Vermögensverwalter-Kolumne

Hören Sie auf Draghi!

09.08.16 11:52 Uhr

Hören Sie auf Draghi! | finanzen.net

Die Vertreter der Notenbanken halten sich mit Empfehlungen in Sachen Geldanlage normalerweise sehr zurück. Vor einiger Zeit gab EZB-Chef Mario Draghi in einem Interview einen konkreten Rat für Geldanleger.

Von Gottfried Urban, Vorstand der Bayerische Vermögen AG

Wer keine Zinsen mit der Geldanlage erwirtschafte, sei ein bisschen selbst Schuld. Die Sparer müssten ihr Geld nicht nur auf dem Sparbuch anlegen, sondern hätten auch andere Möglichkeiten.

Das gibt Raum für Spekulationen. Was hat sich der einflussreichste Notenbanker Europas dabei gedacht? Könnte es sein, dass Draghi in ein paar Jahren genau auf diese Aussage zurückgreifen wird? Die EZB will die Inflation Richtung zwei Prozent treiben. Dazu passt auch seine Aussage, dass man erst in einigen Jahren den höchsten negativen Realzins für den Sparer erwarte.

Großanleger und Banken müssen schon Negativzinsen akzeptieren. Ein Zins unter Null wird immer mehr zur neuen Normalität. Draghi baut also vor. Er weiß, dass Geldanleger der Notenbankpolitik die Hauptschuld für die schleichende Enteignung des Sparers geben.

Teure Immobilien, preiswerte Aktien

Zwischen den Zeilen liest sich die Botschaft eindeutig. Draghi und andere Experten erwarten, dass das billige Geld die Vermögenspreise für Aktien weiter nach oben treiben wird. Der Notenbanker hätte diese Aussage nicht getroffen, wenn er der Meinung gewesen wäre, dass Aktien zu teuer seien. Hingegen warnten kürzlich Vertreter der Notenbanken vor einer Preisblase bei Immobilien, die durch das billige Geld ausgelöst werden könnte.

An den Aktienmärkten sieht die Lage ganz anders aus: Solange die Zinsen stabil und lange bei Null oder darunter bleiben, sind Aktien extrem preiswert. Das beweist ein Blick auf die Gewinne der Unternehmen, die in den letzten Jahren konstant bei etwa sechs bis acht Prozent im Verhältnis zum Börsenkurs lagen. Und die Dividenden sind im Verhältnis zum Börsenkurs nicht gesunken. Die Anleihenrendite aber ist von etwa fünf Prozent auf den Nullpunkt gesunken.

Unternehmen kaufen eigene Aktien zurück

Draghi weiß genau, dass die Unternehmen der Schlüssel für Wachstum und Beschäftigung in Euroland sind. Deshalb kauft die EZB nun auch Industrieanleihen auf. Dadurch fallen die Zinskosten für Unternehmen nochmal deutlich. Das soll die Kreditvergabe ankurbeln.

Für Unternehmen bedeutet das die beste aller Welten. Investments finanziert man nicht mehr mit der Ausgabe neuer Aktien, man begibt Anleihen zu Zinsen, die nur noch einen Bruchteil der Dividendenzahlung ausmacht. Mit dem billigen Geld kauft man eigene Aktien zurück oder die Konkurrenz auf und verdient allein über die Dividende sofort mehr als die Finanzierungskosten ausmachen. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der umlaufenden Aktien tendenziell gesunken. Die EZB sähe natürlich lieber, wenn die Unternehmen stattdessen mehr in neue Produktionsstätten, in Forschung und Entwicklung investieren würden, um ihre Zukunft zu sichern bzw. neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Aktienkäufe der EZB nicht ausgeschlossen

Wenn die EZB nun nicht mehr nur staatliche Schulden in der Bilanz hält sondern - über Industrieanleihen - auch Kredite der Privatwirtschaft, dann ist der Schritt zu Investments in Aktien von guten Unternehmen nicht mehr weit. Schon die Ankündigung, dass dies im Bereich des Möglichen läge, dürfte ein Kursfeuerwerk an der Börse auslösen.

Ich warne davor, Draghis Empfehlungen nicht ernst zu nehmen. Es nützt nichts, sich über die Folgen dieser gigantischen weltweiten Gelddruckmaschine im Klaren zu sein. Man muss die eigene Überzeugung zum ertragreichen Investment machen.

Sehr geehrter Privatanleger, Sie haben einen Vorteil, den Versicherer, Pensionskassen und Banken nicht haben. Sie sind nicht gezwungen, in Staatsanleihen oder andere zinslose Papiere zu investieren. Sie brauchen keinen Stresstest zu bestehen und können die Aktienquote nach oben fahren. Auch wenn die Schwankungen bleiben, hören Sie auf Mario Draghi! Er wird den Sparern in einigen Jahren sagen, dass er ja empfohlen habe, in andere Anlageformen zu gehen.

Ein Teil des Vermögens gehört in gute Unternehmen. Ein freundliches Börsenklima ist ein Teil der inoffiziellen Notenbankpolitik. Der ehemalige Notenbankchef der USA soll in der Finanzkrise einmal gesagt haben, dass er für die amerikanischen Börsenanleger ein Wohlgefühl erzeugen und für steigende Kurse sorgen will. Wer Draghis Empfehlung nicht folgen will, der darf sich nicht über fehlende Zinsen beschweren.

Immer mehr Privatanleger in Deutschland vertrauen bei ihrer Geldanlage auf bankenunabhängige Vermögensverwalter. Frei von Produkt- und Verkaufsinteressen können sie ihre Mandanten bestmöglich beraten. Mehr Informationen finden Sie unter www.vermoegensprofis.de.

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