Neuwagenmarkts in dem Land um 7,7 Prozent im Jahr 2016. Der Autoexperte der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Felix Kuhnert, hält die Sorge für "unbegründet", dass die Lage in China sich dauerhaft eintrüben könnte. Doch etwa Experten von Ernst & Young wiesen jüngst darauf hin, dass vor allem ein Steuergeschenk für kleine Autos eine Erholung auf Chinas Automarkt ausgelöst habe. Der Effekt drohe im nächsten Jahr zu verpuffen, schrieben sie in einer Einschätzung von Ende November.

Sparen wird zum Thema

Wenig Hoffnung macht auch die Entwicklung in anderen Schwellenländern wie Brasilien und Russland. Von dort erwartet kaum ein Branchenexperte eine plötzliche Erholung im Jahr 2016. Viele Beobachter blicken deshalb weiter auf Europa. Im Jahr 2015 war der Kontinent zu einem der wachstumsstärksten Absatzmärkte für die Autoindustrie geworden. Nach den Zahlen von Price-Waterhouse-Coopers dürfte sich das auf etwas schwächerem Niveau fortsetzen: Die Wirtschaftsprüfer rechnen für das Jahr 2016 in Europa mit 4,3 Prozent Wachstum - nach einem Plus von rund 8,3 Prozent in diesem Jahr. Zum Hindernis für den Erfolg der Autohersteller könnten sich in den nächsten Monaten dagegen die USA entwickeln. Höhere Zinsen erhöhen dort die Raten für kreditfinanzierte Autos.

   Insgesamt müssen die Autokonzerne deshalb mit zunehmender Unsicherheit rechnen. Vor allem die deutschen Konzerne BMW, Daimler und Volkswagen sind vom Erfolg verwöhnt: Ihre Umsätze sind in den vergangenen Quartalen oft stark gestiegen. Doch eine Fortsetzung ist alles andere als sicher. Der schwache Euro lasse die Umsatzentwicklung außerhalb Europas besser aussehen, als sie tatsächlich sei, sagte im November etwa Autofachmann Peter Fuß von Ernst & Young. Kommt es nicht zu einer weiteren Abwertung der europäischen Währung, dürfte seiner Ansicht nach auch das Erlöswachstum der deutschen Autohersteller deutlich zurückgehen.

   Fuß fordert von den Konzernen deshalb mehr Bemühungen um die Profitabilität. Viel spricht dafür, dass die Autohersteller tatsächlich Sparen zum Thema der nächsten Zeit machen: Volkswagen sieht sich dazu schon wegen des Abgasskandals gezwungen. Auch die übrigen Hersteller müssen ihre Unternehmen auf eine Zeit sinkender Margen vorbereiten. In der Automobilbranche schließlich gewinnen längst Dienstleister und Software-Anbieter an Bedeutung. Manche Beobachter fürchten, dass die Autohersteller angesichts der Entwicklung zu Zulieferern von Technologie-Konzernen wie Google oder Apple geraten. Schon im Jahr 2016 dürften die Unternehmen darauf reagieren: außer mit Kostensenkungen etwa mit Investitionen in eigene Software- und Dienstleistungsprojekte.

Von Hendrik Varnholt

FRANKFURT (Dow Jones)

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